Nachtkrieger
das, die den gesamten Haushalt auf den Kopf stellen?«, fragte Ivo, nachdem Tom gegangen war.
Alaida überging seine Frage und sagte stattdessen lächelnd an den Haushofmeister gerichtet: »Geoffrey, ich glaube, es wird Zeit für das Abendessen.«
Nachdem Geoffrey und die anderen sich entfernt hatten, sah Ivo, dass ein Stapel Kleidung auf dem Bett lag. Daneben stand Alaidas Schmuckkästchen. Das kam ihm bekannt vor. »Also doch das Kloster?«
Entweder hatte sie seine humorvolle Andeutung nicht verstanden, oder sie war nicht zum Scherzen aufgelegt. »Chatton und Houton. Es wird Zeit, dass ich meine Ländereien offiziell in Besitz nehme.«
»Und dass du mich in deine Reisepläne einweihst«, sagte Ivo.
»Ich hatte nicht die Absicht, sie Euch zu verschweigen, My Lord. Aber mir kam erst heute der Gedanke, dass ich bald reisen sollte, denn am Fastnachtsdienstag möchte ich wieder zurück sein. Ich wollte Euch beim Abendessen davon erzählen.«
Erzählen wohlgemerkt, nicht um Erlaubnis bitten,
vermerkte Ivo im Geiste und sagte: »Keine sehr angenehme Jahreszeit für eine Reise.«
»Das Wetter scheint noch eine Weile recht gut zu bleiben, und es ist ja nur knapp ein Tagesritt sogar nach Chatton«, entgegnete Alaida und faltete erneut ein Paar Hosen, obwohl es gar nicht nötig war. Dann fügte sie hinzu: »Außerdem handle ich in Eurem Sinne, My Lord.«
»Tatsächlich!«
»Bei all den zusätzlichen Ausgaben für die Burg ist es umso wichtiger, dass die Schatullen von Alnwick gut gefüllt sind. In meiner Eigenschaft als Eure Gemahlin und Vasallin möchte ich mit gutem Beispiel vorangehen und dafür sorgen, dass meine Besitzungen einen guten Ertrag abwerfen.«
»Und deine eigene Schatulle füllen, wie ich doch hoffen will. Das war schließlich der Sinn dieser Gabe.«
»Möglicherweise auch das. Ich werde morgen früh abreisen. Vermutlich habt Ihr keine Einwände.«
Selbstverständlich hatte Ivo Einwände – und zwar mehr als einen. Doch Alaida sah ihn so gelassen und erwartungsvoll an, dass er nicht wusste, was er sagen sollte. Als er ihr die Ländereien übergab, hatte er noch damit gerechnet, dass sein Geheimnis bald entdeckt würde und dass er längst fort wäre, wenn sie ihren Besitz inspizierte. Falls das nicht der Fall sein sollte – so hatte er gehofft –, wären sie sich als Mann und Frau bereits nähergekommen. Der Gedanke, sie allein reisen zu lassen, wo sie doch des Abends kaum ein Wort miteinander wechselten, bereitete ihm Sorge. Dennoch konnte er ihr nicht widersprechen. Als seine Vasallin war Alaida verpflichtet, sich um ihre Besitzungen zu kümmern. Wenn es denn also sein musste, dann war nun der geeignete Zeitpunkt – bevor die Saat ausgebracht wurde. So bekam sie die Gelegenheit einzugreifen, wo immer es ihr angebracht schien.
»Keine Einwände«, log er und setzte ein Lächeln auf. »Wer wird dich begleiten?«
»Bôte und Hadwisa. Oswald hat ein paar zuverlässige Wachen abgestellt und einen Mann, der das Fuhrwerk lenken wird. Außerdem dachte ich, ich sollte vielleicht jemanden mitnehmen, der sich mit so etwas auskennt. Wenn Ihr nichts dagegen habt, könnte Sir Ari …«
»Nein!«
»Aber der Bau der Motte geht gut voran. Ich werde höchstens zwei Wochen lang fort sein, möglicherweise sogar weniger. Wenn er mich begleiten würde …«
»Auf keinen Fall.« Ivo wandte sich ab und starrte ins Feuer, damit Alaida ihm seine Eifersucht nicht ansah. »Er muss seinen Verpflichtungen nachkommen. Du kannst Geoffrey mitnehmen.«
»Geoffrey hat ebenfalls Verpflichtungen, My Lord, vielleicht sogar dringendere als Sir Ari. Der Boden muss gedüngt werden, und …«
»Er kann entsprechende Anweisungen hinterlassen«, sagte Ivo unwirsch, obwohl er wusste, dass Geoffrey in den kommenden Wochen tatsächlich am dringendsten gebraucht wurde. Aber selbst wenn er gewollt hätte – was natürlich nicht der Fall war –, hätte er nicht auf Ari verzichten können. Es war bereits schlimm genug, dass Ari den ganzen Tag bei ihr war – jeden Tag. »Ari wird Geoffreys Pflichten übernehmen. Wie du selbst gesagt hast, ist es ja nur für zwei Wochen.«
Ivo machte sich auf weiteren Widerspruch gefasst, doch er musste erstaunt zur Kenntnis nehmen, dass Alaida ergeben den Kopf senkte. »Wie Ihr wollt, My Lord«, sagte sie. »Geoffrey wird mir ebenfalls eine Hilfe sein. Darüber hinaus kennt er die Ländereien und die Bauern bereits. Ich hatte nur gedacht, Sir Ari sei leichter zu entbehren.«
Doch die
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