Nachtkuss - Howard, L: Nachtkuss - Burn
unterschreiben, wie Sie es schon hundertmal getan haben, und danach fahren wir im Aufzug nach oben. Ich behalte Sie genau im Auge. Ich werde es mitbekommen, wenn Sie irgendwelche Tricks versuchen, wenn Sie eine Nachricht hinkritzeln oder die Augen verdrehen … ich werde einfach alles mitbekommen. Sobald Sie sich nicht völlig normal verhalten, wird Ms Redwine dafür bezahlen.«
Mit dieser Drohung erstickte sie Sydneys unausgereifte Pläne, einfach loszulaufen und zu fliehen. Jenners Leben hing davon ab, was sie tat oder nicht tat. O Gott, dabei hatte sie noch nie besonders gut schauspielern können. Und wenn sie es nicht schaffte, im Hotel einzuchecken, ohne dass man ihr ansah, dass ihr diese Verrückte eine Waffe in die Flanke drückte? Sie war keine Schauspielerin, sie war nicht tapfer, und sie war schon gar nicht unerschrocken. Und wenn sie alles verpatzte?
Das durfte sie nicht. Sie durfte Jenner nicht im Stich lassen. Sie musste alles richtig machen.
Die Limousine bog ab und hielt unter einer breiten, gewölbten Markise, unter der die Hotelgäste aus ihren Taxis stiegen oder ihre Wagen dem Parkservice übergaben. Ein stämmiger Portier in burgunderroter Uniform trat an den Schlag und öffnete die Beifahrertür. Die Frau glitt aus dem Wagen und blieb so dicht neben der offenen Tür stehen, dass der Portier die Tür nicht wieder schließen konnte, bis Adam ebenfalls ausgestiegen war und schweigend Sydneys Tür aufgezogen hatte. Sie schwang die Beine aus dem Wagen und erhob sich, ohne ihn anzusehen. Nachdem die Frau eine Waffe trug, sprach einiges dafür, dass er
ebenfalls bewaffnet war. Sonst wäre die Frau nicht ausgestiegen und hätte Sydney im Wagen gelassen.
Adam stand nur eine Handbreit zu nah bei ihr; nicht so nahe, dass man es sah, aber doch so nah, dass sie sich keine Hoffnungen zu machen brauchte, an ihm vorbeizukommen und losrennen zu können. Wäre Jenner nicht gewesen, hätte sie vielleicht einen verzweifelten Fluchtversuch unternommen, aber mit ihren Drohungen hatten sie die beiden so wirkungsvoll gefesselt, als hätten sie ihr Hand- und Fußschellen angelegt.
Die Frau kam lächelnd um den Kofferraum herum und hakte sich ein. »Übernehmen Sie bitte das Trinkgeld, Adam«, sagte sie freundlich und führte Sydney ins Hotel.
Sydney blieb nichts anderes übrig, als tief durchzuatmen, ihre zittrigen Knie durchzudrücken und genau das zu tun, was die Frau von ihr verlangte. Ihr Herz pochte so fest und schnell, dass sie in Ohnmacht zu fallen fürchtete und ihre Stimme hoch und quiekend klang, aber sie schob ihre American Express Card über den Tresen, unterschrieb, nahm die Keycards zum Öffnen der Zimmertür - alle drei - entgegen und drückte sie der Frau auf ein leises Flüstern hin in die Hand. Als der Portier fragte, ob sie Gepäck dabei habe, antwortete die Frau lächelnd: »Das bringt unser Fahrer aufs Zimmer«, und damit war auch das geklärt.
Sie gingen nach hinten zu den Aufzügen, wo die Frau auf »Aufwärts« drückte und sich dann scheinbar gelassen umsah, um alles und jeden um sie herum mit raschen Blicken zu erfassen. Der Aufzug kam, die Türen glitten mit einem dezenten Läuten auf, und sie traten zusammen mit einigen anderen Gästen in die Kabine. Die Frau drückte den Knopf fürs oberste Stockwerk - das fünfundzwanzigste -, und sie schossen nach oben. Im vierzehnten
Stock stieg eine ältere Dame aus. Im siebzehnten ein junger Mann. Als sich die Türen hinter ihm geschlossen hatten, platzte es aus Sydney heraus: »Woher weiß ich, dass Jenner nichts passiert ist?«
Die Frau drückte Sydneys Arm und sah kurz zu der Kamera in der Ecke der Aufzugkabine hoch. Frustriert drehte sich Sydney um und stellte sich mit dem Rücken zur Kamera. »Im Fernsehen zeichnen die Überwachungskameras nie den Ton auf.«
Die Frau lächelte, falls man ihr humorloses Lippenverziehen als Lächeln bezeichnen konnte, und flüsterte: »Wir sind aber nicht im Fernsehen.«
Im dreiundzwanzigsten Stock stieg eine weitere Frau ein.
Sie kamen im fünfundzwanzigsten Stock an, stiegen aus dem Lift, und die zweite Frau gesellte sich zu ihnen. Sydney warf einen verängstigten Blick auf ihr Gesicht und stieß auf eine Kälte, die ihr Schauer über den Rücken jagte. Sie gehörte zu ihnen - wer »sie« auch sein mochten.
Schweigend folgte sie der ersten Frau, während ihr die andere Frau den Rückweg abschnitt. Sie bogen nach rechts und marschierten dann einen langen Gang entlang bis zu einer Doppeltür am anderen
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