Nachtkuss - Howard, L: Nachtkuss - Burn
vielleicht auch etwas zu essen. Sie hatte am Vorabend kaum einen Bissen hinuntergebracht, und ihre normale Frühstückszeit lag mehrere Zeitzonen zurück. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass sie um diese Zeit gewöhnlich schon zu Mittag gegessen hatte.
»Es ist vielleicht noch Zeit für eine Tasse«, sagte er und stand auf. Er warf einen Blick auf seine Überwachungsapparate, offensichtlich um sich zu überzeugen, dass sie
funktionierten, und begleitete sie dann in den Wohnbereich. Die kleine Essecke war rechts in einer Nische neben der Tür eingelassen. Auf dem runden Tisch stand ein Tablett mit einer Kaffeekanne, einer zweiten Tasse sowie einem Sortiment an Süßstoffen und Milchtöpfchen. »Setzen Sie sich«, sagte er.
Gehorsam nahm sie Platz. Sie sah nichts Essbares, aber im Moment hatte der Kaffee höchste Priorität. Sie stellte die saubere Tasse vor sich hin, schenkte sie voll und nahm dankbar den ersten Schluck.
Sie hatte exakt den vierten Schluck genommen, als jemand anklopfte. Eine halbe Sekunde später öffnete Bridget die Tür von außen, trat in die Suite und meldete ihre Ankunft, während sie die Tür wieder schloss. »Seenotrettungsübung in fünf Minuten«, ergänzte sie.
Darum hatte er ihr also nur vierzig Minuten gegeben. Allerdings hätte er kein Geheimnis daraus zu machen brauchen. Jenner sah ihn böse an und stand auf. »Nicht mal eine halbe Tasse. Hätten Sie mir das mit der Übung nicht gleich sagen können?«, fuhr sie ihn an.
»Sie hätten mir doch sowieso nicht geglaubt. Und jetzt benehmen Sie sich.« Er fixierte sie mit einem Blick, der deutlich machte, dass es ihm ernst war.
»Tun Sie nicht so bärbeißig«, gab sie zurück und stand auf.
Bridget bekam eine unerwartete Hustenattacke, die verdächtig nach einem Lachen klang.
Sein Blick wurde noch bohrender. »Ich will nichts hören, was irgendwie mit ›beißen‹ zu tun hat«, riet er ihr und nahm ihren Arm.
Bridget verschwand im Schlafraum und kehrte mit zwei orangefarbenen Rettungswesten zurück, die im Schrank verstaut waren. Sie sagte: »Sobald der Alarm losgeht, ziehen
Sie die Weste über und melden sich bei Musterstation drei. Die Wegbeschreibung hängt innen an der Tür.«
Jenner hatte noch längst nicht genug Kaffee getrunken, und sie war am Verhungern. Sie hätte viel lieber den Zimmerservice angerufen und sich ein Frühstück bestellt, als in einer Rettungsweste durch das Schiff zu rennen. Orange stand ihr sowieso nicht. »Können wir nicht einfach schwänzen?«
»Nein«, beschied ihr Bridget. »Die Seenotrettungsübung ist kein Spaß. Sie muss innerhalb der ersten vierundzwanzig Stunden nach dem Ablegen abgehalten werden. Alle Passagiere werden einzeln aufgerufen, und wer fehlt, wird gesucht und bekommt die Anweisung, sich auf der Musterstation zu melden.«
»Und wir wollen doch keine unnötige Aufmerksamkeit auf diese Suite lenken, oder?«, fragte Cael mit der unerträglichen Herablassung eines Erwachsenen, der ein trotziges Kind belehrt.
»Und was ist, wenn inzwischen jemand zum Putzen hereinkommt und Ihre Spielsachen findet?«, provozierte sie ihn.
»Das wird nicht passieren«, antwortete Bridget. »Für diese Suite bin ich verantwortlich. Tun Sie einfach, was man von Ihnen verlangt, und überlassen Sie meinen Job mir.« Cael fing ihren Blick auf, sie nickte knapp und verschwand.
»Was war das?«, fragte Jenner.
»Das brauchen Sie nicht zu wissen.«
»Muss ich wissen, was eine Musterstation ist? Hört sich an wie ein Nähstudio.«
»Das ist einfach der Treffpunkt, an dem sich die Passagiere in einem Notfall einfinden müssen.« Dann seufzte er. »Kommen Sie bloß nicht auf dumme Gedanken, wenn
die Übung losgeht … okay? Meine Anweisungen bleiben gültig, und zwar bis wir wieder in San Diego anlegen. Was ich sage, wird gemacht, und zwar sobald ich es sage.« Er sah sie eindringlich an, und plötzlich hatte sein Blick etwas Bittendes. »Und denken Sie daran, dass wir eine Nacht miteinander verbracht haben. Vergessen Sie nicht, wir zwei sind jetzt offiziell ein Liebespaar und sollten uns entsprechend benehmen. Du wirst mich ab sofort mit Cael ansprechen, und ich nenne dich Jenner.«
»Wie romantisch«, ätzte sie.
Der Alarm durchschnitt diesen Wortwechsel, und gleich darauf war eine ruhige Stimme aus der Bordsprechanlage zu hören. Cael nahm die Rettungswesten, die Bridget über einen Stuhl gehängt hatte, und warf Jenner eine zu. Dann studierte er kurz die Karte an der Tür zum Kabinengang, wo der Weg
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