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Nachtleben

Nachtleben

Titel: Nachtleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Finger wickelte und dass er sofort darauf ansprang. Schließlich ließ ich die beiden alleine, setzte mich zu Flavio auf die Bank und drückte ihm ein Bier in die eine und einen Pappteller mit Steak und Sauce in die andere Hand. Den Teller auf den Oberschenkeln balancierend, schnitt er das Fleisch an.
    »Wenn die mit dem Nigger nach Hause geht, hat der Typ echt ’n Problem«, sagte er kauend.
    »Du bist besoffen.«
    »Hat ja damit nix zu tun. Das ist meine Alte.«
    »Du kennst die erst seit zwei Wochen«, sagte ich. «Außerdem scheint sie gerade keinen Bock auf dich zu haben.«
    Flavio sah mich verständnislos an. Von der Bühne aus forderten die Sänger das Publikum zum Mitsingen und -klatschen auf.
    »Lass ihn doch«, sagte ich und wühlte mit dem Absatz meiner Stiefel im Kies. »Pete hat bestimmt seit Ewigkeiten keine Frau mehr außerhalb des beschissenen Wohnheims kennengelernt.«
    »Pffff! Ist das mein Problem?«, fragte Flavio und schob sich einen weiteren Bissen Fleisch in den Mund.
    »Du willst die doch sowieso nur flachlegen. Da können wir auch nachher noch in irgendeine Disco gehen; oder du gehst wieder zu dieser einen aus dem Fenster. Die kleine dicke Rothaarige, die du so geil fandest?«
    »Wenn der Bimbo dafür blecht, können wir das gerne machen.«
    »Iss mal einfach dein Steak, ja?«, sagte ich mit einer beschwichtigenden Handbewegung.
    Flavio schmiss den Teller samt Fleisch und Besteck in die |51| Hecke hinter der Bank. »Ey, Rick«, sagte er. »Mir geht das echt auf den Sack, dass du immer alles okay findest, wie es eben ist, und dass du dein Maul immer nur aufkriegst, wenn du was gesoffen oder Speed gezogen hast. Sonst immer verständnisvoll und leise; und dann auf einmal Sprüche klopfen, locker sein und große Fresse haben. Das nervt total. Ich bin hier mit der Alten verabredet; und jetzt knutscht die gleich mit Kunta-Kinte. Mir doch egal, ob ich breit bin.«
    »Es wird gerade peinlich, Flavio.«
    Einige Gäste hatten trotz des Singens und Klatschens bemerkt, dass Flavio laut geworden war, und schauten zu uns herüber, doch weder Pete noch der alte Schmidt hatten etwas mitbekommen.
    »Nee, ist nicht peinlich«, bollerte Flavio. »Knutsch doch am besten gleich selbst mit deinem Niggerfreund.«
    Damit stand er auf und drängelte sich durch die Menge zum Ausgang. Der Hinterhof glich inzwischen einem Volksfest, es war ein einziges Gewusel aus tanzenden und trinkenden Menschen. In Fenstern und auf einigen Balkonen der umliegenden Häuser lehnten Menschen und hörten der Musik zu. Nina und Pete standen am Grill und wedelten mit den Armen. Vielleicht zwei Meter hinter ihnen blieb Flavio stehen und musterte sie, ohne von den beiden bemerkt zu werden. Um gegebenenfalls dazwischengehen zu können, erhob ich mich. Schmidt lehnte mit dem Unterarm an der Zapfanlage und sah zu Nina hinüber, als betrachte er seine zukünftige Schwiegertochter. Dann bemerkte er Flavio, der mit hängenden Armen, aber geballten Fäusten abseits der anderen Gäste stand, löste sich von der Theke und wischte sich die Hände an der Schürze ab. Er schaute sich um. Dabei entdeckte er mich und warf mir einen fragenden Blick zu, aber ich zuckte mit den Schultern. Die Hände in die Hüfte stemmend, wackelte Schmidt von einem Bein aufs andere. Auf einem Balkon im zweiten Stock hatten sich einige Leute mit Töpfen und Kochlöffeln versammelt und trommelten blechern den Rhythmus |52| mit, der von der Bühne dröhnte. Der Chorgesang wurde lauter, und das Publikum grölte mehr, als es sang. Flavio torkelte einen Schritt nach vorne. Schmidt und ich waren drauf und dran loszusprinten, da hielt Flavio inne, geriet ins Wanken, lehnte seinen Oberkörper weit zurück und spuckte dann im Vorschnellen in Petes Richtung.
    Besoffen, wie er war, verfehlte die Rotze ihr Ziel, und weder Pete noch Nina bekamen es mit. Schmidt schüttelte den Kopf, und Flavio wischte sich mit dem Ärmel über den Mund, bevor er vom Hof verschwand.
     
    Am nächsten Tag wusste er von nichts mehr.
    »Echt?«, stammelte er ins Telefon, als ich ihn am frühen Abend anrief. »Scheiße. Das ist«, schnaufte er, »das ist echt mal scheiße, Alter.«
    In der folgenden Zeit ließ er sich nicht mehr beim alten Schmidt blicken, obwohl er wusste, dass wir Pete nichts von der Sache erzählt hatten. Wenn Pete fragte, wo Flavio war, stammelte ich etwas von einer Rückenverletzung und humpelte einmal blöd im Kreis, um zu demonstrieren, wie schlecht es ihm ging.
    Erst als feststand,

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