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Nachtleben

Nachtleben

Titel: Nachtleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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besoffen«, sabbelte er vor sich hin. »Und du immer mit diesem Gerede, dass Studierte hemmungsloser im Bett sind als Friseusen oder so.«
    »Flavio!«
    »Dafür sind se aber auch erst mal schwieriger reinzukriegen. Da weiß ich echt nicht, ob sich das rechnet.«
    »Meike?«, sagte Anna, die mit Handy am Ohr zurück ins Schlafzimmer tapste und sich im Vorbeigehen grinsend an mir rieb. »Ja. Ja, warte mal, Meike. Kannst du mir sagen, wo du gestern diesen«, sie machte eine Pause und schaute zu mir herüber, während sie ins Bett stieg, »wo du gestern diesen Maurizio das letzte Mal gesehen hast?«
    »Bist du noch dran?«, fragte Flavio.
    »Wir klären hier gerade mit Meike, wo sie dich das letzte Mal gesehen hat.«
    »Gib mir die mal.«
    »Die ist am anderen Telefon.«
    »Mir egal.«
    Mir fiel auf, dass ich noch immer nackt im Flur stand, obwohl |211| es ein Funktelefon war, und ich ging zurück ins Schlafzimmer.
    »Im Ibiza seid ihr gewesen?«, fragte Anna ihre Freundin, als ich mich gerade neben sie setzte.
    »Ja! Genau!«, sagte Flavio. »Das Ibiza. Rick, in den Laden müssen wir mal zusammen gehen. Das ist unglaublich. Das ist so ein richtiger Mallorca-Bierzeltscheiß mit Auf-den-Tischen-Tanzen und Sich-für-nichts-zu-schade-Sein. Noch viel, viel schlimmer als das White Palms. Ganz großartig, Alter!«
    »Bist du da noch in der Nähe?«, fragte ich.
    »Ich glaube.« Er machte wieder eine Pause. »Aber ich habe keinen blassen Schimmer, was ich die ganze Zeit hier gemacht habe. So wie meine Hose aussieht, könnte ich hier irgendwo gepennt haben. Ja, stimmt. Klar. Rick, ich habe ’ne Idee: Jetzt, wo ich weiß, wo ich bin, rufe ich mir ein Taxi, komme zu dir, und du zahlst das erst mal, ja?«
    »Ich habe keine Kohle im Haus. Taxi ist sowieso sauteuer von da hinten.«
    »Mein Auto steht hier gleich um die Ecke«, sagte Anna, die sich inzwischen von ihrer Freundin verabschiedet hatte. Ich sah sie irritiert an.
    »Warte mal, Flavio«, sagte ich und drückte das Telefon in die Kissen.
    »Was heißt das?«, fragte ich.
    »Na, wir können ihn da ja mal eben abholen.«
    »Würdest du das machen?«
    Anna nickte.
    »Sicher?«
    »Ich habe heute sowieso nichts vor.«
    Weil ich noch immer nicht überzeugt war, dass es ihr ernst damit war, sah ich sie ein wenig länger als notwendig an.
    »Sicher«, wiederholte sie.
    Ich nahm wieder den Hörer ans Ohr. »Flavio? Wir holen dich ab. Anna hat ein Auto.«
    |212| »Das macht die?«, fragte er ungläubig und so laut, dass sie ihn hören konnte.
    »Ja, Maurizio«, sagte sie überbetont freundlich in Richtung Sprechmuschel.
    »Bleib da mal vor dem Supermarkt, ja?«, sagte ich.
    »Nee, ich gehe zur Hüpfburg. Die ist in Sichtweite.«
    »Wir fahren gleich los.«
    »Ey, ich glaube, da ist auch ein Clown«, sagte Flavio und legte auf. Kopfschüttelnd warf ich das Telefon ans Fußende des Bettes, beugte mich im Schneidersitz vor, bis ich mit dem Oberkörper über meinen Waden auf der Matratze auflag, und streckte meine Arme. Mein Nacken knackte. Dann spürte ich Annas Hand auf meinem Rücken.
    »Warum steht das da?«, fragte sie. Dabei fuhr sie mit ihren Fingern über die Tätowierung auf meinen Schulterblättern.
    »Nur so.«
    »Das ist aus einem Lied, oder?«, fragte sie und las vor: »No Direction Home.«
    »Kann sein.«
    Ich setzte mich auf und sah sie einen Moment lang ausdruckslos an. Sie wusste mit meinem Blick nichts anzufangen. Schließlich legte sie erst ihre Stirn in Falten und dann den Kopf schräg. Als ich nicht reagierte, zog sie fragend ihre Augenbrauen zusammen und beugte sich ein Stück vor, sah mich von unten herauf an, aber ich verzog noch immer keine Miene. Anna lachte.
    »Was?«, fragte sie, aber ich zuckte mit den Schultern. »Was denn?«, wiederholte sie lauter.
    »Nichts«, sagte ich schmunzelnd, während ich an einem Hautfetzen an meinem kleinen Finger herumknibbelte.
    »Sag doch mal.«
    »Keine Ahnung.«
    »Keine Ahnung gilt nicht«, sagte sie und kniff mir in die Brustwarze. Ich musste grinsen.
    |213| »Sicher, dass du fahren willst?«, fragte ich.
    »Sicher, dass du willst, dass er da wegkommt?«, fragte sie zurück, aber ich zuckte wieder mit den Schultern.
    Bevor ich aus dem Bett stieg, um mich anzuziehen, beoachtete ich mich dabei, wie ich ihr einen Kuss auf die Schläfe gab.
     
    Eine Dreiviertelstunde später kurvten wir ungeduscht und verkatert durch das Industriegebiet, fanden erst das Ibiza, entdeckten den Supermarkt, und schließlich sahen wir die

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