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Nachtleben

Nachtleben

Titel: Nachtleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Hüpfburg, die bei einem Autohaus aufgebaut worden war, das anscheinend einen Tag der offenen Tür veranstaltete. Wir parkten ein Stück entfernt, aber ich roch schon beim Aussteigen Bratwurst und Pommes. Es war angenehm warm, und aus den Lautsprechern neben einer Bühne düdelte Popmusik. Kinder schrien, und Männer in Anzügen und Frauen in Sonntagskostümchen begutachteten die noblen Karossen.
    Unter einer Girlande aus Plastikefeu fanden wir Flavio an einem Klapptisch, an dem außer ihm nur vier Kinder saßen und Pommes futterten. Als er uns bemerkte, prostete er uns mit einem Bier in der Hand zu. »Schickes Paar«, sagte er.
    Noch bevor ich fragen konnte, wovon er das Bier bezahlt hatte, sagte Anna: »Wir suchen ein neues Auto. So ’ne richtige Familienkutsche mit genug Platz für unsere drei Kinder und den Hund. Können Sie uns da was empfehlen?«
    Um seine Sprachlosigkeit herunterzuspülen, nahm Flavio einen Schluck.
    »Irgendwas in Höschenrosa am besten«, setzte Anna nach und zwinkerte ihm zu. »Damit kennen Sie sich doch bestimmt aus, oder?«
    Flavio fasste sich und deutete mit dem Bier zur Glasfassade des Ausstellungsraumes, vor dem einige Wagen aufgereiht waren.
    »Kommse, Gnädigste«, sagte er, stand auf, hakte Anna unter, und die beiden setzten sich in Bewegung. Inzwischen machte sich mein Kater immer stärker bemerkbar, und ich |214| wollte einfach nur nach Hause und irgendetwas essen. Als ich den beiden nicht folgte, rief Anna: »Kommst du, Purzelbärchen?«
    Flavio grinste übers ganze Gesicht. In dem Moment sprang einer der Jungs vom Tisch auf und lief zu einem der Getränkestände. Eine Frau, wahrscheinlich seine Mutter, kniete sich zu ihm hinunter, nahm ihn bei der Hand und wischte ihm Mayonnaise aus dem Mundwinkel, worauf er das Gesicht verzog und versuchte, sich herauszuwinden. Aber sie packte ihn am Hintern, zog ihn zärtlich zu sich heran und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. Er lachte. Dann verpasste sie ihm einen Klaps auf den Hintern, worauf der Junge seine Arme um ihren Hals schlang und sie auf den Mund knutschte.
    Während die beiden knuddelten, schnappte ich mir die Pommes des Jungen und folgte Flavio und Anna, die vor einem anthrazitfarbenen Kombi der Luxusklasse standen und noch immer in ihren Rollen waren.
    »Das ist genau das Richtige für Sie, gute Frau«, sagte Flavio und öffnete die Fahrertür. »Vorne exklusive Ausstattung und hinten«, er warf einen Blick auf den Wisch mit den Details zum Auto, der von innen an der Scheibe pappte, »und hinten bis zu tausendsechshundert Liter Stauraum. Das wären umgerechnet in Bier so um die dreihundert Wochenenden, die Sie immer dabeihaben könnten«, erklärte er strahlend.
    Ich schob mir Pommes in den Mund.
    »Ist das wasserabweisend?«, fragte Anna, die sich inzwischen auf den Fahrersitz gesetzt hatte, und rieb mit ihrer Hand über die Polster. »Sie wissen doch: die Kinder.«
    Flavio nickte. »Das ist Rindsleder, meine Gute.«
    »Also, tote Tiere kann ich ja nun gar nicht in meinem Auto gebrauchen.«
    Die Pommes waren weich und versalzen und die Mayonnaise viel zu fettig.
    »Gib mal das Bier«, sagte ich zu Flavio.
    Ein Mitarbeiter des Autohauses näherte sich uns. Braungebrannt |215| und akkurat frisiert, blieb er mit einem professionellen Lächeln in der Fresse vor uns stehen und musterte uns. Optisch passten wir nicht zu den übrigen Besuchern, aber der Verkäufer war sich wohl nicht sicher, ob wir nicht vielleicht irgendwelche Medienfutzis oder neureiche Künstlerfreaks mit der entsprechenden Kohle in der Hinterhand waren.
    »Mein Name ist Bischoff«, sagte er und streckte mir seine Hand entgegen.
    »Schmidt«, sagte ich, warf die restlichen Pommes in einen Mülleimer und schüttelte seine Hand. »Das ist meine Verlobte, und das ist ihr Cousin aus Neapel, der uns begleiten wollte, weil er gerade zu Besuch ist und auch selbst überlegt, sich einen größeren Wagen zuzulegen.«
    Wie auf Stichwort begann Flavio lachend und mit großen Gesten, irgendetwas auf Italienisch zu faseln, aber der Verkäufer sah ihn nur hilflos an.
    »Pupshase, machen wir eine Probefahrt?«, fragte Anna.
    »Joah«, hörte ich mich antworten. Für einen kurzen Moment gefror das Lächeln auf den Lippen des Verkäufers, doch er reagierte mit geschulter Souveränität.
    »Sehr gerne«, sagte er, aber es klang wie
Bitte nicht.
    Flavio nahm mir das Bier aus der Hand, und der Verkäufer sah ihm und dem Becher ängstlich hinterher, als sie auf dem Rücksitz

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