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Nachtmahl im Paradies

Nachtmahl im Paradies

Titel: Nachtmahl im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bennett Ben
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…« Jacques fing an zu stammeln. Es war entwürdigend.
    Aber nun war Catherine an der Reihe. Immerhin hatte er sie nicht besser behandelt heute Mittag. Zumindest lächelte sie – wenn auch deutlich kühler als der liebliche Rosé, den er ihr auf der Fahrt für ihre Sprachkenntnisse eingeschenkt hatte. »Gut, Sie haben recht. Ich brauche Hilfe. Allein werde ich das Restaurant wohl nicht halten können.«
    Nachdenklich musterte sie ihn, während ihre schlanken Finger in der Pommestüte auf dem Plastiktablett vor ihr verschwanden.
    »Aber, um ganz ehrlich zu sein, Catherine …« Zum ersten Mal sprach er ihren Namen aus. Allerdings nicht auf Englisch, sondern auf Französisch: Catrin. Auch hier gab es Catherines, nicht nur die berühmte Deneuve. Trotzdem überraschte er sich selbst damit. Er hatte keine Nähe zulassen wollen, er hatte nur freundlich sein wollen – Gustave zuliebe –, und nun war er kurz davor, ihr sein Herz auszuschütten. Er musste aufpassen. »Eigentlich möchte ich keinen Partner im Geschäft. Sie müssen wissen, das Paris war immer eine Art …«
    »Familienbetrieb?«
    » Oui , das ist richtig. Ein Familienbetrieb. Die Wahrheit ist: Meine Frau ist gestorben, und mit ihr habe ich auch jegliche Ambitionen als Koch begraben. Das jedenfalls sagen die Kritiker – und die meisten der Stammkunden, die wir hatten. Allerdings brauchen sie keine Worte dafür wie die Kritiker. Sie bleiben einfach weg, ohne ein Wort.«
    Jacques hatte keine Ahnung, warum er ihr das alles erzählte.
    »Ich weiß nicht, ob ich überhaupt noch kochen kann.«
    »Sie können es«, unternahm Catherine einen zum Scheitern verurteilten Versuch, ihn zu beruhigen – ohne die Tragik der Lage, in der er sich befand, auch nur annähernd ermessen zu können. »Da ich bin mir so sicher wie Kloßbrühe. So sagt man hier doch, oder?«
    Jacques schüttelte den Kopf.
    »Woher wollen Sie das wissen?«, fragte er sie.
    »Ich kann es sehen an Ihre Augen«, erwiderte sie prompt. Als wäre die Diagnose offensichtlich und bedürfe keiner weiteren Überlegung. »Sie sind ein wenig … schmutzig … aber in die Mitte ist eine kleine Punkt, die glänzt …«
    Jetzt redete sie schon wie Elli. Wisch-wasch. Das war immer ihr Spruch gewesen, wenn er schlecht drauf war. Der patentierte Elli-Scheibenwischer für traurige Männeraugen.
    »Um ehrlich zu sein, Catherine«, setzte er sie ins Bild, »ich glaube nicht, dass wir beide gut zusammenpassen. Möglicherweise werden Sie Ihr ganzes Geld verlieren, wenn Sie in einen Koch investieren, der seine beste Zeit lange hinter sich hat.«
    »Das lassen Sie besser mal meine Sorge sein, Jack .«
    Für einen Moment konnte Jacques nicht anders, als sie anzulächeln. Diese Amerikanerin hatte Humor, das musste man ihr lassen. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Dieses Mädchen hatte seine Bibel gut studiert.
    »Wollen wir die Dessert vielleicht woanders nehmen?«, schlug sie nach einer andächtigen Schweigeminute vor, während das letzte Eis aus ihrem Blick schmolz und der Sonne Platz machte, die sonst in ihren Augen zu wohnen schien.
    »Und? Wie ist es gelaufen gestern Abend?« Es war Gustave, der Jacques am nächsten Morgen um sieben Uhr unsanft mit seinem Anruf aus dem Bett warf. »Können wir die Hochzeitspapiere unterschreiben oder hast du Catherine in deiner Badewanne zerstückelt und mit Säure übergossen und überlegst nun, ob du einen Anwalt brauchst?«
    »Sie liegt hier neben mir, wenn es dich beruhigt.«
    »Was?«
    »Herrje, Gustave! Nein, natürlich nicht! Es ist mitten in der Nacht, können wir später telefonieren?«
    »Aber nicht viel später«, ermahnte ihn Gustave. »Sonst ist es vielleicht zu spät.«
    »Ja, du mich auch«, stöhnte Jacques in den Telefonhörer und legte auf.
    »Ich werde in der Zwischenzeit Catherine anrufen, vielleicht hat sie mir ein wenig mehr zu sagen als du«, kommentierte Gustave, doch seine Worte verhallten ungehört im Labyrinth der Netze von France Télécom .
    Jacques indes, der sonst generell auf dem Bauch schlief, den Kopf tief ins Kissen gedrückt, drehte sich langsam und ein wenig schwerfällig um, so dass er nun auf dem Rücken lag. Sein Kreislauf war im Keller, wie immer morgens nach dem Aufwachen – jedenfalls seit er alleine schlief. Mit einem müden Blick an die Decke versuchte er den gestrigen Abend zu rekonstruieren. Es war noch richtig nett geworden – er hatte diese Amerikanerin völlig falsch eingeschätzt. Sie hatte definitiv Charme, und soweit er es in diesem

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