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Nachtmahl im Paradies

Nachtmahl im Paradies

Titel: Nachtmahl im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bennett Ben
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Marmorplatte der Küchenzeile, an die er sich gelehnt hatte, und verzog kurz schmerzhaft das Gesicht. Sofort schenkte er sich und Jacques, der sein Glas inzwischen ebenfalls in einem Zug geleert hatte, aus der Champagnerflasche nach.
    »Also, bietest du mir nun einen Platz an, oder sollen wir hier in der Küche stehen bleiben? Mir ist es gleich, du weißt ja: Keine Sonderbehandlung für gute, alte Freunde, das ist mein Credo«, beklagte sich Patrice auf die ihm eigene Art bei Jacques für seine schlechten Gastgeberqualitäten.
    Sie setzten sich an den Küchentisch. Es war ein kleiner Holztisch, der früher einmal in einem zart leuchtenden Maisgelb lackiert gewesen war. Elli hatte ihn eigenhändig angemalt. Doch längst war die Farbe an den meisten Stellen abgeblättert, so dass wieder das ursprüngliche, schäbig matte Taubengrau zum Vorschein kam.
    »Gustave behauptet, deine neue Partnerin sei sehr attraktiv«, kam Patrice zum offensichtlich wahren Grund seines Besuches.
    Jacques revidierte, was er soeben in Anbetracht des rosa Champagners gedacht hatte. Wahrscheinlich war Patrice doch nicht schwul, sondern verbrachte nur zu viel Zeit mit einem sehr spezifischen Frauentyp.
    »Wäre sie vielleicht etwas für mich? Was meinst du? Vom Kochen soll sie ja auch einiges verstehen …« Patrice blickte Jacques mit leuchtenden Augen an, als erwarte er allen Ernstes, dass dieser ihn noch heute Abend mit Catherine bekannt machte, besser noch, ihn mit ihr verkuppelte.
    »Nur weil sie weiß, wie man sich eine Schürze umbindet, heißt das noch lange nicht, dass sie auf Schürzen jäger steht«, konterte Jacques in seiner gewohnt trockenen Art.
    »So siehst du mich also?«, fragte Patrice mit schwerster gespielter Enttäuschung, bevor er nicht mehr konnte und loslachen musste.
    Von unten rief Pierre herauf, wie er es immer tat, sobald er im Restaurant eintraf. Jacques stampfte zweimal mit dem Fuß auf den Holzboden – die übliche Erwiderung des Grußes.
    »Aber sympathisch soll sie sein. Überaus sympathisch sogar. Sagt Gustave.«
    »Gustave neigt zur Übertreibung, das weißt du doch«, erwiderte Jacques, aber irgendwie fühlte es sich nicht richtig an. »Aber ja, Catherine ist nett. Jedenfalls netter, als ich anfangs dachte.«
    Patrice lächelte ihn wissend an, als wäre er kein Allgemeinmediziner, sondern ein gewiefter Psychotherapeut, der seinem Patienten immer einen Schritt voraus war.
    »Was ist?« Jacques wollte sich nicht ausmalen, was nun wieder im Kopf seines Freundes vor sich ging. Aber er konnte es.
    »Nichts.«
    Sofort tat er wieder, als wäre er ein kleines Sommerlamm, das unschuldig in die Sonne blinzelt und kein Wässerchen trüben kann.
    »Und? Hat sie dein Leben schon ordentlich durcheinandergewirbelt?«, bohrte er weiter.
    Jacques nickte, begleitet von dem tiefen, melancholischen Seufzen eines greisen, vom Leben müden Mannes, der er in seinem Alter eigentlich noch nicht hätte sein sollen.
    »Gleich als Erstes hat sie meine Mayonnaise kritisiert … Nun, zu recht wahrscheinlich.«
    »Bravo! So muss es sein«, applaudierte Patrice ihr auch noch. »Diese Catherine bringt dich wieder zum Kochen. Und du weißt ja: Kochen verlernt man nicht. Das ist wie Fahrradfahren.«
    »Hm, das kommt mir irgendwie bekannt vor.«
    »Du musst sie mir unbedingt vorstellen, Jacques. Und wenn sie nichts für mich ist, vielleicht wird ja aus euch am Ende noch was. Du weißt ja: Glück ist das Einzige, was sich verdoppelt, wenn man es teilt.«
    Er schenkte seinem Freund einen Blick, als würde er all dessen Pläne kennen, obwohl dieser davon nicht das Geringste ahnte.
    »Wer sagt das?«, erwiderte Jacques.
    »Albert Schweitzer.«
    »Was wusste der schon vom Teilen? War er überhaupt verheiratet?«
    »Natürlich, was denkst du, frère Jacques ! Na ja, bis zur Scheidung jedenfalls.«
    Jacques schaute seinen Freund ungläubig an, der ihn nunmehr herausfordernd angrinste. Patrice war schon wieder in Geschichtenerzählerstimmung, das merkte er sofort. Eindeutig zu viel Champagner.
    »Okay, den letzten Satz kannst du streichen. Das war ein Witz«, entgegnete der lokale Medizinmann. »Wenn ich mich recht entsinne, war er fünfundvierzig Jahre mit derselben Frau verheiratet, Helene Schweitzer. Glücklich, wie man sagt, und zwar bis zu ihrem Tod. Ein paar Jahre später ist er dann auch gestorben.«
    »Na, siehst du«, antwortete Jacques, der sich nur noch mehr in seiner Haltung bestätigt sah. Offensichtlich kannten auch andere Menschen das

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