Nachtnelken - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners vierter Fall) (German Edition)
Ritter herausgefunden hat.« Sadistische Akte mit Tieren – Judith gruselte die Vorstellung, dass sich in Waldau ein Mensch mit solchen Vorlieben offenbarte.
»Ich kann nachher den Bericht von Dr. Harmsen abholen und ihn dir sofort bringen. Du sagtest doch, dass er gegen Mittag damit fertig sein wollte«, bot Walter an, während er ihnen Kaffee nachschenkte.
Das Telefon im Flur klingelte. Laura ging abheben. »Für dich. Dr. Grede.«
Judith Brunners Stellvertreter, der außerdem auch zuständig für die Labore und die Kriminaltechnik war, hatte dieses Wochenende den Tagesdienst. Sie schätzte den Mann als äußerst fähigen und selbstständigen Kollegen. Es gab eigentlich nichts, was sie ihm nicht zutraute, ohne ihr Zutun lösen oder entscheiden zu können. Grede würde nur anrufen, wenn es einen wirklich triftigen Grund dafür gab. Leicht beunruhigt ging Judith zum Telefon. Als sie dann auch noch seinen Tonfall hörte, war sie alarmiert.
»Wir haben ein vermisstes Kind. Seit gestern Nachmittag. Aus Engersen«, lautete die unheilschwangere Nachricht.
»Wie alt?«
»Vierzehn. Ein Mädchen.«
»Was wurde bisher unternommen?« Judith bemerkte, wie sie ärgerlich wurde, weil sie erst jetzt davon erfuhr.
»Nichts. Das ist ja das Schlimme. Vorhin, als mein Dienst begann, sah ich mir als Erstes das Tagebuch vom Nachtdienst an und noch während ich von den drei Anrufen einer Clara Eichner lese, klingelt das Telefon am Empfang und sie ist wieder dran.« Dr. Grede schilderte kurz sein Gespräch mit der beunruhigten Frau. »Sie flehte mich nahezu an, endlich nach dem Mädchen zu suchen. Ihr Name ist Ilona.«
Judith war fassungslos. »Warum ist denn nicht schon längst was passiert?« Doch als sie erfuhr, dass Ingo Grille in der vergangenen Nacht der Diensthabende gewesen war, ahnte sie es bereits.
Inzwischen waren Walter und Laura zu ihr in den Flur getreten, denn Judiths Stimme verriet drohendes Unheil.
Dr. Grede informierte sie weiter: »Ich habe schon alles, was zwei Beine hat, zur Suche und Befragung losgeschickt! Die Bereitschaftspolizei natürlich auch. Außerdem habe ich begonnen, alle möglichen Leute unserer Dienststelle aus dem Wochenende zu holen. Ich bleibe hier und koordiniere den Einsatz weiter. Sie könnten doch auch in ein paar Minuten in Engersen sein? Oder?«
»Danke. Gute Arbeit. Ich fahre gleich los. Wir bleiben über Funk in Verbindung.« Beim Schuheanziehen erklärte Judith ihren Zuhörern die Hintergründe für ihren eiligen Aufbruch.
»Ich kann für die Suche wieder unsere Freiwillige Feuerwehr zusammenholen«, schlug Walter vor. »Das hat schon mal geholfen.«
»Vielleicht nehme ich dein Angebot noch an. Doch zuerst will ich nach Engersen und mir selbst vor Ort ein Bild machen. Bleib bitte vorerst in deinem Büro am Telefon. Wenn sich was ergibt, informiere ich dich umgehend.«
~ 12 ~
Die Suchtrupps der Bereitschaftspolizei hatten sich aufgeteilt. Einige telefonierten herum. Andere Männer in Uniform klingelten sämtliche Bewohner von Engersen vor die Haustüren, um nach Ilona Eichner zu fragen.
Judith Brunner eilte zum Einsatzleiter der Bereitschaftspolizei, Hauptmann Helmut Resch, der sie freundlich, aber angespannt begrüßte und knapp informierte: »Alle Kräfte sind unterwegs. Die Suche konzentriert sich zurzeit auf das Dorf selbst und auf die Gegend um die alte Landstraße, wohin das Mädchen gehen wollte, bis hoch zur Kreuzung. Die Männer der Freiwilligen Feuerwehr aus Engersen, die den Ort am besten kennen, durchsuchen leer stehende Gebäude, abgelegene Scheunen oder Ställe. An der Straße habe ich meine eigenen Leute eingesetzt.«
»Danke. Ich gehe erst mal zum Ortspolizisten, um mich nach der Familie des vermissten Mädchens zu erkundigen.« Judith Brunner hatte noch keine Gelegenheit gehabt, Ernst Grambow persönlich kennenzulernen. Walter hatte ihn mal als einen für sein Dorf engagierten, jungen Mann beschrieben und erwähnt, dass er bald Vater werden würde.
Viel zu berichten hatte Grambow allerdings nicht. Die Jugendliche Ilona Eichner war gegen vier Uhr gestern Nachmittag von zu Hause weggegangen. Sie war mit einem blau und weiß karierten Sommerkleid und leichten Leinenschuhen bekleidet. Eine Tasche oder anderes Gepäck hatte sie nicht bei sich. Das Kind stammte aus keiner Problemfamilie. Grambow schaute auf seine Armbanduhr. »Jetzt ist es kurz vor halb zehn.«
Judith Brunner rechnete mit: »Etwas über siebzehn Stunden.« Die Nacht war zum Glück mild
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