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Nachtpfade

Nachtpfade

Titel: Nachtpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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der Nacht? Bei uns?«
    »Ja, Frau Schellharf. Hier im schönen Oberbayern. In
Rufweite der Wies und Rottenbuch. Frau Schellharf, es ist mir ernst! Erzählen
Sie mir nicht, das hier sei Lummerland.« Gerhards Amüsement wich zunehmend
einer gewissen Genervtheit. Sie traten in dieser Ermittlung total auf der
Stelle.
    »Ich weiß zwar nicht, wo Lummerland liegt, aber wenn
Sie damit meinen, hier ist auch nicht alles friedlich, haben Sie schon recht.«
    »Ja? Also, zum Beispiel?« Gerhards Ton war immer noch
alles andere als freundlich.
    »Schauens sich mal bei den Jägern um.«
    »Können Sie mal konkreter werden?«
    »Nein, aber der Miesbacher, der die Jagd vom Toni
gepachtet hat, der ist kein guter Waidmann, kein Heger, das dürfen Sie mir
glauben.«
    »Miesbacher?«
    »Ja, ein Herr Bauunternehmer aus Miesbach, und der hat
die Jagd vom Anton Erhard gepachtet. Der hat viel Wald um den Hof rum und noch
Land am Trauchberg.«
    »Ach, dann kannte Jacky den Miesbacher Jäger auch?«
    »Sicher.«
    »Und was könnte sie in der Nacht gesehen haben?«
    »Ich war nicht dabei.«
    »Frau Schellharf, ich kann Sie auch vorladen lassen!«
    »Man sagt, er würde wildern, man sagt, er hat mal zwei
Haflinger erschossen. Einfach so. Man sagt, der hätte sogar Nachtsichtgeräte.«
    »Wer ist ›man sagt‹?«, fragte Evi und lächelte die
Frau aufmunternd an, die sich jetzt dem Zerkleinern von Paprika zugewandt
hatte.
    »Man eben. Hier wird viel geredet am Stammtisch. Aber
ob das stimmt, kann ich nicht sagen.«
    »Wir haben auch was von illegalen Holzgeschäften
gehört«, sagte Gerhard.
    Sie sah von ihrer Arbeit auf und funkelte ihn an mit
den dunklen Augen. »In den Wäldern ist vieles möglich. Viel wird geredet. Und
die Jacky war oft dabeigesessen. Bevor sie wieder raus ist in die Nacht.«
    »Auch später noch, als sie nicht mehr hier gearbeitet
hat?«, fragte Evi.
    »Ja sicher, nicht gleich nach dem großen Krach, aber
später schon wieder. Ich bin auch nicht nachtragend. Also ich bin vom Typ ja
eher …«
    »Ja, Frau Schellharf, bitte bleiben wir beim
Wesentlichen: Ein großer Krach, sagen Sie?«
    »Ja, ein bisserl spinnen ist gut, aber das wurde immer
schlimmer. Einmal war sie drei Tage weg, wie vom Erdboden verschluckt. Wir
hatten eine Familienfeier mit fast hundert Gästen, und die lässt uns sitzen.«
    »Lässt Sie sitzen? Echt?« Evi konnte das gut,
Interesse heucheln.
    »Na, sie hat bedient, und als das Fest wirklich in
vollem Gang war, als der Bär steppte, als wir mit Schnapsrunden den Umsatz
unseres Lebens gemacht haben, rennt die einfach raus. Ich hab mich so
aufgeregt, dass ich den dritten Hörsturz hatte. Also mein Doktor, der hat
gesagt: Frau Schellharf, hat der gesagt, Sie müssen …«
    Die Frau fuchtelte so mit dem Messer, das sicher
extrem scharf war, dass Gerhard versucht war, den Kopf einzuziehen. »Ja, sehr
bedauerlich, so ein Hörsturz, können wir auf Jacky zurückkommen? Hat sie denn
später gesagt, wo sie war?«
    »Nein, die war richtig verstockt.«
    »Ist vorher etwas passiert? Hatte sie Ärger? Kummer?
Wurde sie vielleicht von jemandem auf diesem rauschenden Fest dumm angemacht?«
Gerhard behielt das Messer im Auge. Aber womöglich war das ja eine Spur, ein
Motiv, irgendwas von den typischen Zwistigkeiten unter ganzen Kerlen, wenn’s um
eine Frau ging.
    »Nein, nix war los, klar hat ihr mal einer auf den
Hintern geklopft oder gefragt, ob sie einen mittrinkt. Da ist ja nix dabei,
oder?«
    »Und solch frohgemute Stammtischbrüder gab es ja sonst
auch?«, fragte Gerhard und beobachtete fasziniert, wie fein sie den Paprika
schnitt.
    »Bei uns geht’s immer sehr gemäßigt zu. Darauf acht
ich. Wir fahren die auch immer heim, bei uns fährt keiner unter Alkohol, wir
sind da ganz korrekt. Die brauchen ja ihren Führerschein, also wir …«
    »Ja, Frau Schellharf, das glaub ich Ihnen. Zurück zu
Jacky. Sie kam dann wieder, war verstockt, und dann?«
    »Dann ging sie in den Stall, und da war’s ganz aus.«
    »Ganz aus?«
    »Ja, wir hatten die Goaß erschießen müssen. Wenn ich
mich recht erinner, hat sie die tote Goaß angesehen und ist dann gleich wieder
weggelaufen.«
    »Na, das ist verständlich, oder, wenn sie das Tier
gemocht hat.«
    »Ja, aber das war eine Goaß. Kein Mensch, aber mit
Viechern war sie eh komisch. Sie glaubte wirklich, mit denen reden zu können.
Wie dieser Doktor Dingsda. Wie hieß der? Der konnte doch mit Tieren reden.«
    »Doktor Doolittle.«
    »Ja, der!«
    »Und dann haben Sie Jacky

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