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Nachtpfade

Nachtpfade

Titel: Nachtpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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dunnemals, und ein perfekter Anziehungspunkt für
saubere Schlitzohren, die sicher bauernschlau genug waren für geschickte
Holzschiebereien. Dazu würde die Wirtin Marlene Schellharf doch sicher etwas zu
sagen haben. Sie wurden in die Küche gebeten, und die Dame des Hauses, die von
kräftiger Statur war, sah sie nicht unfreundlich, aber doch sehr bestimmt an.
    »Sie wollen was wegen der Jacky wissen?«
    Na, sie hielt sich ja wenigstens nicht lange auf,
dachte Gerhard. »Ja, wie sind Sie denn an Jacqueline Paulig gekommen?«
    »Über die alte Frau Jocher. Anfang 2004 hat sie
angefangen. Zuerst haben wir ja übers Arbeitsamt eine Bedienung gesucht. Also
das war nämlich so, dass die Paula aufhören musste und dann …«
    »Ja, bleiben wir doch bitte bei Jacky. Sie hat sich
vorgestellt?«
    »Ja, freilich, sie und drei andere. Die anderen eben
vom Arbeitsamt. Sie glauben ja gar nicht, was da für ein Volk kommt. Die eine
wie von der Reeperbahn, die andere fett wie a Qualle, die dritte so was von
verhuscht. Bei uns muss eine freundlich sein und sauber und auch mal was
einstecken können. Schlagfertig muss sie sein, am Stammtisch geht’s nicht immer
zimperlich zu. Verstehns mich nicht falsch, alles ganz harmlos, aber da muss
eine passen. Hierher.«
    »Und Jacky hat gepasst?«
    »Sie hat gut gearbeitet. Sie kam gut an am Stammtisch,
und sie konnte auch mal rausgeben. Sie konnte gut mit Tieren. Hat immer
freiwillig ausgemistet, obwohl das ja nicht zu ihren Aufgaben gehörte. Hat
gesagt, sie würde so gerne mit dem Esel reden. Na ja, wir fanden das ein
bisschen komisch, aber jeder spinnt ja auf seine Art.« Frau Schellharf knetete heftig
in ihrem Semmelknödelteig.
    »Und wieso ist sie dann nicht mehr da?«
    »Weil’s dann nicht mehr ging.« Das sagte sie mehr zum
Teig denn zu den Kommissaren.
    »Was ging nicht mehr?«, fragte Evi.
    »Na, sie war müde, sie war unzuverlässig, sie hat
verschlafen.«
    »Aber Sie hatten doch zuerst so einen guten Eindruck
von ihr?«
    »Ja, anfangs schon, aber dann ging das eben los.« Der
Teig hatte keine Chance gegen die Gewalt der Frau.
    »Was ging los?«
    »Na, dieses Nachtwandeln.«
    »Nachtwandeln?« Gerhard beäugte immer noch den
malträtierten Teig.
    »Ja, wenn wir hier aufgeräumt hatten, dann ist sie
erst mal in den Stall und ist bei den Viechern gesessen. Ich hab ihr dann
gesagt, sie soll ins Bett gehen.«
    Frau Schellharf formte erste Knödel. Kugelrund und
riesengroß. Verhungern musste hier sicher keiner, dachte Gerhard und fragte
weiter: »Ja, warum denn?«
    »Warum? Na hören Sie mal. Man sitzt doch nicht mitten
in der Nacht stundenlang im Stall. Die Nachbarn dachten ja, bei uns ist jede
Nacht was passiert. Fragten, ob schon wieder der Tierarzt da gewesen ist.«
    »Und das haben Sie ihr dann verboten, das
Im-Stall-Sitzen?«
    »Ja, und dann hat sie Musik gehört. Morgens um drei
oder vier. In einer Lautstärke, sag ich Ihnen!«
    »Und das ging natürlich auch nicht?«, fragte Gerhard.
    »Den Ton können Sie sich sparen. Der Mann muss um fünf
aufstehen, muss in den Stall. Da braucht man den Schlaf. Jeder hier braucht den
Schlaf, wir sind doch nicht in der Großstadt, wo die schlafen bis in die
Puppen.«
    »Und Jacky brauchte den Schlaf nicht?«
    »Natürlich, hab ich doch gesagt. Sie war
unausgeschlafen, sie hat ganz verschlafen, hat Fehler gemacht.«
    Der Ton der resoluten Dame wurde schärfer, und der
nächste Knödel musste büßen. Der wurde regelrecht in Form geschlagen. Gerhard
war amüsiert, versuchte aber ernst zu bleiben. »Und dann flog sie raus?«
    Frau Schellharf sah aus, als würde sie den Knödel
demnächst werfen, und schnaubte. »Nein, so sind wir nicht. Wir haben ihr ins
Gewissen geredet.«
    »Und?«
    »Sie ging nicht mehr in den Stall und hat keine Musik
mehr gehört, dafür ist sie ganze Nächte spazieren gegangen. Sie ist oft erst im
Morgengrauen aufgetaucht. Da war der Mann schon lange im Stall.«
    »Und was hat sie da gemacht, so in der Nacht?«, fragte
Evi.
    »Sie hat gesagt, sie würde mit den Eulen reden und den
Tieren der Nacht. Also wenn Sie mich fragen, die lief nicht ganz rund, lief
nicht auf allen Zylindern. Das ist einfach nicht normal, nächtelang
rumzurennen.«
    »Frau Schellharf, ob das normal ist, weiß ich auch
nicht, aber es war auf jeden Fall nicht gesund für Jacky. Sie ist tot. Wir
denken, dass sie etwas gesehen haben muss in der Nacht, was sie besser nicht
gesehen hätte. Haben Sie da eine Idee, was das gewesen sein könnte?«
    »In

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