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Nachtpfade

Nachtpfade

Titel: Nachtpfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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wieder auf Normalnull gebracht, und Gerhard
wollte das kurze Zeitfenster nutzen, in dem der Alkohol die Zunge lockerte,
bevor Melancholie, dann Aggression und schließlich kurzer todesähnlicher
Alkoholschlaf folgen würden.
    »Pech?«, fragte er also.
    »Ja, er hot viel Eisa im Holz ghabt.«
    »Bitte?«.
    »In fünf Stämm warn Nägel.«
    »Nägel?«
    »Ja mei, Herr Kommissar, dem hams wahrscheins efter
Nägel ins Holz neighaut, und des sigt ma ned. Und dann fahrsch durchs Gatter,
und dann isch d Schneid beim Deifel.«
    »Das ist ja Sabotage der übelsten Art!«
    »Freilich!«
    »Und wem sollte das schaden? Dem Erhard oder dem
Sägwerk?«
    »Scho dem Toni. Der muas deam Säger de Blattl wieder
zahla. Wenn dr Toni efter mit seim Holz kimmt, dann schneid mas eam nimma. Und
der Toni hot den Ärger im Zillertal.«
    »Entschuldigung, aber wieso Zillertal?«
    »Er verkofft sei Holz o nach Tirol. Es fahra ja viel
Nusser mit ihre Holzzüg umanand. Bei uns ham vui kloane Säger zugmacht, und die
Tiroler ham de groaße Sägwerk. Bei dene geht was weiter!«
    »Und der Anton Erhard hat dahin geliefert?«
    »Ja.«
    »Und?«
    »Vernagelt warn de Stämm.«
    »Und wieder waren die Sägblätter hinüber?« Allmählich
kam etwas Klarheit in die Sache. Gerhard gab sich Mühe, dem guten Weinling die
Botschaften aus der Nase zu ziehen.
    »Na.«
    »Nein?«
    »Na, de großa Säger ham Metalldetektoren, de schießn
de Stämm oafach naus. De rufn o und song, dass dein Scheißdreck wiederholla
konscht. Des kimmt deier. Oder du lasch se flacka, und dann hosch halt nix
davo.«
    »Und wer macht so was?«
    »Oaner, der de ned moag!«
    »Und der Anton dachte, Sie wären es gewesen?« Gerhard
runzelte die Stirn. Das ergab doch alles keinen Sinn.
    »Ja, der Depp, der.«
    »Und wieso dachte er das? Ich dachte, Sie wären die
besten Kumpels.«
    »Sind mir a. Aber do gibt’s no a alte Gschicht.«
    »Alte Geschicht?«
    »Ja, wegen dem Ross.«
    »Geht’s ein bisschen genauer?«
    »Ja mei, der Toni hot ma zwoa Ross zum Stroafn gliehn,
und dann hat oane d Haarwindn kriagt.«
    »Was?«
    »Kreuzverschlag«, kam es von Jo, die schon seit
geraumer Zeit an einer Säule lehnte. »Haarwinden heißt das hier. Kreuzverschlag
ist eine Folge akuter Übersäuerung, eben eine Folge massiver Überlastung,
sekundär ist die Niere betroffen, und es kann zum Nierenversagen kommen.
Kreuzverschlag ist extrem gefährlich.«
    »Ja genau«, Weinling sah Jo fast dankbar an.
    »Ja, und weiter?«, fragte Gerhard.
    »Ja, dann ham mir des Ross zur Ader glassn und isch
aber trotzdem verreckt«, sagte Weinling.
    Gerhard wollte jetzt wirklich keine Fachdiskussion
über Pferdekrankheiten anfangen, zumal ihm Zur-Ader-Lassen nun doch sehr
mittelalterlich-martialisch vorkam. Er sah Weinling scharf an: »Und Ihr Freund
Erhard hatte den Eindruck, dass Sie das Pferd überlastet hatten?«
    »Ja, aber des isch ned wohr gwen, des warn ja kloane
Stämm. Des war …«
    »Ja, ja, alles klar, aber der Anton war sauer.«
    »Ja, aber i war ned schuld, und i hob ihm zwoa Stutn
deckt, ohne dass i a Deckgeld verlangt hob.«
    Es war einfach uferlos. Wenn er weiter nachfragen
würde, dann kämen wahrscheinlich noch mehr Geschichten guter Nachbarschaft
zutage. Gerhard hatte schon heute früh geahnt, dass dieser Tag nichts Gutes
bringen würde. Er hatte recht behalten. Er wandte sich wieder an den Weinling
und versuchte sich mal an einer Art Zusammenfassung. »Manfred, der Anton Erhard
glaubt, Sie hätten seine Stämme vernagelt. Sie glauben, er hätte Ihren Wagen
manipuliert. Tolle Kumpels, wirklich! Zeugt von tiefer Freundschaft und
Vertrauen.«
    Ironie war nun kein Stilmittel, das Manfred Weinling
in seinem Zustand verstanden hätte. Auch keins, das er mit weniger Alkohol
hätte einordnen können. »Mir bledeln halt mol, alles des isch ned so wild.«
    »Feine Scherze. Waren Sie es denn?«
    »Na, natürlich ned! Und dr Toni werd des bei meim Waga
o it gewest sei. Mir ham des unter Freind gklärt mit de Ross.«
    Au weh, zwick, dachte Gerhard. Manfred Weinling hatte
eine interessante Ansicht von Ehre, und zudem war sich Gerhard sicher, dass der
gute Manfred nun gleich in die Phase der alkoholseligen Melancholie fallen und
jeden lieben würde. Es blieb wenig Zeit. Er ließ also einen Versuchsballon
steigen. »Lassen wir mal die alten Zeiten und die Rösser. Der Anton war ganz
aktuell sauer wegen dem Miesbacher, oder? Er war nicht so begeistert, dass Sie
den Miesbacher verpfiffen haben?«
    »Woher wissens

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