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Nachtprinzessin

Nachtprinzessin

Titel: Nachtprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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waren seine Wunden versorgt und genäht. Beim Röntgen hatte man festgestellt, dass ein Schienbein an- und zwei Rippen gebrochen waren, außerdem hatte er mehrere Prellungen, Blutergüsse und zwei ausgeschlagene Zähne.
    In zehn Tagen hatte er einen Termin beim Zahnarzt, um einen Abdruck machen zu lassen, damit ihm später unter Vollnarkose neue Schneidezähne implantiert werden konnten.
    Eine Operation des Beines war nicht notwendig, es wurde gegipst, geschient und verbunden. Alex bekam ein Paar Krücken, und Matthias und Thilda brachten ihn wieder nach Hause. Unaufgefordert begann Thilda aufzuräumen, etwas, was Alex hasste.
    Matthias drückte ihm ein Glas mit dem Wunder-Mineralwasser in die Hand.
    »Trink das. Ich bin sicher, es hilft.«
    »Und was ist das für ’n schwules Wasser?«
    Matthias überhörte die Bemerkung. »Trink. Und dann erzähl uns endlich, was passiert ist. Jetzt kannst du ja ein bisschen besser reden.«
    »Nach der Arbeit war ich noch mit einem Kumpel einen trinken.«
    »Einen?«, fragte Thilda scharf.
    »Soll ich reden oder doch lieber die Klappe halten?«
    »Rede, bitte!«, beruhigte ihn Matthias.
    »Okay, aber dann spart euch lieber diese arschigen Bemerkungen.«
    Thilda presste die Lippen aufeinander.
    »Und setz dich bitte hin, Mama, es macht mich wahnsinnig, wenn du in meinen Sachen rumwühlst.«
    Thilda setzte sich und verschränkte demonstrativ die Hände vor der Brust.
    »Wir haben in den Hackeschen Höfen einen kleinen Zug durch die Gemeinde gemacht. Und dann bin ich mit der letzten U-Bahn nach Hause gefahren. Ist ja tote Hose um die Zeit. Kein Mensch mehr unterwegs. Und da sind drei Typen gekommen und haben mich angemacht. Nach dem Motto: Ich soll mich verpissen, ich störe die Aussicht und sie würden mein Gesicht gern mal sehen, wie es aussieht, wenn ’ne U-Bahn drübergefahren ist. Da hatte ich ja Glück, dass keine mehr fuhr. Als sie das mitgekriegt haben, waren sie frustriert und wurden immer saurer. Ich hab versucht, sie zu beruhigen, aber sie wurden nur noch aggressiver. Und dann haben mich zwei festgehalten, und der Dritte hat mich zusammengeschlagen. War ein Schrank. Und irgendwann hatten sie keine Lust mehr und sind abgehauen. Ich hab es dann irgendwie geschafft, mich nach Hause zu schleppen, und bin eingepennt. Als ich aufgewacht bin, hab ich angerufen. Das ist alles.«
    »Unglaublich! Da schlagen Typen wahllos irgendjemanden zusammen? Einfach nur so?« Thilda konnte es nicht fassen.
    »Ja. Einfach nur so.«
    »Gibt es da kein Überwachungsvideo, auf dem man die Typen erkennen kann?«
    »Nein. In dem U-Bahnhof nicht. Vielleicht wussten die das.«
    »Du musst unbedingt Anzeige erstatten«, meinte Matthias und hatte Lust auf eine Zigarette, zündete sich aber keine an.
    »Ja, mach ich. Morgen vielleicht. Obwohl es nichts bringt. Ich kann die Typen nicht beschreiben, die sahen aus, wie alle aussehen. Baseballkappe, Bomberjacke und Jeans bis in die Kniekehlen. Ende. Ich kann noch nicht mal sagen, ob es Türken oder Deutsche waren. Denn ›Ej, Alter, isch mach disch alle‹ sagt ja mittlerweile jeder.«
    »Ja, in deinen Kreisen.«
    »Geht das schon wieder los, Mama!«
    »Aber noch mal«, lenkte Matthias ein. »Ich bin immer noch der Meinung, dass du zur Polizei gehen solltest. Ob es nun was bringt oder nicht.«
    »Na gut, wenn es dich glücklich macht, dann geh ich.«
    Es war dieser Tonfall von Alex, den Matthias überhaupt nicht ausstehen konnte. Wahrscheinlich fiel es anderen Leuten nicht auf, aber er spürte es: Dieses leicht Süßliche, dieses Süffisante, manchmal noch unterstrichen durch einen leichten Augenaufschlag. Der fehlte heute, weil Alex’ Augen zugeschwollen waren.
    Er machte sich gern lustig über seinen Vater, und er verachtete ihn.
    »Brauchst du noch irgendwas?«
    »Ja.«
    »Was?«
    »Meine Ruhe.«
    Thilda stand auf. »Okay, wir gehen. Aber mit dem Gipsbein kannst du dich ja kaum bewegen. Sollen wir für dich einkaufen?«
    »Nein. Ich komm schon klar.«
    Thilda seufzte. Alex war ein derartiger Sturkopf, dass man sich alle Zähne an ihm ausbeißen konnte. Für sie war das ganz schwer auszuhalten, denn durch sein ablehnendes Verhalten zwang er sie dazu, sich ständig Sorgen um ihn zu machen.
    »Lass ihn«, meinte Matthias. »Wir können ja heute Abend mal telefonieren und hören, wie’s ihm geht.«
    »Tschüss«, sagte Alex leise und schloss die Augen.
    Matthias und Thilda verließen das Loft.
    Erst als Alex allein war und allmählich wieder klar denken

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