Nachtprinzessin
Seele einfach nur primitiv.«
»Komm, Thilda«, meinte er und blieb stehen. »Lass uns noch ein bisschen weitergehen. Hier in der Nähe der Terrasse gibt es viele Ohren.«
Thilda nickte begeistert. Das war genau das, was sie wollte.
Auf einem schmalen Weg entfernten sie sich vom Haus und gingen tiefer in den Park. Wenn er sie noch eine Weile animierte, würde er sicher noch eine Menge Köstliches über die Sippe derer von Dornwald erfahren.
Aber Thilda hatte keine Lust, noch länger über ihre Familie zu reden. Sie war mit Matthias allein. Es war dunkel, und es gab tausend Möglichkeiten, ein ungestörtes Plätzchen zu finden. So weit hatte sie es also geschafft, sie war fast am Ziel ihrer Träume. Aber eben nur fast.
Vorsichtig schob sie ihre Hand in seine. Er ließ es geschehen, und sie bildete sich ein, dass er sie ein wenig gedrückt hatte. Das machte ihr Mut.
Die Musik wurde immer leiser, nur noch Fetzen der Melodien drangen durch die Bäume, und das Rascheln des Laubes wurde immer lauter. Stimmen hörte er fast keine mehr, und er sah nicht, wo er hintrat. Nur wenn er sich umdrehte, konnte er am fernen Lichtschein sehen, wo das Fest stattfand, aus welcher Richtung er gekommen war. Wie ein dunkler Schatten erhob sich die Burg vor dem nächtlichen, nur schwach vom Mondlicht erhellten Himmel.
»Hier ist ein toller Platz!«, sagte plötzlich ihre leise Stimme.
Er blieb stehen.
»Wollen wir uns ein bisschen hinsetzen?«
Matthias stand in Flammen. Nicht nur sein Gesicht glühte, sein ganzer Körper brannte. Er ließ sich im Gras nieder, wunderte sich, dass es ihm nichts ausmachte, wenn seine Hose Grasflecken bekam, und lehnte sich an einen Baum. Sie setzte sich neben ihn und schmiegte sich an ihn.
»Eigentlich kennen wir uns ja gar nicht«, flüsterte er.
»Das macht nichts«, hauchte sie leise und wartete, dass er seine Hand wandern ließ, aber er rührte sich nicht.
Da übernahm sie die Initiative, streichelte ihn behutsam mit zwei Fingern, dann mit der ganzen Hand. Überall dort, wo sie ihn erreichte, ohne dass sie ihre Sitzposition verändern musste. Sie wollte die Ruhe der Situation nicht zerstören, wollte ihm keinen Anlass geben, aufzustehen.
Matthias war wie elektrisiert. Es war dunkel, und er sah sie nicht an, er vergaß sogar streckenweise, wer ihn da berührte, ließ sich darauf ein und ließ es geschehen. Seine Erregung wuchs. Er küsste sie und spürte, wie sie in seinen Armen immer weicher, aber auch gleichzeitig drängender wurde.
Hinterher wusste er gar nicht mehr, ob sie oder er damit begonnen hatte, sich auszuziehen.
Es war der leichte Wind, der über seinen nackten Körper strich, der ihn letztlich wahnsinnig machte, und er vergaß die Gefahr, von irgendjemandem entdeckt zu werden.
Und dann drang er in sie ein.
So war das also. Größer und absoluter, als wenn er sich selbst befriedigte. Er übernahm die Führung, bestimmte den Rhythmus und fühlte sich stolz und mächtig. Jetzt war ihm alles egal, sollte doch die ganze Welt im Park auftauchen und Zeuge dieser unglaublichen Situation werden.
Thilda keuchte, er drückte sie auf das weiche, kurz geschnittene Gras und ganz plötzlich – es erwischte ihn völlig unvorbereitet – war es vorbei. Er sackte über ihr zusammen und spürte, wie sie zuckte, aber achtete nicht weiter darauf.
In seinem Kopf war nur der eine Gedanke: Jetzt bin ich dabei und kenne die Spielregeln. Willkommen im Club.
»Alles klar?«, fragte sie leise, und er nickte nur.
Lange Zeit sagte keiner von ihnen ein Wort, weil sich jeder für sich ein wenig schämte.
Schließlich brach sie das Schweigen. »Ich würde dich gern mal anrufen. Geht das?«
Er nickte nur, aber wusste nicht, ob sie es gesehen hatte.
Beide zogen sich wieder an. Er hätte sie gern in den Arm genommen und wäre mit ihr im Gras eingeschlafen, aber irgendwie war die Situation eine andere. Es war klüger, so schnell wie möglich zu verschwinden, was er bedauerte, ihr aber nicht sagte.
Gemeinsam und etwas verunsichert, ob man ihnen ansah, was gerade geschehen war, gingen sie zurück zur Burg. Als sie am Festplatz ankamen, standen nur noch wenige Gäste mit ihren Gläsern in der Hand herum, und die Band spielte langsame, traurige Melodien. Rausschmeißer, dachte Matthias, die haben alle keine Lust mehr.
Er sah auf die Uhr. Es war jetzt halb zwei.
»Also dann bis morgen«, flüsterte sie. »Ich geh ins Bett.« Sie drückte ihm einen flüchtigen, trockenen Kuss auf die Wange und verschwand
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