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Nachtruf (German Edition)

Nachtruf (German Edition)

Titel: Nachtruf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leslie Tentler
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Tatsachen einer praktisch Fremden zu erzählen. Es hatte schon unendlich viel Mut erfordert, der tragischen Kindheit zu entkommen, einen Selbstmordversuch zu überwinden und ihre Basis im Leben zurückzugewinnen. Sie hatte schließlich ihren Weg gemacht und ein eigenes Kind großgezogen. Rain bewunderte Annabelle zutiefst.
    „Rain? Brian und ich … wir machen uns Sorgen um Trevor. Wir fürchten, dass sein Aufenthalt hier in New Orleans vielleicht die Erinnerungen an die damaligen Geschehnisse zurückbringen könnte.“
    „Hat er Flashbacks?“
    Annabelle sah sie unsicher an. „Ist das nach so vielen Jahren denn möglich?“
    Rain dachte an den Stress, unter dem Trevor augenblicklich stand. Nicht nur dass er bis über beide Ohren mit der Jagd nach dem gewalttätigen Killer beschäftigt war, er musste auch gegen die schmerzhaften Rückblenden ankämpfen, die sein Verstand so lange mit Macht unterdrückt hatte.
    „Es ist in jedem Fall möglich“, entgegnete sie.
    Trevor. Schlagartig wurde ihr bewusst, wie lange sie schon von zu Hause fort war – fast zwei Stunden. Sie zog ihr schmales kleines Handy aus der Hosentasche ihrer Jeans und fluchte leise, als sie sah, dass es nicht eingeschaltet war. Sie konnte nurhoffen, dass der Cop bei ihr zu Hause ihre Abwesenheit nicht bemerkt hatte. Dann könnte sie so leicht wieder hineinschleichen, wie sie herausgekommen war.
    „Was ist los?“, fragte Annabelle.
    Rain drückte das Telefon an ihr Ohr. Ihr Magen zog sich zusammen, als sie die Nachricht abhörte. Trevor klang aufgebracht und voller Angst.
    Verdammt noch mal, Rain. Wenn du diese Nachricht abhörst, ruf mich an. Bitte.
    Sie warf Annabelle einen Blick zu und wählte die Nummer seines Handys. Er antwortete sofort.
    „Wo bist du?“
    „Ich bin jetzt auf dem Weg nach Hause. Mach dir keine Sorgen.“
    „Mach dir keine Sorgen?“, bellte Trevor geradezu ins Telefon. „Die Cops haben mich angerufen und mir gesagt, du wärst verschwunden. Kannst du dir vorstellen, was ich gedacht habe? Ich war vollkommen durcheinander.“
    Sie spürte, wie Annabelle ihren Arm berührte, ihr Trost und Unterstützung spendete.
    „Erzähl mir nur, wo du bist“, sagte Trevor. „Ich komme und hole dich ab.“
    „Ich bin in der Galerie. Bei Annabelle.“
    Eine lange Pause entstand. Als er endlich etwas sagte, klang er angespannt. „Ich bin in fünfzehn Minuten da. Und schließt um Gottes willen die Tür ab.“
    Die Scheinwerfer des Taurus leuchteten in die geschlossene Galerie, als Trevor am Straßenrand hielt. Annabelle ließ ihn hinein, aber sein Blick ging sofort zu Rain. Sie hatte sich eigentlich bei ihm entschuldigen wollen, doch seine ernste Miene ließ sie verstummen. Stattdessen stand sie da, die Finger nervös in den Bund ihrer Jeans geklemmt, und wartete auf das nahende Donnerwetter.
    Trevor stürmte auf sie zu. „Kannst du mir vielleicht verraten,was so wichtig gewesen ist, dass du den Officer, der dich beschützen soll, einfach stehen gelassen hast?“
    „Ich wollte mit Brian sprechen …“
    „Dann nimm das Telefon.“
    „Sei nicht so streng mit ihr, okay?“ Annabelle kam zu ihnen herüber. „Und sei leise. Haley schläft.“
    Trevor ließ den Blick durch den Raum schweifen. Seine Wut schwand, als er seine Nichte entdeckte. Sie schlief auf einer Bank in einer Ecke der Galerie. Er ging hinüber, um nach ihr zu sehen. Haleys kleiner Daumen steckte in ihrem Mund, und ihre dunklen Locken schimmerten in der gedämpften Beleuchtung. Die zerfledderte lilafarbene Katze lag auf dem Holzboden unter der Bank.
    „Wo ist Brian?“
    „Er und Alex sind zu einem Kundenessen in Pensacola“, antwortete Annabelle. „Sie haben gerade vom Flughafen angerufen und sind jetzt auf dem Weg hierher.“
    Trevor fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Er zwang sich sichtlich, sich zusammenzureißen und ruhig zu bleiben. Rain konnte sich ungefähr vorstellen, wie viel Adrenalin durch ihn hindurchgeschossen sein musste, als er von ihrem Verschwinden erfahren hatte. Es würde wohl eine lange Fahrt nach Hause werden.
    „Möchtest du, dass ich sie für dich ins Auto trage?“ Trevor betrachtete noch immer die schlafende Haley. Gerade murmelte sie Unverständliches und drehte sich auf den Bauch. Die Polsterung der Bank quietschte leise, als sie kurz mit den Füßen strampelte und wieder in Schlaf fiel.
    „Ist schon gut“, sagte Annabelle. „Ich habe hier noch ein paar Dinge zu erledigen. Rain und ich haben etwas getrunken. Ich glaube, ich werde

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