Nachtruf (German Edition)
Telefon in den letzten achtundvierzig Stunden noch mal verwendet worden ist.“
Sie hatte am Telefon ihrer toten Patientin mit dem Killer gesprochen. Rain zog ihr Sweatshirt enger um sich, während sie diese Erkenntnis verarbeitete. „Er sagte, er hätte mich heute Nachmittag nicht angegriffen. Lügt er?“
„Wenn er es nicht war, der dich überfallen hat, dann würde das einige Dinge erklären. Wie zum Beispiel, warum der Täter kein Messer bei sich hatte.“
Und warum ich noch am Leben bin, dachte Rain. Die Ereignisse des Tages drangen auf sie ein, und sie schluchzte leise auf. Er hatte sie Desiree genannt. Es war noch lange nicht vorbei.
Sie spürte Trevors Hände auf ihren Armen, als er sie sanft von ihrem Stuhl zog. Rain erhob sich und lehnte sich an seine Brust.
„Die Sendung ist noch nicht zu Ende“, flüsterte sie.
„Für dich schon. Ich bringe dich jetzt hier raus.“
24. KAPITEL
Jedes Mal, wenn der Taurus eine Straßenlaterne im Lower Garden District passierte, wurde der Wagen von mattem Licht erleuchtet, bevor er rasch wieder in Dunkelheit getaucht wurde. Der Wechsel von Licht und Dunkel erinnerte Rain an eine Kamerablende, an das schnelle Klicken, wenn ein Fotograf versuchte, ihre Emotionen einzufangen. Doch das ging nicht mehr – sie war nur noch eine leere Hülle, ohne jedes Gefühl. Die Ereignisse des Tages hatten sie wie betäubt zurückgelassen.
„Alles in Ordnung mit dir?“
Trevor beobachtete sie vom Fahrersitz aus. Rain nickte als Antwort auf seine Frage und blickte weiterhin starr auf die Straße. Sie hatte darauf bestanden, nach Hause zurückzukehren, bevor die schlimme Erinnerung an den Überfall es ihr unmöglich machte. Stumm saß sie da und hörte zu, wie Trevor sich per Handy erkundigte, ob die Kriminaltechniker mit der Arbeit am Tatort fertig waren.
Der Tatort.
Der Ausdruck geisterte in ihrem Kopf herum, während der Wagen an dem dunklen Wäldchen beim Coliseum Square vorbeifuhr. Als sie das Haus erreichten, parkte Trevor am Straßenrand. Die Kriminaltechniker hatten Wort gehalten und das Haus offenbar verlassen. Es waren keine Vans oder Techniker in Overalls mehr zu sehen. Aber als sie die Stufen zur Veranda hochstiegen, bemerkte Rain durch das Fenster einen Polizisten in Uniform, der auf dem Chintz-Sofa im Wohnzimmer saß. Er war groß und wirkte auf dem dezenten Blumenmuster und den gestreiften Dekokissen vollkommen fehl am Platz. Als er sie hörte, stand der Officer auf und begrüßte sie an der Tür. Rain erwiderte seinen Gruß nur mit einem schwachen Lächeln. Unwillkürlich wanderte ihr Blick zu dem Punkt am Fuße der Treppe, wo sie nur einige Stunden zuvor sicher gewesen war, sterben zu müssen.
Sie ließ Trevor und den Officer im Gespräch zurück undflüchtete die Treppe hinauf. Im Schlafzimmer betrachtete Rain ihr Bild in dem ovalen Spiegel über der antiken Kommode. Ihre Haare, die kraftlos herunterhingen, bildeten den passenden Rahmen für ihre rot geränderten Augen und das bleiche Gesicht. Sie hob eine Hand und berührte die bläulichen Flecke an ihrem Hals.
Wenn ich deinen hübschen Hals hätte durchschneiden wollen, hätte ich das mittlerweile schon ein Dutzend Mal tun können.
Rain ging nach nebenan ins Badezimmer und drehte die Dusche auf. Ihre Kleider warf sie auf einen Haufen auf den Boden. Dann trat sie in den aufsteigenden Dampf. Sie drückte die Stirn gegen die kalten Fliesen der Duschkabine und ließ die Wasserstrahlen auf ihre schmerzenden Muskeln prasseln.
Er hatte sie Desiree genannt. Ein Verrückter, besessen von einer Sängerin, die seit dreißig Jahren tot war, hatte von ihrem Leben Besitz ergriffen. Rain blieb unter der Dusche stehen, bis ihre Fingerkuppen runzelig waren. Sie hatte gerade den Gürtel ihres Bademantels festgezogen, als sie ein Klopfen an der Badezimmertür vernahm. Draußen vor dem Haus startete ein Auto und fuhr davon.
„Rain? Ich bin es.“
Sie rief Trevor zu, er solle hereinkommen. Wie sie wusste, hatte er in einem Stoffbeutel, den er immer im Kofferraum seines Wagens hatte, frische Kleider. Doch er hatte sich augenscheinlich noch nicht umgezogen. Stattdessen war die Krawatte, die locker um seinen Nacken gehangen hatte, verschwunden, und sein blaues Hemd hatte er aus der dunklen Stoffhose gezogen. Seine Dienstwaffe jedoch steckte noch immer im Holster an seinem Gürtel.
„Officer Dumas war froh, dass er zu seiner Frau nach Hause fahren kann“, sagte er ruhig. „Ich habe ihm gesagt, ich würde seinen
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