Nachtruf (German Edition)
steckte den Kopf ins Büro. „David, ich habe hier den neuesten Entwurf der Pressemitteilung. Ich habe die Marketingabteilung noch mal meine Biografie überarbeiten lassen, wie du gesagt hast.“
Sie stolzierte in den Raum und übergab ihm mehrere Blätter Papier, dann massierte sie seine Schultern, während er den Text durchlas. Ella trug ein schulterfreies Top und eine tief auf den Hüften sitzende Hose. Dazu hatte sie metallisch glänzende Sandalen an den Füßen. Sie warf Trevor ein Haifischlächeln zu.
„Ich übernehme die Moderation für Rain“, verkündete sie. „Haben Sie schon gehört? Sie hat heute Morgen gekündigt. Das arme Ding ist zu traumatisiert, um mit der Sendung weiterzumachen. Es sieht so aus, als ob ich von jetzt an mit Dante plaudern würde, Agent Rivette.“
Trevor starrte sie an. „Sie glauben doch nicht etwa wirklich, dass er mit Ihnen sprechen wird, oder?“
Ella wirkte verwirrt.
„Nimm die Pressemitteilung mit zurück ins Marketing, und sag ihnen, sie ist gut so“, wies David sie an. „Sorg dafür, dass sie das noch vor dem Mittagessen veröffentlichen.“ Er wartete, bis sie das Büro verlassen hatte, bevor er wieder das Wort ergriff. „Ich mag Rain sehr. Darum habe ich sie auch drei Monate vor dem Ende aus dem Vertrag gelassen, ohne ihren kleinen Arsch zu verklagen.“
„Lassen Sie mich raten“, sagte Trevor. „Sie werden die Medienaufmerksamkeit dafür nutzen, um Ella als neue Moderatorin von Midnight Confessions bekannt zu geben.“
„Ich bin nun mal ein Überlebenskünstler. Ich werde mich nicht dafür entschuldigen.“
Trevor trat ein Stück vor. „Hören Sie mir gut zu. Sie haben diese Ermittlungen vermasselt. Wenn ich tatsächlich hören sollte, dass Ella den Namen Dante in der Sendung erwähnt, werde ich mir vom Gericht eine einstweilige Verfügung beschaffen. Sie können nach Pressefreiheit schreien, so viel Sie wollen, aber es wird Wochen dauern, um die Verfügung aufzuheben. Zeit, in der Ihre kostbare Sendung nicht ausgestrahlt werden wird.“
Er steuerte in Richtung Tür, als Davids Worte ihn aufhielten. „Sie vögeln sie, habe ich recht?“
Trevor drehte sich um und sah den anderen Mann an. David hatte ein schmallippiges Lächeln aufgesetzt.
„Sie ist süß, oder?“ Er hob seine Augenbrauen. „Ein bisschen zu klein für meinen Geschmack, doch dafür ist sie angenehm eng, wo …“
Trevor war kaum bewusst, dass er sich bewegte. Er packte David am Hemdkragen und drängte ihn gegen die Wand. Den Unterarm drückte er fest auf Davids Hals. David keuchte und rang nach Luft. Sekunden verstrichen, bevor Trevor ihn losließ und zur Seite stieß. David stand da, fasste sich an den Hals, ging in die Knie und setzte sich auf den Boden. Tränen quollen aus seinen Augenwinkeln.
Und dann begann er zu lachen.
Trevor atmete scharf aus. Er war bestürzt über seine eigene heftige Reaktion. Die Farben des Raumes schienen ineinanderzulaufen, Metallgrau und Rotbraun trafen mit dem blassen Hellbeige an den Wänden und im Teppich zusammen. Leise vor sich hin fluchend, verschwand er aus dem Büro.
27. KAPITEL
Rain setzte die Brille ab, die sie bei der Arbeit am Computer getragen hatte, und starrte aus dem Bürofenster. Über der Ziegelmauer, die den Hinterhof des Hauses umgab, war ein Stück Himmel zu sehen. Es dämmerte bereits, und die Glühwürmchen bildeten kleine Lichtpunkte in der heraufziehenden Nacht.
Ungeachtet der friedlichen Kulisse war Rains Stimmung am Ende dieses Tages alles andere als gelassen. Obwohl die Übertragungswagen vom Fernsehen draußen verschwunden waren, hatte sie noch immer das Gefühl, ein Reporter oder ein Kameramann könnte jederzeit aus irgendeiner Ecke des Hauses auf sie zugesprungen kommen. Zwei von ihren drei Patienten hatten wegen der Medienaufmerksamkeit an diesem Tag ebenfalls abgesagt. Auf dem Computerbildschirm vor ihr war der unvollständige Text eines Selbsthilfeartikels zu lesen, den sie für ein Lifestylemagazin schreiben sollte. Aber sie konnte keinen einzigen Satz mehr zusammenbringen.
Stimmen drangen aus der Diele. Sie drehte sich um und erblickte Trevor, der Officer Arseneau zur Eingangstür brachte. Er war vor wenigen Minuten angekommen. Nur kurz hatten sich ihre Blicke getroffen, bevor er mit dem Polizisten in der Küche verschwunden war. Trevor schloss die Tür und verriegelte sie, sobald der Officer gegangen war.
„Ich habe dich bei der Pressekonferenz gesehen“, sagte sie, als er in ihr Büro kam. „Es war im
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