Nachtruf (German Edition)
hereinspaziert, als ob ihm das Haus hier gehören würde.“ Der Officer hängte die Handschellen wieder an seinen Gürtel und legte seine rechte Hand auf die Waffe im Holster. „Er hat das Schloss aufgehebelt. Ich habe ihn dabei erwischt, wie er versucht hat, die Alarmanlage abzustellen, die losgegangen war. Der Junge hat Glück, dass ich ihn nicht erschossen habe.“
„Sie haben Glück, wenn ich Sie wegen dieses polizeilichen Übergriffs nicht verklage!“ Oliver stand vom Boden auf. Sein schwarzes Haar hing ihm in die Augen, und sein Mund bildete einen grimmigen Strich. Er schob die langen Ärmel seines schwarzen T-Shirts bis zu den Ellbogen hoch, die durch die Reibung am Teppich gerötet waren.
Rain ging zu ihm. Körperlich war Oliver nicht verletzt, aber er war sichtlich in seinem Stolz gekränkt. Sein Gesicht war fast noch blutärmer und bleicher als für gewöhnlich. In seinen Augenlag ein glasiger Schimmer.
„Was, zum Teufel, macht der denn hier?“, herrschte Oliver sie an.
„Gestern ist jemand in mein Haus eingebrochen.“ Rain sah ihn prüfend an. „Geht es dir gut?“
„Ich musste Sie sehen.“ Er zupfte an seinen fettigen Haaren. Mit einem wütenden Blick auf den Officer fügte er hinzu: „Allein.“
Sie streckte die Hand aus. „Lass uns in mein Büro gehen.“
„Das ist keine gute Idee, Ma’am.“ Officer Arseneau packte Oliver am Kragen. „Dieses Bürschchen hier ist total high. Außerdem hat er gerade einen Polizisten angegriffen. Ich wette mit Ihnen, dass er Rauschgift bei sich hat. Na, Söhnchen, willst du mal deine Taschen für mich ausräumen?“
Oliver riss sich los. „Fick dich, ich brauche diesen Mist nicht!“
„Oliver, bitte …“
Der Junge zeigte Officer Arseneau den Mittelfinger und stürmte zur Tür hinaus. Rain folgte ihm auf die Veranda und rief hinter ihm her, als er die Stufen hinuntersprang. Doch das Nachrichtenteam auf der anderen Straßenseite wurde sofort hellhörig und verhinderte, dass sie weiterlief. Geschlagen ging sie zurück ins Haus.
Die Reporter an der Rezeption von WNOR riefen seinen Namen, aber Trevor ignorierte sie, als er an ihnen vorbeieilte. Eine Pressekonferenz war für den Mittag angesetzt. Einbezogen waren das örtliche FBI, das NOPD und das Büro des Bezirksstaatsanwalts. Die Bluthunde von der Presse konnten bis dahin warten, um ihn mit ihren Fragen zu bombardieren.
Im Flur vor Davids Büro lief Ella ihm über den Weg. „Hier können Sie nicht rein.“
Er ignorierte auch sie, hastete an ihr vorbei und knallte die Tür hinter sich zu. David telefonierte, hatte die Füße auf den Schreibtisch gelegt und sich in dem ledernen Chefsessel zurückgelehnt. Trevors Erscheinen schien ihn nicht zu überraschen.
In aller Ruhe sprach er weiter mit demjenigen, der am anderen Ende der Leitung war.
Trevor bückte sich und riss mit einem Ruck das Telefonkabel aus der Wand. Abrupt schwang David die Beine vom Schreibtisch. Er blickte Trevor finster an.
„Haben Sie irgendeine Ahnung, mit wem ich da gesprochen habe?“
„Das ist mir vollkommen egal. Ich weiß, dass Sie die Story an die Presse weitergegeben haben, D’Alba. Ich habe bereits mit dem Reporter von der Times-Picayune gesprochen. Er behauptet, seine Quelle wäre anonym. Allerdings besitzt der Kerl Kopien von den Sendungen, bei denen Dante angerufen hat. Niemand sonst kann ihm das Material gegeben haben.“
David zuckte unschuldig mit den Schultern. „Ich gebe ständig Mitschnitte nach draußen. Das ist ein gutes Geschäft.“
„Und der Überfall auf Rain? Ich schätze, Sie sagen gleich, Sie hätten ihn darüber nicht informiert.“
David erhob sich und ging auf die andere Seite des Schreibtischs. Mit einem selbstgefälligen Grinsen ließ er sich auf einer Ecke nieder und verschränkte die Arme vor der Brust. „Lassen Sie es mich mal so sagen: Ich habe der Presse einen Tipp gegeben. Als Rundfunkmedium ist WNOR frei von Vorzensur. Ich habe nichts Falsches getan. Ich helfe nur dabei, Nachrichten zu verbreiten.“
„Wissen Sie, was Sie da machen? Sie gefährden die Suche nach einem Serienmörder – und das alles wegen ein bisschen Publicity“, knurrte Trevor. „Aller Wahrscheinlichkeit nach wird sich der Unbekannte hier nicht wieder melden. Eine der besten Spuren, die wir hatten, ist damit wertlos geworden …“
„Es ist nicht meine Schuld, wenn Sie nicht in der Lage sind, Ihren Job zu machen und den Mistkerl zu fangen, Rivette.“
Ein Klopfen an der Tür unterbrach sie. Ella
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