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Nachts auf der Hexeninsel (German Edition)

Nachts auf der Hexeninsel (German Edition)

Titel: Nachts auf der Hexeninsel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Earl Warren
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atmete tief durch. Ihre Beklemmung wich.
    Die Sonne schien. Wolken trieben wie Wattebäusche am tiefblauen Himmel. Im Park, der das Haus umgab, zwitscherten die Vögel. Letitia sah Fischkutter vor der Küste und musste an Angus denken, der jetzt hoffentlich seiner Arbeit nachging.
    Die Gegend war schön. Strandhafer wehte im Wind, und die Seevögel an der Küste kreischten. Rein äußerlich schien die Welt hier völlig in Ordnung zu sein.
     
    *
    Letitia ging hinunter und schlenderte durch das Haus. Es war altmodisch eingerichtet, Letitia fiel auf, dass es hier keinerlei christliche Symbole gab. Dafür, wenn auch versteckt und nicht auf den ersten Blick erkennbar, allerlei teuflische. Da war eine Teufelsfratze in einem Buntglasfenster zu sehen. Den Türklopfer und die Statuen in der Halle, die zwischen den hohen Farnen und Zimmerpalmen standen, hatte Letitia schon bei ihrer Ankunft bemerkt.
    Auf einem Bild wurde ein Hexensabbat im Wald dargestellt. Nackte oder spärlich bekleidete Hexen tanzten um einen Altarstein, auf dem eine schattenhafte Gestalt mit glühenden Augen stand. Im Hintergrund standen drei Männer scheu und geduckt. Wölfe mit glühenden Augen lugten zwischen den Bäumen hervor.
    Letitia versuchte, als niemand in der Nähe war, in den Keller zu gelangen. Doch die Tür war abgeschlossen. Daraufhin verließ Letitia das Haus. Sie wusste, dass außer der alten Helen noch einige Morton-Frauen mit ihren Männern hier wohnten. Es war Letitia aber nicht klar, ob sie ständig hier lebten oder sich nur vorübergehend einquartiert hatten.
    Kinder gab es in dem Haus keine. Letitia hatte bisher überhaupt noch keine Morton-Kinder gesehen, was sie bei einem so großen Clan wunderte.
    Da sie nicht in den Keller gelangen konnte, wendete Letitia sich zum Hintereingang. Dort blieb sie stehen und lauschte. In dem großen Haus war nur wenig zu hören. Letitia vernahm undeutlich die Stimme eines Dienstmädchens, das etwas fragte. Danach schlug eine Tür zu.
    Die Klänge eines Klaviers ertönten im ändern Flügel des Hauses, verstummten jedoch, als eine Zwischentür geschlossen wurde. In London gab es starke Lebensimpulse. Man spürte, dass dort Menschen tätig waren, es herrschte immer Betrieb. Hier war die Atmosphäre verschlafen und ruhig, zugleich aber auch lastend und irgendwie bedrohlich.
    Letitia wurde von einem Unbehagen erfüllt, das sie nicht verlassen wollte.
    Die Hintertür war unverschlossen. Letitia ging in den Park hinaus. Die Büsche und Bäume waren ziemlich ungepflegt. Zwischen den Blumen wuchs Unkraut. Der Rasen war verwildert. Letitia schritt einen Weg mit geborstenen Steinplatten entlang und kam an einem trübe schillernden Teich mit Seerosen vorbei.
    Sie gelangte im Schatten hoher Bäume zu einem runden Säulentempel. Er war klein und hatte ein Kuppeldach, das eine gewundene, klauenartige Hand krönte. Sie bestand aus Metall und war von Grünspan überzogen. Das Tempelchen hatte etwas Bedrohliches an sich.
    Von hier hatte das unheimliche grüne Licht geflackert und war die Litanei zum Satan erklungen. Letitias Herz klopfte heftig, als sie sich diesem Teufelstempel näherte, denn nichts anderes konnte es sein. Ein schmiedeeisernes Gittertor versperrte den Eingang des Tempels, der auf einem niederen Sockel stand.
    Letitia ging zu dem Tor und spähte hindurch. Drinnen herrschte Halbdunkel. Letitia sah einen Mittelgang, zu dessen beiden Seiten Bänke standen, ähnlich wie in einer Kapelle. Im Hintergrund war der Altar, den Letitia zunächst nicht zu erkennen vermochte, bevor sich ihre Augen nicht an das Zwielicht gewöhnt hatten.
    Zuerst sah Letitia die zwei Feuerbecken zu beiden Seiten des Altars. Dort musste ein besonderes Feuer gebrannt haben, das jenes unheimliche Licht erzeugte. Der Altarstein war mit schwarzen und roten Tüchern belegt. Direkt hinter dem Altar befand sich eine Nische. In ihr hockte, mit dem dunklen Hintergrund verschmelzend, eine scheußliche geflügelte Gestalt mit Hörnern, Fratzengesicht und einem Körper, der halb der eines Menschen und halb der eines Bockes war. Die Gestalt hielt einen Dreizack in der Linken, streckte die Rechte dem Betrachter entgegen und war geflügelt.
    Letitia starrte sie an und bekreuzigte sich. Sie trug ihr silbernes Kreuz unterm Kleid und fasste daran, wie um einen Halt zu haben.
    »O Gott!«, flüsterte sie. Sie stand vor einem Teufelsaltar. Die Morton-Frauen beteten tatsächlich den Leibhaftigen an, er war noch grässlicher, als Letitia ihn sich

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