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Nachts auf der Hexeninsel (German Edition)

Nachts auf der Hexeninsel (German Edition)

Titel: Nachts auf der Hexeninsel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Earl Warren
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Ihnen.«
    »Wie könnte ich denn! Einerseits bin ich untröstlich, dass mir das passiert ist, andererseits freue ich mich, denn so habe ich Ihre Bekanntschaft gemacht, Miss Cabell. Zum Joggen habe ich heute keine Lust mehr. Wie geht es Ihrem Kopf?«
    »Er brummt.«
    Auf dem Weg zu Trents Haus erfuhr Letitia, dass er einer von drei Lehrkräften an der Haupt- und einzigen Schule in Stornoway war. Trent hatte gleich drei Klassen zu unterrichten, nämlich die mittleren. Er stammte aus Devonshire, war noch nicht lange im Lehramt und nach Stornoway versetzt worden.
    »Heutzutage muss man froh sein, wenn man überhaupt in den Lehrdienst übernommen wird und eine Stelle erhält. Ich stand vor der Wahl, entweder ein arbeitsloser Lehrer zu sein, oder nach Stornoway zu gehen. Da habe ich Stornoway gewählt. Jetzt bin ich seit anderthalb Jahren da.«
    »Wie kommen Sie denn mit den Kindern zurecht?«
    »Mit denen gut, mit den Erwachsenen weniger gut. Das ist ein verbohrter, ganz eigenwilliger, hinterwäldlerischer Menschenschlag hier. Die meisten sprechen nur Gälisch. Von meiner schottischen Großmutter her konnte ich einigermaßen Gälisch. Den Rest musste ich mir aneignen, sonst hätte ich hier überhaupt nicht unterrichten können. Mein Kollege und meine Kollegin sind Hiesige. Sie sind auf der Insel geboren, sie werden auch hier sterben. Ihr Horizont endet hinter den Schären dort vor der Küste. Sagen Sie mal, rede ich Ihnen zu viel, Miss Cabell?«
    »Überhaupt nicht.«
    »Ich bin froh, mal ein Londoner Mädel hier zu treffen. Die Mädchen in Stornoway stehen alle unter der Fuchtel der alten Helen, Ihrer Urgroßtante. Ich will Sie und die alte Dame ja nicht beleidigen, aber das ist ein Drachen, das kann ich Ihnen sagen. Jeder in Stornoway und auf der ganzen Insel hat eine Todesangst vor ihr. Ohne die Mortons läuft hier überhaupt nichts. Was eigentlich vorgeht, da blicke ich nicht durch. Aber die Morton-Frauen, allen voran die alte Helen, sind die Macht auf der Insel.«
    Während Trent erzählte, hatten sie das Häuschen am Dorfrand erreicht, das er für billiges Geld bewohnte. Aus Backsteinen gemauert, mit einem Reetdach und grünen Fensterläden, sah das Häuschen sehr freundlich aus. Es besaß auch einen kleinen, nicht sonderlich gepflegten Vorgarten und einen Gemüsegarten.
    »Sie joggen wohl lieber, als Gartenarbeit zu erledigen?«
    »Ich treibe gern Sport. Irgendwas muss ich anfangen, damit ich abends müde bin. Mit der Schule allein bin ich nicht ausgelastet. Sonstige Abwechslung und Unterhaltung gibt es nicht. In Stornoway ist nicht mal ein Kino vorhanden. In den Pubs hocken die Einheimischen unter sich. Außerdem bin ich kein Kneipengänger. Den ganzen Tag lesen kann ich auch nicht.
    Reiten könnte ich, aber für ein eigenes Pferd reicht mein Lehrergehalt nicht.«
    »Dann sind Sie schlecht dran.«
    Trent stellte Letitias Fahrrad ab und öffnete ihr die Haustür. Sie war nicht abgeschlossen gewesen. In Stornoway hatte man keine Angst vor Dieben.
    Die Kanalisation ließ in Stornoway noch sehr zu wünschen übrig.
    Letitia fand Robert Trents Haus sauberer, als sie nach dem Anblick des Gartens erwartet hatte. Das Haus hatte drei Kammern im Erdgeschoß und zwei oben. Trent bat Letitia in sein Wohnzimmer, das teils rustikal und teils auf eine freche Art modern eingerichtet war. Sportpokale standen auf dem Schrank und füllten einen ganzen Bord.
    »Sie müssen ja ein Supersportler sein, Mr. Trent.«
    »Nennen Sie mich Robert. Das Zeugs sieht nach mehr aus, als es ist. Über den dritten Platz im Fünfkampf bei den Britischen Meisterschaften bin ich nie hinausgekommen.«
    »Aber das ist doch eine enorme Leistung. Ich habe in der Schule Volleyball gespielt und schwimme gem.«
    »Na prima. Was treiben Sie denn sonst noch alles? Erzählen Sie mir mehr von sich. Ich habe genug geredet. Aber zuerst möchte ich Ihnen etwas anbieten.«
    Letitia entschied sich für Tee. Sie plauderte und erwähnte den Tod ihrer Mutter, zu dem Robert Trent ihr sein herzliches Beileid aussprach, und dass sie zum ersten Mal bei ihren Verwandten in Stornoway zu Besuch war. Robert hantierte inzwischen in seiner Küche, die zu eng war, als dass zwei Personen sich dort hätten bewegen können.
    Als er den Tee brachte, fragte er:
    »Dann hatten Sie vorher noch nie Kontakt zu Ihren Verwandten in Stornoway?«
    »Nein.«
    »Das ist aber merkwürdig. Gab es einen besonderen Grund dafür, dass Ihre Mutter ihn vermied?«
    »Eine alte

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