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Nachts auf der Hexeninsel (German Edition)

Nachts auf der Hexeninsel (German Edition)

Titel: Nachts auf der Hexeninsel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Earl Warren
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Miss.«
    »Ich will nicht getragen werden. Es genügt, wenn ich gestützt werde.«
    Die Männer stützten Letitia teils, teils trugen sie sie über schwieriges Gelände.
    Sie flehte und bettelte nicht, sie unterdrückte auch ihre Tränen. Sie war zu stolz zum Jammern. Die Männer und Frauen, denen sich weitere anschlössen, brachten Letitia über die Dünen zurück, der wartenden Kutsche entgegen.
    Als sie Letitia die letzte Düne vorm Hafen hinuntertrugen, sah Letitia Peter Trent im Hintergrund in der Menge stehen. Letitia richtete sich auf und winkte. Peter war ihre letzte Hoffnung.
    »Peter! Bitte, hilf mir, ich werde verschleppt! Jetzt siehst du, dass ich dir die Wahrheit erzählt habe! Rette mich!«
    Peter drängte sich vor.
    »Letitia!«, schrie er. Und: »Lasst sie los!«
    Da packten ihn mehrere Männer. Man trat ihm in den Weg. Ein Knäuel bildete sich um Peter. Damit verlor Letitia ihn aus den Augen. Sie wurde zur Kutsche getragen, weil sie sich jetzt wieder erbittert sträubte und sogar einen der Männer, die sie schleppten, in die Hand biss.
    Daraufhin umklammerten harte Fäuste Letitia, dass sie sich nicht mehr zu rühren vermochte. Aus der Ferne hörte sie erregte Stimmen. Sie erkannte die von Peter Trent, der nun offenbar auch in Bedrängnis geraten war und trotz der Überzahl seiner Gegner, zu Letitia zu gelangen versuchte.
    Die übrigen Stornowayer, soweit sie nicht mit Peter beschäftigt waren, schwiegen. Sie sahen zu, wie Letitia zur Kutsche gebracht wurde. Ann und die drei anderen Morton-Frauen intonierten eine Litanei, in der immer wieder der Name Satans vorkam.
    Sie verstummten, als Letitia vor sie gebracht wurde. Man stellte Letitia unsanft auf die Füße. Ihr Knöchel knickte ein, doch Letitia blieb auf den Füßen, weil kräftige Hände sie hielten und stützten.
    Ann schaute sie triumphierend an. Sie tätschelte Letitias Wange. Letitia war verschwitzt und zerzaust. In ihrem Kleid klaffte ein langer Riss. Wirr hingen ihr die Haare ins Gesicht.
    »Warum wolltest du uns denn schon verlassen,. Letty?« fragte Ann höhnisch. »Und auch noch ohne ein Wort zu sagen. Das ist aber nicht die feine Art. Jetzt besuchen wir zuerst einmal das Trauerhaus, in dem Angus liegt, dann geht es zurück zu Helen. Du hast bald eine wichtige Verabredung, Letty.«
    »Mit wem?«
    »Das wirst du schon sehen.«
    Ann gab Kommandos auf Gälisch. Man fesselte Letitia die Hände mit Lederschnüren auf den Rücken. Dann wurde sie gezwungen, in die Kutsche zu steigen. Die vier Morton-Frauen setzten sich zu ihr. Kurz darauf zogen die Rappen an.
     
    *
    Nachdem Letitia fortgeradelt war, hatte Peter lange über ihre Erzählung nachgegrübelt. Sie erschien ihm zwar noch immer reichlich phantastisch, doch manches ergab einen Sinn und stimmte mit Beobachtungen und Erfahrungen überein, die er in Stornoway gemacht hatte. Längst wusste er, dass sich alle Einwohner Stornoways und der Umgebung vor dem Morton-Clan duckten. Die Morton-Frauen hatten das Sagen. Ihr Oberhaupt war die alte Helen, eine geheimnisumwitterte Person, die Peter in den anderthalb Jahren seines Aufenthalts nur einmal von weitem gesehen hatte.
    Doch Helens Einfluss war überall gegenwärtig. Peter hatte sich schon oft gefragt, was dahintersteckte. Der Reichtum der Mortons allein konnte es nicht sein. Es musste etwas geben, womit die Mortons ihrer Umgebung Angst einjagten.
    Sollten sie tatsächlich den Teufel anbeten? fragte sich Peter. Und wenn es so war, erlangten sie dadurch besondere Fähigkeiten und eine Macht, die andere nicht hatten? Peter war ein aufgeklärter junger Mann. Einen herumgeisternden Satan, der seine Anhänger mit besonderen Kräften ausstattete, erschien ihm schlichtweg unglaubhaft.
    Und dass er sich sogar leiblich in einem Tempel auf dem Grundstück der Morton-Villa aufhielt, sprach und Zeichen gab, war vollends unwahrscheinlich. Trotzdem blieb Peter ein vager Zweifel. Zumindest gedachte er das zu überprüfen, was ihm Letitia »erzählt hatte. Noch mehr lag ihm allerdings am Herzen, Letitia wiederzusehen, sich bei ihr zu entschuldigen und mit ihr zu sprechen.
    Peter verließ sein Haus und machte sich auf die Suche nach Letitia. Obwohl Stornoway ein Dorf War, konnte man dort doch aneinander vorbeilaufen. Zudem wurde Peter von Einheimischen, die er fragte, und selbst von seinen Schulkindern absichtlich in die falsche Richtung geschickt.
    Man hielt ihn auch mit allerlei Belanglosigkeiten und Fragen auf. Als die Totenglocke zu läuten anfing, hörte

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