Nachts auf der Hexeninsel (German Edition)
Peter, dass Angus Morton plötzlich verstorben sei. Das schockierte Peter, denn er hatte mit Angus einen guten Kontakt gehabt. Angus war einer der wenigen Aufgeschlossenen in Stornoway gewesen.
Peter ging dann zum Hafen, denn die Abfahrtszeit für das Fährschiff näherte sich. Letitia würde wohl schon an der Anlegestelle sein.
Dann hörte Peter Hufgetrappel und Räderrollen auf der Hauptstraße. Das konnte nur die Kutsche sein, in der die Mortons hochherrschaftlich daherfuhren. Peter eilte zur Hauptstraße. Erstaunt sah er, dass überall die Menschen aus den Häusern traten, während die Totenglocke fortwährend bimmelte.
Die Kutsche fuhr zum Hafen. Peter sah ihre Rückseite und erblickte den schwankenden Teufelsschädel über der Kutsche. Wie vom Donner gerührt blieb er stehen. Der Teufelskopf war auch von hinten unverkennbar. Also stimmte es doch, was Letitia erzählt hatte, dass die Mortons Teufelsanbeter waren.
Peter folgte mit vielen anderen Einwohnern Stornoways der Kutsche. Als er zum Hafen gelangte, merkte er, dass etwas im Gang war. Er konnte Letitia nirgends erblicken. Die Umstehenden schwiegen nur oder zuckten die Achseln, wenn er sie fragte. Dann wurde Letitia von den Dünen gebracht und zur Kutsche geschleppt.
Eine eisige Hand fasste nach Peters Herz. Da hatte er anderthalb Jahre in Stornoway gelebt und wusste im Grunde doch nichts von dem, was hier vorging.
»Das könnt ihr doch nicht zulassen!«, stachelte Peter die Umstehenden auf. »Das ist ein Verbrechen. Was soll mit dem Mädchen geschehen?«
»Besser, Sie mischen sich da nicht ein«, ermahnte man ihn.
»Aber das ist doch der Kopf des Teufels da über der Kutsche!«, rief Peter. »Seid ihr Satansverehrer? Schämt euch!«
Letitia schrie um Hilfe. Als Peter sich zu ihr durchdrängen wollte, bekam er es mit mehreren Stornowayer Männern zu tun. Sie wollten ihn festhalten. Peter riss sich los. Ein Handgemenge begann.
Peter empörte sich.
»Ihr verdammten Teufelsknechte!«, schimpfte er. »Fahrt doch zur Hölle, wenn euch der Satan so sympathisch ist! Ich werde nicht zulassen, dass dem Mädchen ein Leid geschieht.«
Da spürte Peter hinterrücks einen Schlag auf den Kopf, und im nächsten Moment sank er bewusstlos zu Boden. Seine Gegner umstanden ihn.
»Du hättest nicht so hart zuschlagen sollen«, sagte einer zu dem bärtigen Mann, der mit einem Rundholz zugehauen hatte. »Hoffentlich hast du ihm nicht den Schädel eingeschlagen.«
»Was sollte ich denn machen?« fragte der Bärtige. Er war nicht mehr jung. »Wir können uns keinen Ärger mit den Mortons erlauben. Ihr wisst doch, was auf dem Spiel steht. Dass dieser Narr sich auch einmischen musste.«
»Was sollen wir mit ihm anfangen?«
»Schleift ihn zur Seite und lasst ihn liegen.«
*
Es dauerte eine ganze Weile, bis Peter wieder zu sich kam. Er hatte starke Kopfschmerzen und konnte sich zunächst nicht erinnern. Mühsam öffnete er die Augen. Das Sonnenlicht schmerzte. Peter merkte, dass er unter einem auf Blöcken ruhenden Fischerboot im Sand lag.
Er überlegte, wie er hierherkam, und dann kehrte die Erinnerung schlagartig zurück. Peter war allein. Er kroch stöhnend unter dem Boot hervor. Hafen und Strand lagen verlassen. Peter betastete seinen Kopf und entdeckte eine Beule, von der ein Blutgerinnsel in seine Haare gesickert war.
Alles drehte sich um Peter, als er aufzustehen versuchte. Erst beim dritten Versuch glückte es ihm. Doch er musste sich an dem Boot abstützen. Er atmete tief durch. Die Übelkeit war abscheulich, die Kopfschmerzen quälend. Peter vermutete, dass er eine Gehirnerschütterung hatte.
Doch darauf konnte er keine Rücksicht nehmen. Er musste feststellen, wohin Letitia gebracht worden war, und alles daransetzen, sie zu retten. Die Kutsche war abgefahren, die Einwohner Stornoways in ihr Dorf zurückgekehrt. Keiner ließ sich blicken.
Nur die Möwen flogen kreischend über den einsamen Mann hinweg. Die Totenglocke war längst verstummt.
Peter sah das Fährschiff mit den zwei Decks, über denen die Brücke emporragte, sich entfernen. Daran erkannte er, dass er weit über eine Stunde bewusstlos gewesen war. Damit entschwand auch die Hoffnung, von dem Kapitän und der Besatzung des Fährschiffs Hilfe zu erhalten.
Pech, dachte Peter. Er überlegte, was er unternehmen sollte, und beschloss, zum Konstabler zu gehen und Anzeige zu erstatten. Trotz erwachte in Peter. Mit dem, was sie getan hatten, würden die Mortons nicht durchkommen. Er wollte es
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