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Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition)

Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition)

Titel: Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriela Gwisdek
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ihre Art zu scherzen war schließlich auch nicht jedermanns Sache. Missmutig ließ Alexandra das Rad fallen und setzte sich auf einen Baumstumpf. Ihren ersten Tag hatte sie sich wahrlich anders vorgestellt!
    Eine halbe Stunde später hatte Alexandra ihr Haus wiedergefunden und begutachtete nun kritisch das verwilderte Grundstück. Bei Licht besehen wirkte es noch trostloser, als sie es sich bei ihrer Ankunft vorgestellt hatte. Das Wohnhaus selbst war zwar halbwegs instand, aber das Nebengebäude, eine Art Scheune, würde wohl schon beim Öffnen der schief hängenden Holztür in sich zusammenfallen. Der Baumbestand aus alten Eichen und Birken war recht ansehnlich, und es gab zu Alexandras Freude mehr Obstbäume, als sie vermutet hatte. Nur die Sonne, die zu dieser Jahreszeit nicht mehr allzu hoch stand, hatte wenig Chancen, zum Hausinneren vorzudringen.Dazu war der Kiefernwald, der das Grundstück umschloss, einfach zu hoch. Vom erhofften weiten Blick über das Land musste sie sich wohl oder übel verabschieden. Alexandra bahnte sich mühevoll einen Weg durch das meterhohe Gras, wobei sie immer wieder über unsichtbare Hindernisse stolperte. Die Natur hatte sich Stück für Stück ihren Platz zurückerobert und weit verstreutes Gerümpel einfach überwuchert.
    Inzwischen war sie auf der Rückseite des Hauses angelangt. Auch hier türmte sich der Unrat etlicher Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte. Alexandra erkannte schon aus der Entfernung die Überreste eines ehemals himmelblauen Trabants. Auch dieses Glanzstück der ostdeutschen Autoindustrie hatte der Natur nicht widerstanden und diente jetzt einer knapp drei Meter hohen Birke als Blumentopf. Kurzerhand kletterte sie auf das Autodach und verschaffte sich so einen besseren Überblick. Zu Alexandras Entzücken hatte die Rückseite des Hauses ihren Putz wie eine lästige Haut abgeworfen und eine alte Ziegelwand in den schönsten Farben freigelegt. Am Fuße dieser Wand befand sich der Kellerzugang. Zwei vorgebaute schiefe Mauern, auf denen ein durchlöchertes Wellblechdach lag, begrenzten eine steinerne Treppe, die in ein dunkles Loch führte. Eine dagegengelehnte Holzpalette diente als provisorische Tür. Die Vorstellung, den Keller womöglich bei Dunkelheit betreten zu müssen, war so schauerlich, dass sie an Ort und Stelle beschloss, ihn als nicht vorhanden anzusehen. Sie drehte dem Haus den Rücken zu und nahm nun den übrigen Teil des Grundstücks in Augenschein.
    Großblättriger Efeu hatte sich im Laufe der Jahre wie eine riesige grüne Decke über den größten Teil des Gartens gelegt und hielt den schmiedeeisernen Zaun, auf dessen verrosteten Spitzen faulende Äpfel steckten, mit festem Griff umklammert. Das Summen Hunderter Insekten erfüllte die Luft.
    Alexandra kräuselte angewidert die Lippen. Wenn mandem Gerede der Leute Glauben schenkte, und das Grundstück tatsächlich gemieden wurde, müssten sich die Äpfel im Fallen selbst aufgespießt haben, was sehr unwahrscheinlich war. Ganz sicher war es entweder der geheime Spielplatz irgendwelcher Kinder oder, wie Harris Zimmering vermutete, nächtlicher Partytreff der Dorfjugend. Obgleich es nur Obst war, hatte der Anblick etwas Martialisches. Alexandra sprang vom Autodach und griff sich im Gehen einen herumliegenden Holzknüppel. Es bereitete ihr sichtliches Vergnügen, wie die Äpfel unter dem Schlag ihres Stockes zerplatzten. Sie zählte zwölf Stück, dann ließ sie mit einem gellenden Aufschrei den Knüppel fallen. Die letzten fünf Zaunspitzen zierten große aufgedunsene Frösche, die man durch das aufgerissene Maul kopfüber auf die Pfähle gesteckt hatte. Wer, verdammt noch mal, tat so etwas? Auch wenn Kinder in der Gruppe oftmals zu brutalen Handlungen neigten, widerstrebte es ihr zu glauben, dass es sich hier um einen Dummejungenstreich handelte. Blieben also die Jugendlichen, die aller Wahrscheinlichkeit nach im Vollrausch ihre niedersten Triebe ausgelebt hatten. Mit halb zusammengekniffenen Augen versuchte Alexandra, die Frösche mit Hilfe des Stockes von den Spitzen zu schieben, aber es gelang ihr nur bei dreien, dann überwältigte sie der Brechreiz, und sie wandte sich ab. Die Hände auf die Knie gestützt und immer noch würgend, nahm sie plötzlich im näheren Umfeld eine Bewegung wahr. Ohne sich aufzurichten, sagte sie laut: »Wer auch immer hier ist, ich habe Sie bemerkt!«
    Einige Sekunden lang passierte nichts, dann trat Harris Zimmering, die Hände unnatürlich hinter dem Rücken haltend,

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