Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition)
Freundin zu. »Ich meine, wir sollten es auf später verschieben, wenn’s dunkel ist.«
»Aha! Also doch! Dann eben, wenn’s dunkel ist.« VollerTatendrang klatschte Nina in die Hände. »So. Und nun schließ endlich diese Bruchbude auf!«, forderte sie mit leicht ironischem Unterton, während sie skeptisch den Boden und anschließend ihre nackten Füße betrachtete. Alexandra lehnte sich mit dem Rücken an die Haustür, legte die Arme schützend über die Türflügel und verzog beleidigt das Gesicht.
»Wieso sagen eigentlich alle Bruchbude zu meinem Haus?«
»Weil es eine ist«, antwortete Nina trocken.
Alexandra gab sich geschlagen. »Wahrscheinlich habt ihr recht, es ist eine elende Bruchbude. Aber nun bist du ja da!«
Nina warf ihr einen argwöhnischen Blick zu und betrat, nachdem Alexandra aufgesperrt hatte, den Flur. Unsicher, als würde ihr jeden Moment das Haus über dem Kopf zusammenfallen, sah sie sich um. Obgleich sie mit ihrem tadellosen Outfit aussah, als sei sie gerade einem Modemagazin entsprungen, war die Freundin von ihrer Wesensart her eher praktisch veranlagt. »Ich will jetzt auf der Stelle einen Kaffee und ein paar passende Klamotten für deine Wildnis. Hier kann man doch schon Kaffee kochen, oder?«
Alexandra zog empört die Stirn in Falten. »Im hinteren Teil des Hauses ist ’ne offene Feuerstelle. Für gewöhnlich koche ich da meinen Kaffee. Mein Gott, was denkst du denn!« Sie griff nach den Einkaufstüten, drückte Nina zwei davon in die Hand und deutete auf das Ende des Flures. »Letzte Tür links.«
»Du wolltest mir doch erzählen, wie du ihn kennengelernt hast!«, nahm Nina ihr Lieblingsthema wieder auf, nachdem sie den Inhalt der Tüten im Kühlschrank verstaut hatte. Sie schlenderte neugierig durch die Küche, strich hier und da mit dem Zeigefinger über millimeterdicke Staubschichten, hob verschiedene Kartondeckel an, schob dann kurzerhand eines von Alexandras Regalen an die Wand und begann, Gläser aus einem Umzugskarton vom Zeitungspapier zu befreien.
»Was meinst du, wie alt er ist? Dreißig? Fünfunddreißig? ’nen verdammt knackigen Arsch hat er ja. Ich schätze, achtundzwanzig… ja … nicht älter, eigentlich noch ein bisschen grün hinter den Ohren, findest du nicht? Aber sexy, verdammt sexy. Ist er nun eigentlich verheiratet?«
»Schüttest du mal den Kaffee in die Tassen?« Alexandra stand, ungeduldig mit dem Fuß wippend, neben dem Wasserkocher und beobachtete ihn argwöhnisch.
»Ob er ’ne Freundin hat, die er jetzt loswerden muss? Ich meine, loswerden muss er sie ja, jetzt, wo er dich kennengelernt hat.«
Alexandra verdrehte die Augen und blies dabei laut die Luft durch die Lippen. »Kannst du bei mir Zucker reinmachen? Zwei Löffel, ich will ihn schwarz und sehr, sehr süß.«
Nina stellte die letzten Gläser ins Regal, erhob sich stöhnend aus der Hocke und humpelte, eine Hand in den Rücken gedrückt, an den Herd. Wie es ihre Art war, schüttete sie Kaffee und Zucker nach Augenmaß in die Tassen und lehnte sich dann rücklings an den Herd. »Wo wohnt er denn … dein Bodybuilder?«
»Du stellst ganz schön viele Fragen!«
»Und du weichst ihnen aus!«
»Tue ich nicht.«
»Doch, das tust du! Und weißt du auch, warum? Weil es dir peinlich ist, dass du dich in den erstbesten Kerl verknallt hast.«
»Ich hab mich nicht verknallt.«
»Und ob! Und soll ich dir noch was sagen? Er ist vernarrt in dich. Glaub mir, meine Liebe, ich rieche so was aus hundert Metern Entfernung.«
»Du riechst es«, spöttelte Alexandra, nickte übertrieben und wiederholte den Satz mehrmals, während sie mit dem brodelnden Wasserkocher zum Herd lief. Sie goss das Wasser auf, verbrühte sich wohl zum hundertsten Mal in ihrem Leben am aufsteigenden Dampf und sprang daraufhin fluchend an den Waschtisch. Ihre Gesichtszüge entspannten sich erst,als das eiskalte Wasser über ihre Hand lief. Plötzlich spitzte Nina die Ohren. »Was ist das für ein Geräusch?«
Ein leises Quietschen, durchdrungen von immer schneller werdendem Scharren, kam aus Richtung der Haustür.
»O mein Gott, Jack!«, stieß Nina hervor und rannte aus der Küche. Wenige Sekunden später kam Jack in wildem Galopp um die Ecke und rannte mit voller Wucht gegen die Umzugskisten. In heller Aufregung und außer sich vor Freude schlug er mit seinem Schwanz alles um sich herum zu Boden. Nina griff geistesgegenwärtig nach seiner Rute und hielt sie fest. »Gewöhn dich schon mal dran, keine kostbaren Gegenstände
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