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Nachts unter der steinernen Bruecke

Nachts unter der steinernen Bruecke

Titel: Nachts unter der steinernen Bruecke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Perutz
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Enten und Gänse, wir allein aßen nicht davon, für uns war es unreine Speise. Dafür gehst du morgen mit mir auf den Markt und wir kaufen für den Sabbat einen Kapphahn ein oder eine Gans, denn ich will auch mal wissen, wie schmeckt ein guter Bissen.«
»Schweig mir davon, ich will's nicht hören, für mich gibt es keinen guten Tag mehr«, klagte der Koppel-Bär. »Für mich gilt, was geschrieben steht: Asche wird meine Speise sein, und mit Tränen werde ich meinen Trank mischen. Wenn ich daran denke, daß sie dich in schlechte Leinwand gehüllt hinaustragen werden ...«
Der Jäckele-Narr tat so, als wäre es nur die schlechte Beschaffenheit der Totenlaken, die dem Koppel-Bär Kummer bereitete.
»Mach doch von der Leinwand nicht so viel Aufhebens, sie mag gut sein oder schlecht«, sagte er. »Was willst du denn, du weißt ja, daß die Beerdigungs-Bruderschaft drei Kreuzer und nicht mehr für die Elle zahlt, wenn es sich um ein Armenbegräbnis handelt. Wie soll da die Leinwand anders als grau und zerschlissen sein! Für drei Kreuzer die Elle darfst du nicht zu viel verlangen. Ja, wenn ich der Mordechai Meisl wäre! Den werden sie dereinst in schwerem Doppeldamast, von dem die Elle einen halben Gulden kostet, zu Grabe tragen.«
»Den Mordechai, Sohn des Samuel, rufe ich. Der sich auch Markus nennt«, erscholl die Stimme.
»Der ein armer Mann ist«, setzte die andere Stimme fort. »Der nicht einen halben Gulden im Hause hat. Der nichts besitzt, nichts sein eigen nennt.«
»Mordechai, Sohn des Samuel! Du bist gerufen«, ließ sich die erste Stimme noch einmal vernehmen.
»Hast du's gehört, Jäckele-Narr?« rief der Koppel-Bär.
»Der Mordechai Meisl! Der große Handelsherr! Auch der ist gerufen.«
»Ja, auch der Mordechai Meisl«, sagte der Jäckele-Narr und dabei begann er leise vor sich hinzulachen. »Der ein armer Mann ist, — hast du das auch gehört? Der nichts sein eigen nennt, — was hältst du davon? Merkst du nicht etwas, Koppel-Bär?«
»Ja, das ist sonderbar, ich versteh' es nicht. Was hat das zu bedeuten?« fragte verwirrt der Koppel-Bär. »Daß er.. . daß du ...«
»Daß da unten zwei sind, die sich einen Spaß mit uns gemacht haben, einen recht albernen Spaß«, erklärte ihm der Jäckele-Narr. »Und jetzt führen sie einfältige Reden. Oder is^t es nicht einfältig, zu sagen, daß der Mordechai Meisl ein armer Mann ist und nicht einen Gulden im Hause hat? Der Mordechai Meisl, dem das Geld aus allen Ländern zuläuft, — der ein armer Mann? Das sind Narren, die so ungereimtes Zeug schwätzen. Du bist den beiden auf den Leim gegangen, Koppel-Bär, aber mir war es von Anfang an, als müßt ich ihre Stimmen kennen.«
»Und du kennst sie?« rief der Koppel-Bär und haschte nach diesem Fünkchen einer Hoffnung.
»Der Libmann Hirsch, der Goldsticker, — da hast du den einen«, sagte der Jäckele-Narr. »Du erinnerst dich doch, — er hat den Auftrag bekommen, die Stickerei auf der brokatenen Fahne, die in der Altneuschul hängt, auszubessern. Dazu hat er die heutige Nacht verwendet, und damit ihm bei der Arbeit die Zeit nicht lang wird, hat er sich seinen Vetter, den Haschel Selig mitgebracht, du weißt, den Knopfmacher, die beiden stecken ja immer zusammen.« »Da könntest du, meine ich, recht haben«, sagte nachdenklich und mit einem tiefen Seufzer der Erleichterung der Koppel-Bär.
»Sie haben uns kommen gehört«, fuhr der Jäckele-Narr fort, und er wurde dessen immmer mehr sicher, daß seine Erklärung richtig, ja, daß sie die einzig mögliche sei, »laut genug haben wir geredet, da haben sie sich diesen Spaß ausgedacht, wollten sich ein Gelächter aus uns machen.«
»Sie sollten sich schämen!« entrüstete sich der KoppelBär. »Erwachsene Männer sind sie und haben solche Narreteien im Kopf.«
»Soll ich hinunterrufen, daß sie erkannt sind und daß sie sich schämen sollten, solche Bubenstreiche zu begehen?« fragte der Jäckele-Narr, für den kein Zweifel mehr bestand, daß da unten der Goldsticker in Gesellschaft des Knopfmachers bei der Arbeit saß.
»Ach, laß sie, scher dich nicht um sie!« sagte der KoppelBär, den das Glück, seinen Freund und Gefährten behalten zu dürfen, verträglich stimmte. »Es steht geschrieben: Du sollst des Toren nicht achten und ihm nicht Anwort geben in seiner Narrheit.«
»Dann also ist mein Rat, daß wir nicht länger hier stehen, sondern nach Hause gehen, und daheim wollen wir in Ruhe und in Freude von unserem Branntwein trinken«, erklärte der

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