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Nachts unter der steinernen Bruecke

Nachts unter der steinernen Bruecke

Titel: Nachts unter der steinernen Bruecke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Perutz
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seinem Laden. Doch muß er Gold und Silber lassen, wenn ihn der Tod holt von der Gassen.«
Der Koppel-Bär schüttelte unzufrieden den Kopf. Das Versemachen war sein Teil und des Jäckele-Narr Arbeit war, sich die Späße für die Hochzeitsfeste auszudenken.
»Warum von der Gassen?« wendete er ein. »Der Engel Gottes kann ihn ebensogut aus der Stube oder aus dem Laden holen.«
»Da hast du recht«, gab der Jäckele-Narr zu. »Gold und Silber muß er lassen, wenn ihn der Tod bekommt zu fassen.« »Bekommt zu fassen, das will mir auch nicht recht gefallen, es klingt grob«, erklärte der Koppel-Bär. »Wie wäre es so: Gold und Silber läßt er stehen, wenn Gott ihn heißt von hinnen gehen, — klingt das nicht besser?«
».. .wenn Gott ihn heißt von hinnen gehen, — ja, das klingt nicht schlecht«, räumte der Jäckele-Narr ein. »Man hat mir gesagt, daß er in kurzem wieder ehelich werden will, der Mendl Raudnitz. Aber ob ich bei dieser Hochzeit werd' aufspielen können, da ich nun weiß, daß er so bald — wie sagtest du? — von hinnen gehen muß, und ob mir auch nur ein einziger guter Spaß gelingen wird ...«
»Mit wem will er ehelich werden?« wollte der KoppelBär wissen.
»Ich müßt' erst darüber nachdenken, ob man mir es gesagt oder nicht gesagt hat«, gab der Jäckele-Narr zur Antwort. »Aber wenn man es mir gesagt hat, so hab' ich es vergessen.«
»Du kannst auch nichts im Kopf behalten«, schalt der Koppel-Bär mit ihm. »Alles mußt du hören, alles erfahren, was dich angeht und was dich nichts angeht, immer bist du auf der Gassen, um etwas aufzuschnappen, und wenn wo zwei zusammenstehen, bist du der dritte. Und dann vergißt du alles, was du gehört hast und was du nicht gehört hast, nichts bleibt dir im Kopf und eines Tages wirst du nicht wissen, wer du bist und wie du heißt.«
»Jakob, Sohn des Juda, den sie den Jäckele-Narr nennen! Dich rufe ich«, erklang die Stimme.
»Der sich sein Leben lang mit seiner Geige ernährt hat. Der auch oft am geheiligten Sabbat zu Gottes Ehr und Preis in der Schul aufgespielt hat, daß jedermann seine Freude daran hatte«, erläuterte die andere Stimme, als gäbe es in der Judenstadt oder sonst irgendwo im Land noch einen zweiten Jäckele-Narr, der mit diesem nicht verwechselt werden sollte.
»Jakob, Sohn des Juda! Du bist gerufen«, kam die erste Stimme wieder.
Da war eine Minute lang ein banges Schweigen und dann sagte, zutiefst erschrocken, aber dennoch gefaßt, der Jäckele-Narr:
»Gelobt seist Du, ewiger und gerechter Richter! Dein Tun ist ohne Fehle.«
»Allmächtiger!« schrie der Koppel-Bär auf. »Hab' ich recht gehört? Was ist mit dir geschehen, Jäckele-Narr? Was will man von dir?«
Allgütiger! Schenk mir jetzt eine Lüge! flehte der Jäckele-Narr zu Gott, doch nichts fand sich, womit er den Koppel-Bär auch nur für einen Augenblick hätte täuschen und betrügen können. Und so sagte er, indem er sich bemühte, seiner Stimme einen gleichmütigen Ton zu geben:
»Was soll geschehen sein? Man hat mir bestätigt, daß jedermann seine Freude daran hatte, wenn ich am Sabbat in der Schul aufspielte. Das ist eine große Ehre, — gönnst du sie mir nicht?«
»Ich vergönn' dir die Ehr' und daß du sollst leben und gesund sein. Aber sie haben dich gerufen! Hast du's denn nicht gehört?« jammerte und schluchzte der Koppel-Bär.
»Ich hab' es gehört, ich bin nicht taub«, erklärte der Jäkkele-Narr. »Aber ich weiß nicht, — mir ist gar nicht so zumut', als ob ich schon der anderen Welt angehörte, ich fühle mich recht munter. Auf mein Wort, Koppel-Bär, — ich trau' der Sache nicht. Da liegt ein Irrtum vor, — oder steckt am Ende ein Betrug dahinter? War es dir nicht auch, als ob du die beiden Stimmen kennen müßtest?«
Aber die Lüge, die er nun endlich gefunden hatte, wollte nicht verfangen, das Weinen und Lamentieren des KoppelBär nahm kein Ende. Und so versuchte es der Jäckele-Narr mit einem anderen Trost.
»Hör mich an, Koppel-Bär!« begann er. »Hast du nicht heut bei dem Hochzeitsessen den Leuten das Lied aufgespielt und gesungen: >Wenn uns klingt in der Tasche Geld, gibt es für uns keine schönere Welt?< Nun merk auf: An Geld wird es uns nicht fehlen. Ich wollt' es dir schon lange sagen, nur aus Vergeßlichkeit hab' ich es bis heute anstehen lassen. Ich hab' mir zwei und einen halben Gulden Erspartes beiseite gelegt, damit wollen wir uns jetzt gute und vergnügte Tage machen. Du hast sie heute auftragen gesehen Hühner, Feldhühner,

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