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Nachts

Nachts

Titel: Nachts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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am Kopf. Er stieß einen Schrei der Wut und Überraschung aus und sah auf. Naomi riß sich aus seinem Griff los und taumelte zur Seite gegen eines der hohen Regale, wobei sie mit dem Arm ruderte, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Als sie sich abstieß, kippte das Regal nach hinten und fiel mit einem gigantischen, hallenden Krachen um. Bücher flogen von Regalen, wo sie möglicherweise jahrelang ungestört gestanden hatten, und prasselten als klatschender Regen, der sich auf seltsame Weise wie Beifall anhörte, zu Boden.
    Naomi achtete nicht darauf. Sie ging zu Dave, sank neben ihm auf die Knie und schluchzte immer wieder seinen Namen. Der Bibliothekspolizist wandte sich in diese Richtung.
    »Du hast auch keine Rechnung mit ihr zu begleichen«, sagte Sam.

    Der Bibliothekspolizist drehte sich wieder zu ihm um. Seine silbernen Augen waren einer kleinen, schwarzen runden Brille gewi
    chen, die seinem Gesicht ein blindes, maulwurfsähnliches Aussehen verlieh.
    »Ich hätte dich ssson beim erstenmal umbringen sollen«, sagte er und ging auf Sam zu. Sein Gang wurde von einem seltsamen Streiflaut begleitet. Sam sah nach unten und stellte fest, daß der Saum des Trenchcoats inzwischen den Boden berührte. Der Bibliothekspolizist wurde kleiner.
    »Die Strafe ist bezahlt«, sagte Sam leise. Der Bibliothekspolizist blieb stehen. Sam hielt die Bücher mit dem Fünfdollarschein im Gummiband hoch. »Die Strafe ist bezahlt, und die Bücher sind zurückgebracht worden. Es ist vorbei, du Flittchen oder Dreckskerl was du auch sein magst.«
    Draußen schwoll der Wind zu einem langgezogenen, hohlen Schrei an, der wie Glas an den Erkern entlangstrich. Die Zunge des Bibliothekspolizisten kam heraus und leckte die Lippen. Sie war sehr rot und spitz. Pickel waren auf Stirn und Wangen aufgetaucht.
    Er hatte eine fettige Schweißschicht auf der Haut.
    Und der Geruch von Lavendelduftkissen war viel stärker.
    »Falsss!« schrie der Bibliothekspolizist. »Falsss! Dassss sind nicht die Bücher, die du ausgeliehen hasssst! Ich weisss essss. Der elende alte Ssssäufer hat die Bücher mitgenommen, die du geliehen hasssst! Sie sssind «
    » zerstört worden«, vollendete Sam. Er fing wieder an zu laufen, näherte sich dem Bibliothekspolizisten, und der Lavendelgeruch wurde mit jedem Schritt stärker. Sein Herz raste in der Brust.
    »Und ich weiß auch, wessen Machenschaften das waren. Aber das hier sind durchaus akzeptable Ersatzexemplare. Nimm sie.« Er sprach mit strenger, brüllender Stimme weiter. »Nimm sie. verdammt!«
    Er hielt die Bücher hin, und der Bibliothekspolizist, der verwirrt und ängstlich dreinsah, griff danach.
    »Nein, nicht so«, sagte Sam und hob die Bücher über die weiße, greifende Hand. »So!«
    Er schlug die Bücher ins Gesicht des Bibliothekspolizisten so fest er konnte. Er konnte sich nicht erinnern, daß er jemals in seinem Leben eine so tiefe Befriedigung empfunden hatte wie in dem Augenblick, als Best Loved Poems of the American People und der Speaker’s Companion die Nase des Bibliothekspolizisten trafen. Die runde schwarze Brille fiel ihm vom Gesicht auf den Boden. Darunter befanden sich schwarze Augenhöhlen mit einem Bett weißlicher Flüssigkeit. Winzige Fädchen schwebten aus der gallertartigen Masse herauf, und Sam mußte an Daves Geschichte denken sah aus, als würde ihr eine eigene Haut wachsen, hatte er gesagt.
    Der Bibliothekspolizist schrie.
    »Das kannst du nicht!« kreischte er. »Du kannst mir nicht wehtun! Du hast Angst vor mir! Außerdem hat es dir gefallen! Es hat dir GEFALLEN!
    DU SCHMUTZIGER KLEINER JUNGE, ES HAT DIR GEFALLEN!«
    »Falsch«, sagte Sam. »Es hat mich geekelt. Und jetzt nimm diese Bücher. Nimm sie und verschwinde von hier. Die Strafe ist nämlich bezahlt.« Er stieß dem Bibliothekspolizisten die Bücher an die Brust. Und als der Bibliothekspolizist die Hände darum legte, rammte Sam ihm mit aller Wucht ein Knie zwischen die Beine.
    »Das ist für alle anderen Kinder«, sagte er. »Die du gefickt und die sie gefressen hat.«
    Die Kreatur wimmerte vor Schmerzen. Die rudernden Arme lie
    ßen die Bücher fallen und griffen zum Unterleib. Das fettige schwarze Haar fiel ihm ins Gesicht und verdeckte barmherzigerweise die leeren, flaumüberwucherten Augenhöhlen.
    Natürlich sind sie leer, dachte Sam noch. Ich habe die Augen hinter der Brille, die er an jenem Tag aufhatte, nic ht gesehen daher konnte SIE sie auch nicht sehen.
    »Damit ist deine Strafe nicht bezahlt«, sagte Sam,

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