Nachts
nach Des Moines und wieder zurück.«
»Wir müssen in die Stadt«, sagte Sam. »Zu einem Geschäft namens Pell’s Buchhandlung. Sie haben zwei Bücher für uns reserviert.«
Stan Soames sah sie mit großen Augen an. »Bitte?«
»Pell’s «
»Ich kenne Pell’s«, sagte er. »Neue Bücher vorne, alte Bücher hinten. Größte Auswahl im Mittelwesten, behaupten sie. Ich versuche nur, eines auf die Reihe zu kriegen: Sie haben mich von meiner Feldarbeit weggeholt und mich quer über den ganzen Bundesstaat fliegen lassen, nur um zwei Bücher abzuholen?«
»Es sind außerordentlich wichtige Bücher, Mr. Soames«, sagte Naomi. Sie berührte eine der rauhen Hände des Farmers. »Momentan sind sie das wichtigste in meinem Leben und dem von Sam.«
»Und dem von Dave auch«, sagte Sam.
»Wenn Sie mir erzählen würden, was hier los ist«, fragte Soames,
»würde ich es verstehen?«
»Nein«, sagte Sam.
»Nein«, stimmte Naomi zu und lächelte verhalten.
Soames blies einen tiefen Stoßseufzer aus den Nasenlöchern und steckte die Hände in die Hosentaschen. »Nun, es wird wohl auch nicht so wichtig sein, denke ich. Ich schulde Dave seit zehn Jahren was, und es gab Zeiten, da hat mir das schwer auf der Seele gelegen.« Er strahlte. »Außerdem habe ich einer hübschen jungen Dame zu ihrem ersten Flug verhelfen. Es gibt nur etwas Hübscheres als ein Mädchen nach seinem ersten Flug, und das ist ein Mädchen nach seiner ersten «
Er verstummte unvermittelt und kratzte mit der Schuhspitze auf dem Asphalt. Naomi sah diskret Richtung Horizont. In diesem Augenblick fuhr ein Treibstofflaster vor. Soames schritt rasch hinüber und begann eine angeregte Unterhaltung mit dem Fahrer.
Sam sagte: »Du hast einen gehörigen Eindruck auf unseren furchtlosen Piloten gemacht.«
»Vielleicht, ja«, sagte sie. »Ich fühle mich herrlich, Sam! Ist das nicht verrückt?«
Er strich ihr eine vorwitzige Haarsträhne wieder hinters Ohr. »Es war ein verrückter Tag. Der verrückteste Tag, an den ich mich erinnern kann.«
Aber da sprach eine Stimme in seinem Inneren sie drang von jenem tiefen Ort empor, wo etwas Wesentliches immer noch in Bewegung war und sagte ihm, daß das nicht ganz stimmte. Es gab noch einen, der ebenso verrückt gewesen war. Noch verrückter.
Der Tag von Der schwarze Pfeil und der roten Lakritze.
Diese seltsame, unterdrückte Panik stieg wieder in ihm hoch, und er hielt sich die Ohren vor dieser Stimme zu.
Wenn Sie Sarah vor Ardelia retten wollen, Sam, dann vesuchen Sie nicht, den Helden zu spielen, sondern erinnern Sie sich, wer Ihr Bibliothekspolizist gewesen ist.
Nein! Ich kann nicht! Ich ich darf nicht!
Sie müssen diese Erinnerungen zurückholen.
Ich darf nicht! Es ist verboten!
Sie müssen sich mehr Mühe geben, sonst gibt es keine Hoffnung.
»Ich muß jetzt wirklich nach Hause gehen«, murmelte Sam Peebles.
Naomi, die zur Navajo geschlendert war und sich die Tragflä
chenklappen betrachtete, hörte ihn und kam zurück.
»Hast du etwas gesagt?«
»Nichts. Ist nicht wichtig.«
»Du bist blaß.«
»Ich bin ziemlich nervös«, sagte er gereizt.
Stan Soames kam zurück. Er deutete mit dem Daumen zum Fahrer des Treibstofflasters. »Dawson sagt, ich kann sein Auto benützen. Ich fahre Sie in die Stadt.«
»Wir können ein Taxi rufen « begann Sam.
Naomi schüttelte den Kopf. »Dafür reicht die Zeit nicht«, sagte sie. »Vielen herzlichen Dank, Mr. Soames.«
»Ach was«, sagte Soames und lächelte sie schalkhaft an. »Nennen Sie mich ruhig Stan. Gehen wir. Dawson sagt, von Colorado nähert sich ein Tiefdruckgebiet. Ich will wieder in Junction City sein, ehe es zu regnen anfängt.«
7
Pell’s war ein großes, scheunenähnliches Haus am Rand des Geschäftsbezirks von Des Moines die Antithese zu den Buchhandelsketten der Einkaufzentren. Naomi fragte nach Mike. Sie wurde zur Information geführt, einem Kiosk, der wie ein Zollhäuschen zwischen der Abteilung für neue und der wesentlich größeren Abteilung für alte Bücher stand.
»Mein Name ist Naomi Higgins. Habe ich vorhin mit Ihnen telefoniert?«
»O ja«, sagte Mike. Er suchte in einem seiner brechend vollen Regale und holte zwei Bücher hervor. Eines war Best Loved Poems of the American People; das andere war der Speaker’s Companion, herausgegeben von Kent Adelmen. Sam Peebles war in seinem ganzen Leben noch nie so glücklich gewesen, zwei Bücher zu sehen; er mußte gegen den Impuls kämpfen, sie dem Verkäufer aus den Händen zu
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