Nachtsafari (German Edition)
hatten, drehten sich in einem grellen Strudel vor ihrem inneren Auge. Ein Kälteschauer nach dem anderen jagte über ihre Haut. Mit einem Schluck leerte sie die Tasse, doch die Bilder blieben.
Nils musterte de Villiers mit dem durchdringenden Blick eines Reporters auf der Fährte einer Story. »Wie hast du es geschafft, Pienaar von der Schippe zu springen? Dem Foto nach war deine und Mandlas Lage ziemlich aussichtslos. Pienaar hatte laut deiner Erzählung seine Kettenhunde dabei, die hätten euch doch nie entkommen lassen.«
De Villiers lachte freudlos. »Meine Rebellenfreunde von der MPLA haben Pienaars Camp überfallen und uns befreit. Die Kettenhunde, wie du sie nennst, sind dabei draufgegangen, aber Pienaar ließen sie abhauen, diese Vollidioten.« Wieder kehrte er seinen Blick nach innen, ein böses Lächeln umspielte seine Mundwinkel. »Glücklicherweise hat er ja dann doch ein passendes Ende gefunden. Das hätte ich gern miterlebt.«
Silke musste sich räuspern. »Und Twani? Was geschah mit ihm?«
De Villiers hob die Schultern. »Keine Ahnung, vielleicht hat er nur Glück gehabt und konnte fliehen. Aber wenn er tatsächlich der Sohn des Hangman war, schätze ich, war der Einfluss seines Vaters so groß, dass selbst ein Len Pienaar ihn fürchten musste und deswegen dafür gesorgt hat, dass der Junge entkommt.«
»Was … was wird dieser Mandla tun?«
De Villiers schien sie nicht verstanden zu haben, denn er beschäftigte sich intensiv damit, seine Pfeife anzuzünden.
Chrissie stieß ihn an. »Sag’s ihr einfach, es hat keinen Zweck, sie anzulügen.«
De Villiers ließ die Pfeife sinken. »Ich hoffe, dass er inzwischen zu Verstand gekommen ist.«
Silke sah den Ranger wieder vor sich, hörte sein wütendes Knurren, sah, wie er den Gewehrkolben hochschwang und … Mit aller Willenskraft stoppte sie das Video in ihrem Kopf. »Nein, der Kerl machte keinen zurechnungsfähigen Eindruck.«
»Dann sollten wir nicht länger hier herumsitzen, sondern Ihren Marcus suchen, sonst …« De Villiers vollendete den Satz nicht, und die Mienen der anderen machten klar, dass das auch nicht nötig war.
Unvermittelt packte Silke lähmende Müdigkeit. Sie konnte kaum noch die Augen offen halten und gähnte hinter vorgehaltener Hand. Außerdem war ihr furchtbar übel, sodass sie fürchtete, sich jeden Augenblick noch einmal übergeben zu müssen.
Jill, die ihren Kopf auf Nils’ Schulter gelegt hatte und ebenfalls nicht hellwach wirkte, schien das mitbekommen zu haben. Sie richtete sich auf.
»Leute, Silke hier fällt fast vor Müdigkeit um, und ich sehe langsam alles doppelt. Wir sollten alle versuchen, noch ein paar Stunden Schlaf zu bekommen, sonst sind wir tagsüber nicht einsatzfähig.«
Napoleon de Villiers nahm seine Pfeife aus dem Mund. »Hast du eine genaue Karte von hier? Dann kann uns Silke zeigen, wo die Elefanten sie angegriffen haben.«
Jill langte neben sich, wühlte in einem Zeitschriftenstapel herum und zog eine Landkarte hervor. Angelica räumte rasch den Couchtisch leer, und gleich darauf beugten sich alle über die Karte.
»Sieh dir das an, Silke«, sagte Nils. »Kannst du uns ungefähr sagen, wo Kirsty dich aufgesammelt hat? Erinnerst du dich, dass du mit einer App auf deinem Mobiltelefon deinen Standpunkt gesucht hast?«
Silke beugte sich vor, rief sich die Karte, nach der sie durch Umfolozi gefahren waren, ins Gedächtnis, dann die auf dem Dis play ihres Telefons und verglich beides mit der Landkarte auf dem Tisch. Nach kurzem Überlegen legte sie ihren Finger auf einen Punkt. »Hier könnte es gewesen sein, aber hundert Prozent sicher bin ich mir nicht.«
»Wartet mal.« Jill ging aus dem Zimmer und kehrte gleich dar auf mit einem iPad zurück. Sie schaltete es an, rief Google Earth auf, zoomte auf Umfolozi, vergrößerte das Bild, bis einzelne Büsche auszumachen waren. »So, jetzt kannst du es besser er kennen.«
Es dauerte nur ein paar Minuten, bis Silke sicher war, wo das Wrack liegen musste.
»Okay, ich habe eine ziemlich gute Ahnung, wo das ist«, sagte Napoleon de Villiers. »Die Gegend ist sehr wildreich, es gibt viele Antilopenherden. Das Gelände ist flacher als das von Hluhluwe, und es gibt viele Wasserlöcher dort, deswegen ziehen außer jeder Menge Antilopen besonders Nashörner und Elefanten in diesem Teil des Reservats herum.«
»Und die Katzen«, sagte Jill und schaltete das iPad aus. »Wegen der Antilopen.«
In den nächsten Minuten debattierten sie, wo man mit der Suche
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