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Nachtsafari (German Edition)

Nachtsafari (German Edition)

Titel: Nachtsafari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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gekommen war oder zu Fuß, weiß ich nicht. Ich habe keinen Wagen gesehen. Oder gehört, wenn ich es recht überlege.«
    »Vielleicht war es ein Quad, und er ist querfeldein gefahren«, wandte Alastair ein. »Damit kommt man fast überall durch.«
    Napoleon de Villiers lehnte sich vor. »Aber es war derselbe, den Sie schon in Hluhluwe gesehen haben? Er war schwarz, sagen Sie. Können Sie ihn genauer beschreiben? War er groß oder klein, alt oder jung?«
    Silke schloss die Augen und versetzte sich zurück in die Situation. »Das Unwetter war apokalyptisch. Es goss wie aus Kübeln, Blitze zuckten unablässig, Donner krachte ohne Pause, und plötzlich war da jemand. Groß war er«, flüsterte sie. »Kräftig. Wie alt er war, kann ich nicht beurteilen … Afrikaner scheinen kaum Falten zu bekommen.«
    »Die Beschreibung trifft auf fast jeden der Ranger zu.« Die Enttäuschung in de Villiers’ Stimme war hörbar. »Denken Sie noch mal nach. Hatte er irgendwas Besonderes an sich? Keine Ohren, nur ein Auge oder so?«
    Silke sah ihn überrascht an. »Ja, natürlich. Er hatte eine Narbe auf der Oberlippe. Ganz eigenartig. Sie war rosa und geformt wie ein Oktopus.«
    »Mandla!«, rief de Villiers und schlug mit der Hand auf die Sessellehne. »Derselbe Mann, der auf dem Foto auf dem Boden liegt. Verflucht«, brummte er und schien etwas zu sehen, was ihn erschreckte.
    »Was ist?« Nils lehnte sich mit besorgtem Ausdruck vor.
    De Villiers zögerte, aber nur kurz. »Sie müssen das ohnehin erfahren«, sagte er mit einem Seitenblick zu Silke. »Mandla hat geschworen, alle zu töten, die ihn damals gefoltert haben. Es gibt kaum eine Minute am Tag, in der er nicht daran denkt. Er jagt diese Männer wie Tiere, hat nie aufgegeben. Wird nicht aufgeben, bis er den letzten erwischt hat. Bei Len Pienaar ist er nur Minuten zu spät gekommen. Nun hat ihm ein völlig verrückter Zufall Marcus gelie fert. Nach all diesen Jahren. Dieses Foto ist über zwanzig Jahre alt. Ihr Mann muss so ziemlich der Letzte auf seiner Liste sein.«
    Silke brach der Angstschweiß aus. »Aber der auf dem Foto war damals als Twani bekannt, und der hat doch nichts getan, das haben Sie selbst gesagt. Selbst wenn der Ranger nicht weiß, wer Twani wirklich war, muss er doch wissen, dass der Mann auf dem Foto unschuldig ist.«
    De Villiers stierte ins Nichts, doch sein Mienenspiel war er schreckend. »Das hat Mandla wohl nicht mitgekriegt.« Die Worte waren fast unhörbar. Schließlich deutete er mit dem Pfeifenstiel auf den Haufen Holz. »Da haben sie ihn draufgelegt, das Holz angezündet und sich darangemacht, ihn zu grillen. Da verliert man schon mal die Übersicht«, flüsterte er. »Dann war ich dran«, setzte er mit glasklarer Stimme hinzu.
    Als Silke verstand, was de Villiers gesagt hatte, begann ihr Herz zu rasen, und der Raum fing an, sich um sie zu drehen, die Stimmen wurden leiser, die entsetzten Gesichter der anderen entfernten sich in einem grauen Wirbel.
    Als sie die Augen aufschlug, fand sie sich auf der Couch liegend wieder. Jill hielt ihre Beine hoch, und Angelica wischte ihr mit einem nassen Taschentuch das Gesicht ab.
    »Okay, geht wieder«, ächzte sie und richtete sich vorsichtig wieder auf, musste einen Augenblick abwarten, bis der Raum aufhörte zu schwanken. »Entschuldigung«, wisperte sie.
    Dieses Mal kommentierte Nils diese Redewendung nicht. Er lächelte sie mitleidig an. »Glaub mir, so was haut den stärksten Mann um, und nach allem, was du heute Nacht durchgemacht hast, ist es ein Wunder, dass du nicht längst zusammengeklappt bist.« Er stellte ihr eine Mokkatasse hin. »Hier, unser Wundermittel gegen Puddingbeine.«
    Silke schnupperte misstrauisch. »Was ist das?«
    Jill antwortete für ihren Mann. »Starker Kaffee, drei gehäufte Löffel Zucker und ein großzügiger Schuss Cognac. Glaub mir, danach kannst du auf dem Tisch tanzen.«
    »Kann ich bestätigen«, sagte Alastair mit einem halben Grinsen.
    »Augen zu und runter damit«, raunzte de Villiers sie an, aber sein weicher Gesichtsausdruck strafte den rauen Ton Lügen.
    Silke gehorchte. Das Zeug war heiß, bitter, zugleich übersüß, und der Alkohol schoss ihr sofort in die Beine. Aber erstaunli cherweise spürte sie, wie das Blut ihr in Kopf und Wangen zurückkehrte, ihr Blick sich klärte und sie sich tatsächlich wieder kräftiger fühlte.
    »Danke«, sagte sie leise. »Das Rezept werde ich mir merken.« Aber die Bilder, die Napoleon de Villiers’ Worte in ihr hervorgerufen

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