Nachtsafari (German Edition)
mit einem Beil angegriffen. Vermutlich einem Panga, hieß es. Der Täter wurde nie gefasst, aber unter den Farmern kursierte das Gerücht, Hellfire hätte et was damit zu tun. Die Farmergemeinde rückte darauf noch näher zusammen. Das Waffenarsenal wurde aufgestockt, scharfe Polizeihunde angeschafft und Paniksirenen eingebaut. Zusätzlich wurden Zäune erhöht, noch mehr elektrische Drähte gezogen, deren Voltzahl bis zur gesetzlich erlaubten Grenze geschaltet war. Und, wie Jill gehört hatte, oft darüber.
»Warum hast du nie etwas gesagt?« Ihre Stimme schwankte. Greta tat ihr so leid, dass es schmerzte.
»Was hättet ihr denn tun können?«, sagte Greta leise. »Es hätte nichts geändert.«
Darauf fiel Jill keine Antwort ein. »Wenn es sich herausstellt, dass er tatsächlich der Sohn von Fred oder seinem Vater ist, kannst du ihm dann nicht einen Kompromiss vorschlagen? Ihm einen Teil von deiner Farm überschreiben? So habe ich mir damals den Dlamini-Clan vom Hals gehalten, und ich muss sagen, es klappt sehr gut.« Von den Ansprüchen der anderen Clans erwähnte sie nichts.
Greta stieß ein spöttisches Lachen hervor. »Diese Möglichkeit habe ich immer verdrängt. Ich bin nicht masochistisch veranlagt und hole mir meinen eigenen Mörder aufs Land.«
»Woher weißt du das? Das mit der Exhumierung, meine ich.«
»Ach, das habe ich im Vorbeigehen von meinen Farmarbeitern aufgeschnappt.«
Ihr Ton traf Jill ins Herz. Greta klang einsam, verzweifelt und unsicher, und Jill sah sie vor sich. Als Frau allein in dem weitläufigen Haus, das Gewehr immer griffbereit, hinter meterhohen Zäunen, wie im Gefängnis. Tag und Nacht auf jedes Geräusch lauschend, immer in Angst vor einem Überfall, immer in Angst, dabei umgebracht zu werden. Sie kannte das. Das alles hatte sie selbst durchgemacht. Das hieß massive Schlafstörungen, plötzliche Panikattacken, das vegetative Nervensystem spielte verrückt. Dazu kamen meist noch akute Geldsorgen. Auch der gelassenste Mensch begann da nach einiger Zeit, Gespenster zu sehen. Ihr kam ein Gedanke. »Du hast es also nicht von ihm direkt gehört?«
Die Antwort ließ auf sich warten. »Nein«, kam es schließlich von Greta.
»Könnte es sein, dass deine Arbeiter und Hellfire Streit haben?«
»Du meinst, die wollten Hellfire in die Pfanne hauen?«, rief Greta ungläubig. »Willst du damit sagen, dass Hellfire ein kleines Unschuldslamm ist? Also ehrlich, Jill! Der Mistkerl ist ein Schwerstkrimineller. Wenn er Geld braucht, raubt er Leute aus, wenn er ein Auto will, entführt er eins, und der Fahrer hat noch Glück, wenn er dabei nicht draufgeht. Ach verdammt, das kannst du doch nicht ernst meinen …« Schwer atmend brach Greta ab.
»Natürlich hast du recht. Der Typ ist ein Krimineller, nicht mehr und nicht weniger. Aber hör mir einfach mal zu. Wenn ich genau darüber nachdenke, dann ist mir kein Vorfall zu Ohren gekommen, wo es bei Hellfires Überfällen Tote gegeben hätte. Dir etwa? Oder auch nur Schwerverletzte?«
»Wenn man von Fred absieht …«
»Aber der Mord ist doch nie aufgeklärt worden, oder? Und in dem Fall muss noch immer der Grundsatz jedes Rechtssystems gelten, der da heißt: im Zweifel für den Angeklagten.« Sie biss sich auf die Lippen, war sich nicht sicher, ob sie das sagen sollte, was ihr auf der Zunge lag. Dann aber tat sie es dennoch. »Ihr seid doch mal Freunde gewesen. Du und Hellfire.«
»Das ist eine Ewigkeit …« Greta brach ab. Ihre Hunde bellten im Hintergrund, hoch und aufgeregt, als würden sie einen Eindringling verbellen. »Warte mal kurz, die Hunde drehen gerade durch. Ich muss nachsehen, was da los ist.«
Jill wartete, lauschte dabei Gretas hastigen Schritten, ihren scharfen Befehlen, gab sich jede erdenkliche Mühe, die Bilder zu verscheuchen, die ihr jetzt vor Augen tanzten. Hunde bellten schließlich oft und oft grundlos.
»Da bin ich wieder«, hörte sie Gretas Stimme.
»Was war los?«
»Weiß ich nicht. Es war nichts zu sehen.« Greta dehnte die Worte, als wollte sie noch etwas hinzufügen, tat es jedoch nicht.
Die Leitung sirrte, die Hunde murrten. Jill holte Luft, um irgendetwas zu sagen, was es Greta leichter machen würde, sich aus der Affäre zu ziehen. Vergiss das mit Hellfire, wollte sie gerade sagen, als die Farmersfrau sie unvermittelt unterbrach.
»Na, denn. Auf geht’s«, sagte Greta und klang entschlossen.
Eine jähe Unruhe überfiel Jill. Greta neigte zu spontanen Entscheidungen, und die fielen oft drastisch
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