Nachtsafari (German Edition)
prophezeit, sie fressen mir aus der Hand.«
Jill lachte, bezweifelte das ernsthaft, aber natürlich stimmte sie erleichtert zu.
Arm in Arm stand sie nun mit Nils an der offenen Glastür und schaute auf ihr Land. Der Regen hatte praktisch aufgehört, und unter dem zarten Wasserschleier verlief das Grün der Hügel wie mit Aquarellfarben gemalt im Kobaltblau der Ferne. Die Schönheit trieb ihr die Tränen in die Augen.
Nur ein paar hundert Meter von Greta Carlssons Farm entfernt stand Silke da, hielt noch immer die Tüten mit dem Essen in den Händen und überlegte fieberhaft, wie sie heil aus dieser Situation herauskommen konnte. Weglaufen war nicht möglich. Die drei Zulus bildeten mittlerweile einen so engen Kreis um sie, dass sie den Rauchgeruch in ihrer Kleidung riechen konnte.
Trotzig hob sie ihr Kinn und sah Hellfire in die Augen. »Ich habe euch Mittagessen mitgebracht. Mopaniraupen und Bunny Chow.« Das Wasser lief ihr aus den Haaren übers Gesicht, kitzelte ihr den Rücken herunter, und sie musste den Impuls unterdrücken, sich dort zu kratzen.
Hellfires Augen leuchteten ungläubig auf. »Mopaniraupen? Du hast Mopaniraupen gekauft?« Er griff nach einer Plastiktüte und schaute hinein. »Mopaniraupen«, rief er, öffnete einen Behäl ter, steckte den Finger in die Soße und leckte ihn ab. Er schnalzte mit sichtlichem Vergnügen. »Das ist gut! Mit Tomatensoße. Und Bunny Chow.« Er hob eine Tüte mit dem gefüllten Weißbrot heraus.
Ihr Geschenk stellte sich als voller Erfolg heraus, und Silke fiel ein Stein vom Herzen. Jeder nahm mit breitem Grinsen einen Behälter mit Mopaniraupen und Bunny Chow entgegen
»Den letzten bewahren wir für Wiseman auf. Der hat irgendwo anders geschäftlich zu tun, sagt er«, erklärte Hellfire. »Wir setzen uns zum Essen in den Wagen. Komm mit, Silke. So heißt du doch, oder?«
Sie nickte und folgte ihm, weil ihr gar nichts anderes übrig blieb. Hellfire hielt ihr die Beifahrertür auf. Noch ganz zittrig von der Aufregung, kletterte sie hinauf. Der Dicke und sein Kumpan setzten sich zu dem Mann, der auf der Rückbank auf einem Notebook herumtippte. Hellfire reichte ihm eine der Plastiktüten nach hinten. Verblüfft klappte der Mann den Computer zu, nahm das Essen entgegen. Er fischte eine Raupe heraus, biss ein Stück ab und klickte kauend ein paar Worte auf Zulu.
Dabei wanderte sein Blick auf eine Art über Silke, dass ihr kalte Schauer über den Rücken krochen. Sein Gesichtsausdruck erin nerte sie an eine Raubkatze, die Beute erspäht hat. Was für ein Kli schee, dachte sie, aber hier in der afrikanischen Wildnis konnte sie einfach nicht anders, als Vergleiche aus der Tierwelt heranzuziehen.
»Bist du mit dem Auto gekommen?«, fragte Hellfire sie mit vollem Mund.
Sie straffte ihre Schultern. »Ja. Ich habe es nahe der Straße geparkt, und wie ich sehe, habt ihr jetzt ja auch eins«, setzte sie todesmutig hinzu. »Und eine Kamera und neue Klamotten, die euch nicht passen.«
Die vier Schwarzen hörten abrupt auf zu essen und fixierten sie. Ihr schoss das Blut ins Gesicht, und später konnte sie nicht erklären, welcher Teufel sie geritten hatte. Sie wurde wütend. »Ihr habt jemanden überfallen. Die Sachen sind alle gestohlen, das kann ich sehen.«
Hellfire schluckte seinen Bissen herunter. Dann musterte er sie mit leichtem Lächeln. »Jemanden überfallen? Ja, das haben wir«, gab er seelenruhig zu. »Einen reichen, weißen Farmer und seine dicke Frau. Wir haben ihnen ihr Auto genommen, ihre Kamera, den Computer, einen Koffer mit Kleidung und ihr Geld.« Er grinste breit.
Eine lange, abgrundtiefe Pause entstand.
Silkes Blick fiel auf das Gewehr, das auf der Ablage befestigt war, und die Pistole, die Hellfire auf der Zwischenkonsole neben ihr abgelegt hatte. »Und ihr Leben?«, presste sie mühsam hervor.
»Nein, nicht ihr Leben«, erwiderte Hellfire sanft. »Nur ihren Besitz, das, was wir mit unseren Händen fassen können.«
»Und woher kommt das?«, flüsterte sie und zeigte auf die frischen Blutflecken auf dem Hemd des Mannes mit dem Clownsgesicht.
Der rieb träge grinsend über die Flecken. »Ach, das ist nichts. Der Typ hat nur ein bisschen Nasenbluten gekriegt.«
Hellfire wischte sich mit dem Zipfel seines T-Shirts die Toma tensoße vom Kinn und betrachtete Silke lange. »Wir haben keine Jobs«, erklärte er ihr schließlich. »Niemand in dieser Gegend hat Jobs. Es gibt nichts für uns zu tun. Wovon sollen wir leben? Wir hungern, und von dem Wasser,
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