Nachtsafari (German Edition)
… na ja, du weißt schon.« Ihr schneller Seitenblick streifte Jonas.
»Das wird nicht nötig sein.« Jonas trommelte mit einem Bleistift auf seinen Tresen.
Jill starrte ihn an. »Was heißt das?« Ihre Nervosität flackerte wieder auf. Was veranlasste Jonas zu einer solchen Aussage?
Jonas erhob sich und öffnete die Tür zu seinem Büro. »Was ich zu sagen habe, geht niemanden außer euch etwas an.« Er verschwand in dem Zimmer, und gleich darauf öffnete sich die Tür neben dem Tresen, und er steckte seinen Kopf heraus. »Nun kommt s chon!«
Von Nils sanft geschoben, trat Jill widerwillig ein. Jonas schloss die Tür und setzte sich hinter seinen Schreibtisch.
»Also? Raus damit. Was ist so geheim?«, fragte Jill und sah ihren alten Freund herausfordernd an.
»Prisca kam vorhin zu mir. Sie hatte im Haus geputzt und dabei den Zettel gefunden, den ich dir vorhin gegeben habe. Erinnerst du dich?«
»Natürlich«, fauchte Jill und stellte sich vor, wer inzwischen alles von der Erpressung wusste. Sie würde sich Prisca nachher mal vornehmen. Diesen Zettel hätte sie ihr – und nur ihr – geben dürfen, auf der anderen Seite hätte sie sich selbst in den Hintern treten können, dass sie ihn nicht weggeschlossen hatte.
»Sie hat ihn gelesen«, fuhr Jonas fort, »und sie hat das einzig Richtige getan, sie hat ihn nicht herumliegen lassen oder in den Müll geworfen, wo ihn jeder hätte finden und lesen können, sondern sie hat ihn mir gebracht. Und ich habe ihn gelesen. Seitdem habe ich mich ein bisschen umgehört.«
Weder Nils noch Jill unterbrachen ihn, sondern hörten ihm hoch konzentriert und zutiefst beunruhigt zu.
»Na ja, Jilly, du weißt ja …«, Jonas formte wieder eine Brille mit Zeigefinger und Daumen, »und meine Ohren hören alles.« Er hob die Hand, als Jill den Mund aufmachte, um etwas zu sagen. »Warte, ich bin noch nicht fertig. Ich habe etwas gehört. Einer von Hellfires Gang ist ein Mann namens Wiseman, und er gehört zum äußeren Kreis meiner Familie. Kann prima mit kaputten Autos umgehen, hat aber vor Monaten angefangen, Tik zu rauchen. Die Auswirkungen kannst du dir ja vorstellen, und auch, dass er ständig Geld braucht.«
Jill hatte sich langsam auf einen der Stühle niedergelassen, die vor Jonas’ Schreibtisch standen. Nils setzte sich auf den anderen und nahm ihre Hand. »Und du meinst, dieser Wiseman hat deswegen den Erpresserbrief geschickt?«
Jonas lächelte, dass sein Goldzahn blinkte. »Ich weiß es.«
»Woher?«
Jonas zuckte mit den Schultern und lächelte noch immer.
Nils sprang auf. »Okay, gut gemacht, Jonas. Wo können wir den Kerl erwischen?« Sein Körper war angespannt, die Stirn kampfeslustig gesenkt. Es war für Jill klar, dass Wiseman keine Chance haben würde, sollte Nils ihn zwischen die Finger bekommen.
Jonas antwortete nicht, sondern schaute auf einen Punkt im Nichts.
Jill drückte Nils’ Hand und machte ihm ein Zeichen, sich zu gedulden. Sie warteten.
Endlich wanderten Jonas’ Augen zurück zu ihnen. »Überlass ihn mir, Jilly. Geh nach Hause, hol deine Kinder von Angelica zurück und vergiss die Sache. Ich werde mich darum kümmern.«
Nach einem intensiven Blickwechsel nickte Jill und zog Nils hoch. »Du sagst mir Bescheid?«, sagte sie zu ihrem alten Freund.
»Ich sag dir Bescheid«, antwortete Jonas und lächelte sein schönstes, goldzahnblitzendes Lächeln.
Jill und Nils verließen sein Büro Hand in Hand. »Ich möchte nicht wissen, was er mit Wiseman macht«, raunte sie leise ihrem Mann zu, als sie den Weg zu ihrem Haus einschlugen.
»Hm«, machte er. »Aber ich bin froh, dass Jonas sich darum kümmert. Wir hätten eigentlich nur die Wahl, zur Polizei zu gehen – und das wäre im Hinblick auf die Sache mit Silke Ingwersen und dem Hangman schwierig –, oder wir könnten ihn uns selbst vornehmen, und das wäre gar nicht gut. Das kann nur in einer Situation enden, die ich mir nicht einmal vorstellen möchte. Gott sei Dank, dass es Jonas gibt.«
Ja, dachte Jill und schämte sich, dass sie an Jonas gezweifelt hatte.
Aber wie hatte Jonas so schnell herausbekommen können, wer hinter der Erpressung steckte? Der Gedanke machte sich in ihrem Kopf breit, bevor sie ihn verhindern konnte.
Sie drückte ihn weg.
Im Haus angekommen, rief sie Angelica an. Ihre Freundin bat, die Kinder noch zum Abendessen behalten zu dürfen, berichtete, wie viel Spaß die beiden mit Michaela hätten und dass sie lieb und fromm wie Lämmer seien.
»Ich habe doch
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