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Nachtsafari (German Edition)

Nachtsafari (German Edition)

Titel: Nachtsafari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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aus. Wenn sie aufgebracht war, preschte sie vorwärts, ohne Rücksicht auf ihre eigene Sicherheit »Wie meinst du das?«
    »Ich geh den Kerl suchen, was sonst?«
    »Himmel, nein, so hab ich das doch nicht gemeint«, rief Jill, fühlte einen kleinen Stich, weil sie es natürlich genau so gemeint hatte. »Sag mir doch einfach, wo er zu finden ist. Nils und Philani können dann hinfahren und sich mit ihm auseinandersetzen.«
    »Es ist höchste Zeit, dass ich die ganze Sache kläre. Es hat keinen Sinn, Vogel Strauß zu spielen. Ich melde mich«, war die knappe Antwort. Ein Klick signalisierte, dass sie die Verbindung unterbrochen hatte.
    »Greta … nein, lass das!«, rief Jill.
    Aber die Leitung blieb stumm.
    Jill starrte ins Leere. Was hatte sie da nur angerichtet? Sie war hin- und hergerissen zwischen der Erleichterung, dass Greta sich auf die Suche nach Hellfire gemacht hatte, und der Befürchtung, dass ihre Freundin sich ihretwegen in große Gefahr begab. Instink tiv wählte sie Nils’ Nummer, wie immer, wenn sie unsicher, traurig oder durcheinander war.
    »Es gibt ein Problem«, sagte sie, als er sich meldete, und erklärte ihm aufgeregt, was Greta vorhatte.
    »Greta weiß genau, was sie tut«, war sein einziger Kommentar. »Ich bin schon auf dem Weg nach Hause.«
    Mit sanftem Rauschen fing es wieder zu regnen an. Jill flüchtete sich ins Haus, ins Geschichtenzimmer, das Herz von Inqaba. Um diesen Raum hatte Johann Steinach sein Haus gebaut. Eine Wolke Honigduft vom Bienenwachs, mit dem die Holzdielen poliert waren, vermischt mit dem Geruch nach alten, ledergebundenen Büchern, die in der hohen Luftfeuchtigkeit Schimmel angesetzt hatten, stieg ihr in die Nase. Und für einen Augenblick war es ihr vergönnt, zurück in ihre helle Kinderwelt zu schlüpfen.
    Doch die Illusion währte nur ein paar Atemzüge lang. Dann landete sie wieder in der Gegenwart, in der es Menschen gab, die ihr und ihrer Familie mit dem Tod drohten.
    Sie setzte sich im Schneidersitz auf den Boden, wie sie es schon als Kind immer getan hatte, wenn sie nachdenken musste, lehnte sich an das deckenhohe Bücherregal und starrte durch die offene Glastür hinaus in die silbrige Regenwelt. Noch hatte das Unwetter nicht seine volle Stärke erreicht. Ein einzelner Sonnenstrahl schaffte es, die Wolken zu durchdringen, und brachte eine rosa Bougainvilleadolde und das wellige, grüne Land im Hintergrund zum Glühen. Die Wirkung war prächtiger als das schönste Gemälde, und sie konnte sich daran nicht sattsehen. Ihr Land. Wie konnte es hier so herrlich sein und konnten gleichzeitig so grauenhafte Dinge geschehen? Zum wiederholten Mal waren diese beiden Welten so weit auseinandergedriftet, dass sie nicht mehr von Ufer zu Ufer sehen konnte.
    Der Sonnenstrahl verlosch. Die Bougainvillea verglühte, ihr Land versank wieder im Grau.
    Der Brief des Erpressers drängte sich erneut in ihre Gedanken. Sie suchte in der Tasche ihrer Shorts danach, fand ihn aber nicht. Offenbar hatte sie ihn im Büro vergessen. Sie stand auf und ging in ihr Büro. Überall suchte sie. Auf ihrem Schreibtisch, unter dem Schreibtisch, sie suchte den gesamten Boden ab und schließlich die Schränke. Aber sie fand ihn nicht. Beunruhigt versuchte sie sich ins Gedächtnis zu rufen, was sie getan hatte, bevor sie aus dem Zimmer gerannt war, um Nils anzurufen. Es fiel ihr nicht ein.
    Dennoch musste sie auf der Stelle etwas unternehmen, um herauszufinden, wer hinter dieser Aktion steckte. Sie griff ihren Regenschirm und rannte zum Weg, der in das Dorf des Dlamini-Clans führte.
    Jonas fing seine Chefin ab, als sie an seinem Büro vorbeistürmte. »Jill!«
    »Keine Zeit!« Ohne sich umzusehen, hastete sie weiter.
    Jonas lehnte sich weit aus dem Fenster. »Solltest du aber, es ist wichtig«, rief er hinter ihr her.
    Jill zögerte kurz und drehte sich dann mit deutlicher Unge duld um. »Was ist? Mach es kurz, bitte. Ich habe es wirklich eilig.«
    »Sicher. Aber du solltest ins Büro kommen. Was ich dir zu sagen habe, ist nur für deine Ohren bestimmt.«
    »Und für meine, nehme ich doch an«, warf Nils ein, der von beiden unbemerkt durch den Blättertunnel gekommen war.
    Jonas sah ihn über Jills Schulter an. »Und für deine, selbstverständlich. Wenn die Chefin nichts dagegen hat.«
    »Was ist denn so geheim? Hast du dich etwa mit einem anderen herumgetrieben? Hi, Honey«, fügte er leise hinzu und küsste sie.
    »Nils, gut, dass du da bist. Ich wollte ins Dorf gehen, um mich umzuhören, wer

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