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Nachtschicht

Nachtschicht

Titel: Nachtschicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Augen, grau und grimmig im Licht der Instrumententafel.
    »Ich schätze schon«, sagte ich.
    Wir stiegen alle aus und wurden vom Wind erfaßt, der uns Schnee in die Gesichter trieb. Lumley war der erste, stemmte sich gegen den Schnee, während sein teurer Mantel wie ein Segel hinter ihm her flatterte. Er warf zwei Schatten, einen von Tookey’s Scheinwerfern, den anderen von seinen eigenen Schlußlichtern. Ich war hinter ihm und Tookey einen Schritt hinter mir.
    Als wir zur Kabine des Mercedes kamen, hielt Tookey mich fest.
    »Laß ihn«, sagte er.
    »Janey! Francie!« schrie Lumley. »Alles in Ordnung?« Er öffnete die Beifahrertür und lehnte sich hinein. »Alles -«
    »Heiliger Jesus, Booth«, sagte Tookey, das Gebrüll des Windes kaum übertönend. »Ich glaube, es ist wieder passiert.«
    Lumley drehte sich zu uns um. Sein Gesicht sah erschrocken und wild aus, die Augen weit aufgerissen. Ganz plötzlich stürzte er durch den Schnee auf uns zu, rutschte und fiel beinahe hin. Er wischte mich zur Seite wie gar nichts und packte Tookey.
    »Wie konntest du das wissen?« brüllte er. »Wo sind sie? Was zum Teufel geht hier vor?«
    Tookey löste seinen Griff und schob sich hinter ihn. Er und ich sahen zusammen in den Mercedes. Drinnen war er warm wie ein Toast, aber das würde nicht mehr lange anhalten. Das kleine rote Warnlicht der Benzinanzeige brannte. Der große Wagen war leer. Auf dem Boden vor den Rücksitzen lag eine Barbiepuppe, die dem Kind gehören mußte. Und ein Skiparka in Kindergröße lag auf dem Rücksitz.
    Tookey schlug die Hände vors Gesicht - und war weg.
    Lumley hatte ihn herausgezerrt und rückwärts in eine Schneewehe hineingestoßen. Sein Gesicht war bleich und zeigte einen wilden Ausdruck. Sein Mund arbeitete, als hätte er irgendein bitteres Zeug gekaut, das ihm den Mund so zusammengezogen hatte, daß er nicht mal mehr ausspucken konnte.
    Er beugte sich hinein und griff nach dem Parka.
    »Francies Mantel?« sagte er beinahe flüsternd. Und dann brüllte er laut heraus: »FRANCIES MANTEL!« Er drehte sich um und hielt den Parka an dem pelzgefütterten Kragen vor sich.
    Er blickte mich an, verblüfft und ungläubig. »Sie kann doch nicht ohne ihren Mantel draußen sein, Mr. Booth. Warum … warum … sie wird sich zu Tode frieren.«
    »Mr. Lumley –«
    Er lief blind los, den Parka immer noch in den Händen, und rief : »FRANCIE! JANEY! WO SEID IHR? WO SEID IIIHR?«
    Ich gab Tookey meine Hand und half ihm auf die Füße.
    »Bist du in Ord -«
    »Um mich mach dir keine Sorgen«, sagte er. »Wir müssen ihn zur Vernunft bringen, Booth.«
    Wir folgten ihm so schnell wir konnten, was nicht sehr schnell war, weil der Schnee uns manchmal bis an die Hüften reichte. Aber dann hielt Lumley an, und wir schlössen zu ihm auf.
    »Lumley -« begann Tookey und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
    »Hier entlang«, sagte Lumley. »Hier sind sie hergelaufen. Schaut doch!«
    Wir sahen hinunter. Wir waren in einer Art Senke, und der Wind blies über unsere Köpfe hinweg. Und man konnte zwei Reihen von Spuren sehen, eine große und eine kleine, die sich gerade mit Schnee zu füllen begannen. Wenn wir fünf Minuten später gekommen wären, wären sie verschwunden gewesen.
    Lumley ging wieder los, den Kopf gesenkt, aber Tookey zog ihn zurück. »Nein! Lumley, nicht!«
    Lumley drehte sein wildes Gesicht zu Tookey und ballte eine Faust. Er holte aus … aber irgend etwas in Tookeys Ausdruck ließ ihn zögern. Er warf mir einen Blick zu und sah dann wieder Tookey an.
    »Sie wird erfrieren«, sagte er, als wären wir dumme kleine Kinder. »Begreift ihr das nicht? Sie hat ihre Jacke nicht an und ist nicht einmal sieben Jahre alt …«
    »Sie können überall hier draußen sein«, erwiderte Tookey.
    »Diesen Spuren kann man nicht folgen. Sie verschwinden in der nächsten Verwehung.«
    »Was schlägst du denn vor?«, schrie Lumley mit hoher, hysterischer Stimme. »Wenn wir jetzt die Polizei holen, werden sie sich in der Zwischenzeit zu Tode frieren! Francie und meine Frau!«
    »Sie können genausogut bereits erfroren sein«, sagte Tookey.
    Er sah Lumley in die Augen. »Erfroren, oder Schlimmeres.«
    »Was soll das heißen?« flüsterte Lumley. »Sag es doch geradeheraus, verdammt! Sag schon!«
    »Lumley«, sagt Tookey, »da ist etwas in Jerusalem’s Lot -«
    Aber ich war derjenige, der es schließlich herausbrachte und das Wort sagte, von dem ich nie erwartet hatte, es aussprechen zu können. »Vampire, Lumley.

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