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Nachtschicht

Nachtschicht

Titel: Nachtschicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sehr erschrecken, daß es Krämpfe kriegt. Und ich mußte in das Haus zurück, wo das Gespenst war.«
    Er flüsterte: »Ich schlief auf der Couch und ließ das Licht an.«
    »Geschah irgend etwas?«
    »Ich hatte einen Traum«, sagte Billings. »Ich war in einem dunklen Raum, und da war etwas, das ich nicht … das ich nicht richtig erkennen konnte. Im Schrank. Es machte ein Geräusch … ein quietschendes Geräusch. Es erinnerte mich an ein Comic-Heft, das ich als Kind mal gelesen habe. Geschichten aus der Gruft, wenn Sie das vielleicht kennen. Von einem gewissen Graham Ingles. Der konnte die grausigsten Dinge der Welt zeichnen. Mein Gott! In dieser Geschichte ertränkte eine Frau ihren Marin. Sie band ihm Betonklötze an die Füße und stieß ihn in einen Teich. Aber er kam wieder. Er war ganz verfault und schwarzgrün, und die Fische hatten eins seiner Augen gefressen, und in seinen Haaren hingen Wasserpflanzen. Er kam wieder und tötete sie. Und als ich mitten in der Nacht aufwachte, dachte ich, daß er sich über mich beugte. Mit Klauen … mit langen Klauen.«
    Dr. Harper sah auf die in seinen Schreibtisch eingelassene Digitaluhr. Lester Billings hatte fast eine halbe Stunde lang geredet. »Wie war die Einstellung Ihrer Frau gegenüber, als sie wieder nach Hause kam?« fragte Dr. Harper.
    »Sie liebte mich immer noch«, sagte Billings nicht ohne Stolz.
    »Sie tat immer noch alles, was ich ihr sagte. Das gehört sich auch für eine Frau, nicht wahr? Diese Feministinnen machen mich krank. Das Wichtigste im Leben ist, daß jemand weiß, wo er steht. Daß er eine … seine … äh …«
    »Daß er seinen Platz im Leben kennt?«
    »Das wollte ich sagen!« Billings schnippte mit den Fingern.
    »Genau das. Und eine Frau muß ihrem Mann gehorchen. Oh, in den ersten vier oder fünf Monaten danach war sie zu nichts zu gebrauchen. Sie schlich im Haus herum, sang nicht, sah nicht fern, und sie lachte auch nicht. Aber ich wußte, daß sie darüber hinwegkommen würde. Wenn sie noch so klein sind, hängt man noch nicht so sehr an ihnen. Nach einiger Zeit muß man ein Bild aus der Schublade holen, damit man weiß, wie sie überhaupt ausgesehen haben.«
    »Sie wollte noch ein Kind«, fügte er finster hinzu. »Ich hielt das für keine gute Idee. Jedenfalls vorläufig nicht. Ich sagte ihr, daß wir den Verlust erst verarbeiten müßten und uns endlich einmal Zeit füreinander nehmen sollten. Das hatten wir vorher nicht gekonnt. Wenn wir ins Kino gehen wollten, mußten wir uns einen Babysitter besorgen. Wir konnten nicht in die Stadt zur Oper fahren, wenn ihre Eltern nicht die Kinder hüteten.
    Meine Mutter wollte mit uns nichts zu tun haben. Sie müssen wissen, daß Denny gleich nach der Hochzeit geboren wurde.
    Sie sagte, Rita sei ein Flittchen, eine gewöhnliche kleine Nutte.
    Ist das nicht ein Ding. Einmal erzählte sie mir die Krankheiten auf, die man kriegen kann, wenn man zu einer Nut … zu einer Prostituierten geht. Wie dann der Schwa … der Penis eines Tages eine winzige wunde Stelle hat und schon am nächsten Tag abfault. Sie ist nicht einmal zur Hochzeit gekommen.«
    Billings trommelte sich mit den Fingern auf die Brust.
    »Ritas Arzt hatte ihr diese Spirale angedreht. Narrensicher, sagte der Arzt. Er steckt es der Frau einfach in die … an die richtige Stelle. Wenn da irgend etwas drinsteckt, kann das Ei nicht befruchtet werden. Man merkt nicht einmal, daß das Ding da steckt.« Er starrte verzückt gegen die Decke. »Also weiß kein Mensch, ob es da steckt oder nicht. Und im nächsten Jahr wird sie schon wieder schwanger. Das war vielleicht narrensicher.«
    »Keine Verhütungsmethode ist perfekt«, sagte Harper. »Die Pille ist es nur zu achtundneunzig Prozent. Die Spirale kann sich durch Krämpfe oder starke Menstruationsblutungen lösen. In besonderen Fällen wird sie ganz einfach ausgeschieden.«
    »Ja. Oder man nimmt sie raus.«
    »Durchaus möglich.«
    »Und was nun? Sie strickt kleine Kleidungsstücke, singt unter der Dusche und frißt eine saure Gurke nach der anderen.
    Sie setzt sich auf meinen Schoß und erzählt mir, daß alles Gottes Wille gewesen sei. Was für ein Schwachsinn!«
    »Das Kind wurde also im Jahr nach Shirls Tod geboren, und zwar gegen Ende des genannten Jahres?« wollte Harper wissen.
    »So ist es. Es war ein Junge. Sie nannte ihn Andrew Lester Billings. Ich selbst wollte nichts damit zu tun haben, wenigstens zuerst nicht. Ich sagte mir: Sie hat sich absichtlich schwängern lassen,

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