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Nachtschicht

Nachtschicht

Titel: Nachtschicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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also ist es ganz allein ihre Sache. Ich weiß, das hört sieh nicht gut an, aber Sie dürfen nicht vergessen, daß ich eine Menge durchgemacht hatte.
    Aber ich gewöhnte mich an ihn. Er war der einzige aus dem ganzen Wurf, der mir ähnlich sah. Denny hatte seiner Mutter ähnlich gesehen und Shirl niemandem, außer vielleicht meiner Großmutter Arm. Aber Andy war mir wie aus dem Gesicht geschnitten.
    Wenn ich von der Arbeit nach Hause kam, spielte ich mit ihm in seinem Laufstall. Er nahm meinen Finger und gluckste und lächelte. Schon mit neun Wochen lächelte er seinen Dad an.
    Können Sie sich das vorstellen?
    Dann habe ich eines Abends in irgendeinem Laden ein Mobile gekauft, das ich dem Kind über das Bett hängen wollte.
    Ausgerechnet ich! Kinder machen sich nichts aus Geschenken.
    Erst wenn sie alt genug sind, daß sie danke sagen können. Das war immer mein Motto. Trotzdem kaufe ich diesen albernen Scheißdreck. Und plötzlich weiß ich, daß ich ihn mehr liebe als meine anderen Kinder. Zu der Zeit hatte ich schon einen neuen Job. Nicht schlecht. Ich verkaufte Bohrer für Cluett and Sons.
    Das lief gut, und als Andy ein Jahr alt war, zogen wir nach Waterbury. An die alte Wohnung hatten wir zu viele schlimme Erinnerungen.
    Und da gab es zu viele Schränke.
    Das nächste Jahr war unser bestes. Ich würde jeden Finger meiner rechten Hand dafür geben, wenn ich es noch mal erleben könnte. Der Krieg in Vietnam war noch nicht zu Ende, und die Hippies liefen immer noch nackt herum, und die Nigger machten Krawall. Aber das alles berührte uns gar nicht.
    Wir lebten in einer ruhigen Straße und hatten nette Nachbarn.
    Wir waren glücklich. Ich fragte Rita einmal, ob sie sich keine Sorgen machte. Sie wissen ja, aller guten Dinge sind drei. Aber davon wollte sie nichts wissen. Sie sagte, Andy sei etwas ganz Besonderes. Gott würde ihn schützen.«
    Wieder starrte Billings traurig gegen die Decke.
    »Das letzte Jahr war nicht so gut. Irgend etwas am Haus war plötzlich anders. Ich stellte meine Schuhe nicht mehr in den Schrank, sondern ließ sie im Flur. Ich wollte die Schranktür nicht mehr öffnen. Ich dachte immer: Wenn es nun im Schrank hockt? Geduckt, und bereit, mich sofort anzuspringen, sobald ich die Tür öffne? Und ich meinte auch, quietschende Geräusehe zu hören, als ob etwas Schwarzgrünes und Nasses sich im Schrank leise regte.
    Rita fragte mich, ob ich nicht zuviel arbeitete, und ich brüllte sie an. Ganz wie früher. Mir drehte sich der Magen um, wenn ich zur Arbeit ging und die beiden alleinlassen mußte, aber ich war froh, wenn ich das Haus verlassen konnte. Gott verzeihe mir, aber ich war heilfroh, daß ich wegkonnte. Ich hoffte schon, daß es vielleicht unsere Spur verloren hatte, als wir umzogen.
    Es mußte uns jagen, nachts durch die Straßen schleichen, vielleicht aus der Kanalisation hervorkriechen. Unsere Witte-rung aufnehmen. Es dauerte ein Jahr, aber es hat uns gefunden. Es ist wieder hier, dachte ich. Es will Andy und mich.
    Wenn man lange genug an etwas denkt, dachte ich, dann wird es Wirklichkeit. Vielleicht existieren all die Ungeheuer wirklich, vor denen wir als Kinder Angst hatten. Frankenstein und der Wolfsmann und die Mumie. Vielleicht gibt es sie wirklich.
    Vielleicht waren sie es, die die Kinder umbrachten, von denen man glaubte, sie seien in Kiesgruben verschüttet worden oder in Teichen ertrunken, und die doch nie gefunden wurden.
    Vielleicht …»
    »Sollten Sie nicht noch etwas erwähnen, Mr. Billings?«
    Billings schwieg lange - auf der Digitaluhr liefen zwei Minuten ab. Dann sagte er plötzlich: »Andy ist im Februar gestorben.
    Rita war nicht da. Ihr Vater hatte sie angerufen. Ihre Mutter war bei einem Autounfall schwer verletzt worden. Keiner glaubte, daß sie durchkommen würde. Es war am Tag nach Neujahr. Rita kam abends mit dem Bus zurück.
    Ihre Mutter starb nicht, aber zwei Monate lang blieb ihr Zustand kritisch. Ich fand eine tüchtige Frau, die tagsüber bei Andy blieb. Nachts war ich mit dem Jungen allein. Und immer wieder gingen die Schranktüren auf.«
    Billings leckte sich die Lippen. »Das Kind schlief bei mir im Zimmer. Es ist komisch, aber einmal fragte Rita mich, ob er nicht lieber in einem anderen Zimmer schlafen solle. Spock oder irgendein Quacksalber hatte ihr gesagt, daß es nicht gut „
    ist, wenn die Kinder bei den Eltern schlafen. Dann könnten sie ein sexuelles Trauma kriegen und dergleichen. Aber wir taten es nur, wenn er schon schlief. Ich wollte

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