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Nachtschicht

Nachtschicht

Titel: Nachtschicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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die Waffe.
    Lange Zeit geschah nichts. Um die Wahrheit zu sagen, ich hatte das Gefühl, daß alles vorüber sei. Dann flog die Tür so plötzlich und heftig auf, daß sie sich durchbog, bevor sie gegen die Wand knallte. Und Richie kam raus.
    Es dauerte nur eine Sekunde, eine einzige Sekunde, und Bertie und ich rannten wie Schulkinder die Treppe hinunter, vier oder fünf Stufen auf einmal, bis wir durch die Tür sausten und draußen im Schnee landeten.
    Als wir hinunterrasten, hörten wir Henry dreimal feuern. Die Schüsse hallten wie Bombenexplosionen im leeren Treppenhaus dieses verfluchten Gebäudes.
    Was wir in den ein oder zwei Sekunden sahen, wird mir für den Rest meines Lebens reichen. Es war eine riesige - graue Gallertmasse, eine Gallertmasse, die wie ein Mann aussah und eine widerliche Schleimspur hinter sich herzog.
    Aber das war nicht das Schlimmste. Seine Augen waren flach und gelb und wild, und aus ihnen sprach keine menschliche Seele. Aber es waren keine zwei Augen, sondern vier. Und direkt in der Mitte zwischen den beiden Augenpaaren verlief ein faseriger Strich von oben nach unten, und rotes, pulsierendes Fleisch zeigte sich, wie bei einem Längsschnitt im Bauch eines Schweines.
    Es teilte sich, wissen Sie. Es teilte sich in zwei Wesen.
    Bertie und ich sprachen nicht, als wir zum Laden zurückgingen. Ich weiß nicht, was ihm durch den Kopf ging, aber ich weiß sehr wohl, woran ich dachte: an das Einmaleins. Zwei mal zwei sind vier, vier mal zwei sind acht, acht mal zwei sind sechzehn, sechzehn mal zwei sind - Wir erreichten den Laden. Carl und Billy sprangen auf und fingen sofort an zu fragen. Keiner von uns antwortete. Wir drehten uns nur um und warteten, ob vielleicht Henry aus dem Schnee auftauchen und in den Laden kommen würde. Ich war inzwischen bei 32768 mal zwei sind das Ende der Menschheit angekommen, und so saßen wir gemütlich bei reichlich Bier und warteten gespannt darauf, wer zurückkommen würde.
    Und hier sitzen wir immer noch.
    Ich hoffe, es wird Henry sein. Das dürfen Sie mir glauben. 

Schlachtfeld
    »Mr. Renshaw?«
    Er war schon auf halbem Wege zum Aufzug, als er den Portier seinen Namen rufen hörte. Ungeduldig blickte er sich um und wechselte seinen Reisekoffer von der einen in die andere Hand. In der Brusttasche seines Mantels knisterte der schwere, mit Zwanzig- und Fünfzigdollarnoten prall gefällte Umschlag. Der Job war auftragsgemäß erledigt und, selbst nach Abzug der fünfzehn Prozent, die die Organisation als Vermittlungsgebühr einbehalten hatte, außerordentlich gut bezahlt worden. Alles, was er jetzt noch brauchte, war eine heiße Dusche, ein Gin Tonic und viel, viel Schlaf.
    »Was gibt’s?«
    »Ein Paket für Sie, Sir. Würden Sie bitte den Empfang quittieren?«
    Während er unterschrieb, warf Renshaw einen forschenden Blick auf das rechteckige Paket. Die gestochene Handschrift, mit der sein Name und seine Adresse in den aufgeklebten Adressenvordruck eingetragen waren, kam ihm bekannt vor.
    .Behutsam schob er das Paket auf der marmorierten Oberfläche des Rezeptionsschalters hin und her und hörte, wie sein Inhalt leise klirrte.
    »Soll ich es Ihnen nach oben bringen lassen, Mr. Renshaw?«
    »Danke, ich nehme es schon.«
    Der Karton war etwa fünfzig Zentimeter breit, und er konnte ihn gerade mit einem Arm halten. Im Aufzug setzte er ihn auf dem mit weichen Teppich ausgelegten Boden ab und steckte seinen Schlüssel in den Schalter für die Penthouse-Etage, der über den anderen Knöpfen angebracht war.
    Geräuschlos und beinahe unmerklich glitt der Aufzug nach oben. Renshaw schloß die Augen. Vor der dunklen Leinwand seiner Erinnerung ließ er die Geschehnisse der vergangenen Tage noch einmal Revue passieren. Der Job hatte wie immer mit einem Anruf von Cal Bates begonnen.
    »Bist du gerade abkömmlich, Johnny?«
    Er war es, zweimal im Jahr, für ein Mindesthonorar von 10000 Dollar. Er erledigte seine Sache immer gut und zuverlässig, doch was seine Auftraggeber am meisten an ihm schätzten, war sein raubtierhafter Instinkt. John Renshaw war ein Bussard in Menschengestalt, den sowohl seine Veranlagung als auch sein soziales Umfeld zu zwei Dingen mehr als zu allem anderen befähigt hatten: zu töten und zu überleben.
    Wenige Tage nach Bates Anruf hatte er einen bräunlich-gelben Umschlag in seinem Briefkasten gefunden. Dieser enthielt ein Photo, einen Namen und eine Adresse. Er speicherte das alles in seinem Gedächtnis und behielt nichts davon zurück außer

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