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Nachtschicht

Nachtschicht

Titel: Nachtschicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Karton Bier«, sagte Richie. »Geld liegt auf dem Küchentisch.«
    Als der Junge zurück kam, saß sein Vater immer noch im Dunkeln, nur, daß es jetzt auch draußen dunkel war. Das Fernsehen war ausgeschaltet. Das Kind bekam es mit der Angst - und wem würde es nicht ähnlich gehen? Die ganze Wohnung dunkel, und Daddy hockte wie ein großer Klumpen in der Ecke.
    Timmy stellte also das Bier auf den Tisch, denn er wußte, daß Richie es nicht gern so kalt trank, davon bekam er Kopfschmerzen. Als der Junge in die Nähe des Alten kam, bemerkte er einen fauligen Geruch, wie von altem Käse, den jemand übers Wochenende auf dem Tisch stehengelassen hat. Er dachte sich aber weiter nichts dabei, denn der Alte war nie besonders sauber. Statt dessen ging Timmy in sein Zimmer, schloß die Tür und machte seine Hausaufgaben. Nach einer Weile hörte er, wie Richie die erste Dose des Abends aufriß.
    Und so ging es zwei Wochen lang. Der Junge stand morgens auf und ging in die Schule, und wenn er nach Hause kam, saß Richie vor dem Fernsehgerät, und das Biergeld lag auf dem Tisch.
    Die Wohnung roch immer übler, und Richie zog die Vorhänge überhaupt nicht mehr auf. Ungefähr Mitte November durfte Timmy in seinem Zimmer nicht mehr arbeiten. Das Licht, das unten durch den Türspalt fiel, störte Richie. Wenn er für seinen Vater Bier geholt hatte, ging Timmy also immer ein paar Häuser weiter zu einem Freund.
    Als Timmy eines Tages von der Schule nach Hause kam - es war vier Uhr nachmittags und schon fast dunkel -, sagte Richard: »Dreh das Licht an.«
    Das Kind drehte das Licht über der Spüle an, und was sah der völlig verdutzte Junge? Richie hatte sich total in eine Wolldecke eingewickelt.
    »Sieh mal«, sagte Richie, und eine Hand schob sich unter der Decke hervor. Aber es war gar keine Hand. Es war etwas Graues, mehr konnte das Kind nicht sagen. Es sah überhaupt nicht wie eine Hand aus. Es war nur ein grauer Klumpen.
    Jedenfalls bekam Timmy Grenadine einen fürchterlichen Schrecken. »Was ist mit dir los, Daddy?« fragte er.
    Und Richie sagte: »Weiß nicht. Aber es tut nicht weh. Es fühlt sich … gar nicht schlecht an.«
    Und Timmy sagte: »Ich hole Dr. Westphall.«
    Und die ganze Wolldecke fing an zu zittern, als ob sich darunter etwas Entsetzliches schüttelte. Und Richie sagte:
    »Untersteh dich! Wenn du das tust, fasse ich dich an, und du wirst genauso enden wie ich.« Und er ließ die Decke für einen Augenblick vom Gesicht gleiten.
    Inzwischen waren wir an der Ecke von Harlow und Curve Street angekommen, und es war jetzt noch kälter, als das Thermometer vor Henrys Laden angezeigt hatte. Man möchte so etwas kaum glauben, und doch, es gibt seltsame Dinge in der Welt.
    Ich kannte mal einen Mann namens George Kelso, der bei den Stadtwerken in Bangor beschäftigt war. Fünfzehn Jahre lang reparierte er Hauptwasserrohre und elektrische Kabel und dergleichen, und keine zwei Jahre vor seiner Pensionierung gab er plötzlich seinen Job auf. Frankie Haldeman, der ihn kannte, sagte, George sei lachend und scherzend wie immer in Essex in einen Abwasserschacht hineingestiegen, und als er nach fünfzehn Minuten wieder herauskam, war sein Haar schlohweiß, und seine Augen blickten so irre, als hätte er durch ein Fenster direkt in die Hölle gesehen.
    Er ging sofort zur Garage der Stadtwerke und stempelte seine Karte. Anschließend ging er in Wallys Kneipe und fing an zu saufen. Zwei Jahre später hatte er sich totgesoffen. Frankie sagte, er hätte versucht, mit ihm darüber zu reden, und einmal hatte George auch etwas gesagt, als er ziemlich voll war.
    George hatte sich auf seinem Hocker umgedreht und Frankie Haldeman gefragt, ob er schon mal eine Spinne gesehen hätte, so groß wie ein mittlerer Hund, in einem Netz mit lauter jungen Spinnen, alle in Seidenfäden eingehüllt. Was hätte Frankie darauf antworten sollen? Ich sage nicht, daß es stimmt. Ich sage nur, daß es in einigen Ecken der Welt Dinge gibt, die einen Mann in den Wahnsinn treiben können, wenn er sie vor sich sieht.
    Trotz des Windes, der durch die Straße fegte, blieben wir einen Augenblick an der Ecke stehen.
    »Was hat er gesehen?« fragte Bertie.
    »Er konnte seinen Daddy noch erkennen«, antwortete Henry, »aber er sagte, es war, als steckte er in einer grauen gallertartigen Masse … alles eine Art Brei. Seine Kleidung klebte ihm in und an der Haut, als sei sie auf seinem Körper geschmolzen.«
    »Heiliger Himmel«, sagte Bertie.
    »Dann zog er die

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