Nachtschrei - Deaver, J: Nachtschrei - The Bodies left behind
kann.«
Sie lächelten einander bekümmert an.
Dann sah Hart aus dem Fenster und runzelte die Stirn. »Was …?«
Der Transporter bewegte sich, rollte bergab und wurde schneller.
Unmittelbar bevor Hart in den Wagen gestiegen war, hatte Brynn mit gefesselten Händen den Schalthebel in den Leerlauf
gestellt, das Pedal der Feststellbremse gelöst und sich zurückgelehnt. Während ihrer Unterredung hatte sie die ganze Zeit das Hauptbremspedal durchgetreten. Als klar war, dass es ihr nicht gelingen würde, Hart zur Aufgabe zu überreden, hatte sie den Fuß gehoben. Der Transporter, der an einer abschüssigen Stelle geparkt war, setzte sich vorwärts in Bewegung. Er hüpfte nun über die flache Begrenzung am Rand des Parkplatzes und fing an, die steile Hügelflanke voller Sträucher und Schösslinge hinabzupoltern.
»O Gott«, murmelte Hart und griff nach dem Lenkrad und dem Schalthebel, aber Brynn warf sich zur Seite und traf seinen verwundeten Arm. Hart schrie vor Schmerz laut auf.
Der Wagen wurde schneller, prallte gegen Felsen, die ihn nach links ablenkten, und kippte bei einer Geschwindigkeit von mehr als dreißig Kilometern pro Stunde auf die Seite, sodass das Beifahrerfenster nach innen barst.
Brynn landete schwer auf Harts Brust, und der Transporter überschlug sich ungebremst den endlosen Hügel hinunter.
55
Als Tom Dahl mit Graham Boyd wieder beim Haus der Feldmans eintraf, kamen zwei Streifenwagen der Staatspolizei mit blinkenden Signalleuchten den Lake View Drive heraufgerast. Sie bogen nahezu ungebremst in die Auffahrt ein, was eine große Staubwolke aufwirbeln ließ, und fuhren bis zum Haus. Die sechs Trooper stiegen aus.
Graham schüttelte dem Sheriff ernst die Hand und ging zu seinem Pickup, wobei er sein Telefon aus der Tasche zog. Dahl gesellte sich zu Arlen Tanner, dem Chef der Nachtschicht der
Staatspolizei von Wisconsin, einem großen Mann mit Schnurrbart. Er und der Sheriff kannten sich schon seit Jahren. Dahl brachte ihn und seine Leute auf den neuesten Stand der Dinge.
»Die Spurensicherung ist in einer halben Stunde hier«, sagte Tanner. »Es geht also um eine Such- und Rettungsmission?«
»Ganz recht, Arlen. Teams aus Humboldt und ein halbes Dutzend Leute aus Gardener sind bereits unterwegs. Barlow County wird uns auch Unterstützung schicken.«
»Ich hab unsere beiden Taucher aus dem Bett geholt. Sie haben sich auf den Weg gemacht.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob wir sie brauchen werden. Wie es aussieht, hat unsere Kollegin es geschafft, sich aus dem Wagen zu befreien und mit einer Freundin der Opfer zu fliehen. Die beiden sind hier irgendwo im Wald. Aber wir gehen davon aus, dass die zwei Täter sie verfolgen.«
Dahls Telefon klingelte. Die Nummer im Display verriet ihm, dass der Anruf aus der Gegend von Kenosha kam. Er runzelte die Stirn. Annehmen oder nicht?
Zum Teufel. Lieber nichts riskieren.
»Hier Sheriff Dahl.«
Am anderen Ende der Leitung meldete sich eine bekümmerte Stimme. »Sheriff, ich bin Andrew Sheridan …« Er sagte das, als müsse Dahl ihn kennen.
»Ja?«, fragte der Sheriff zögernd.
»Emma Feldman und ich waren Kollegen. Ich habe es gerade erfahren.«
Ach so. Das war’s. Nach dem Auffinden der Leichen hatte Dahl die Assistentin der Anwaltskanzlei angerufen und sich die Namen einiger Partner geben lassen, mit denen Emma Feldman regelmäßig zusammengearbeitet hatte. Dann hatte er tief durchgeatmet und ihr die schlechte Neuigkeit überbracht. So etwas sprach sich in diesen Kreisen natürlich schnell herum.
»Ihr Verlust tut mir leid, Sir.«
»Danke.«
Sie unterhielten sich kurz. Dahl teilte ihm mit, was er konnte, und das war nicht viel. Schließlich kam Sheridan auf den Grund des Anrufs zu sprechen. »Sheriff, dies ist für uns alle eine schwierige Zeit. Aber ich muss Sie etwas fragen. Es geht um Emmas Akten. Sie hatte einige dabei, nicht wahr?«
»Ja, Sir, das hatte sie.«
»Zählen die für Sie zu den Beweisstücken?«
»Ja, sie werden sichergestellt. Wie es aussieht, hat jemand sie durchsucht.«
»Was? Wer?«
Dahl sah Arlen Tanner an und hob entschuldigend beide Augenbrauen. »Nur noch einen Moment«, flüsterte er. Dann ins Telefon: »Wir sind uns nicht sicher, Sir.«
»Also können wir sie nicht zurückbekommen?«
»Noch nicht. Nein.«
»Wissen Sie, wann das möglich sein wird?«
»Das kann ich zu diesem Zeitpunkt nicht sagen.«
»Darf ich dann wenigstens darum bitten, dass die Unterlagen irgendwie gesichert werden?«
»Als
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