Nachtschrei - Deaver, J: Nachtschrei - The Bodies left behind
schulde ich Ihnen?« Sie hielt nach ihrem Scheckbuch Ausschau.
»Sam wird Ihnen eine Rechnung schicken. Ich schätze, wir können Ihnen vertrauen.« Er wies lächelnd auf ihre Uniform. Dann wurde sein Gesicht ernst. »Ist morgen die Beerdigung? Von Deputy Munce?«
»Ja.«
»Was geschehen ist, tut mir sehr leid. Mein Sohn hat seine Garage gestrichen. Der Deputy war sehr höflich zu ihm und hat ihm Eistee gebracht. So sind nicht alle Leute … Es tut mir wirklich leid.«
Ein Nicken.
Auch nachdem der Maler gegangen war, starrte Brynn weiter die leeren Wände an. Von den Einschusslöchern war keine Spur mehr zu sehen. Sie dachte, sie sollte die Bilder wieder aufhängen. Doch ihr fehlte die Kraft dafür. Im Haus war es totenstill.
Brynn musterte eine Liste von Dingen, die sie erledigen wollte - Leute zurückrufen, Spuren verfolgen, Vernehmungen durchführen. Jemand namens Andrew Sheridan hatte zweimal angerufen - er stand in irgendeiner geschäftlichen Beziehung zu Emma Feldman und erkundigte sich nach den Akten, die im Haus am Lake Mondac sichergestellt worden waren. Brynn fragte sich, was wohl dahintersteckte. Und jemand von der Staatsanwaltschaft hatte von dem Pärchen gehört, dessen Toyota auf der Interstate umgekippt war. Die beiden wollten Klage einreichen. Der Eigentümer des Hauses am Lake View Drive Nummer 2 hatte ebenfalls Ansprüche angemeldet. Wegen des Ammoniaks, das den Boden ruiniert habe. Und natürlich wegen all der Einschusslöcher. Brynn sollte einen Bericht abliefern. Sie würde das so lange wie möglich hinauszögern.
Sie hörte draußen Schritte.
Die von Graham?
Es klopfte an der Tür. Sie stand auf.
»Ich glaube, die Klingel ist ausgeschaltet«, sagte Tom Dahl.
»Hallo. Kommen Sie herein.«
Der Sheriff betrat den Flur. Sein Blick schweifte über die renovierten Wände, aber er sagte nichts dazu. »Wie geht es Ihrer Mutter?«
»Sie kommt wieder auf die Beine. Sie ist zäh.« Brynn deutete auf eine geschlossene Tür. »Wir haben ihr vorläufig ein Zimmer hier unten eingerichtet. Sie schläft gerade.«
»Oh, dann werde ich mal lieber leise sein.«
»Bei all den Medikamenten, die sie einnimmt, könnte nicht mal eine Party sie aufwecken.«
Der Sheriff setzte sich und massierte sein Bein. »Mir gefällt, wie Sie die geplante Rolle dieser beiden Killer beschrieben haben: Bauernopfer. Das hat es ziemlich gut getroffen.«
»Gibt es schon irgendwas Neues, Tom?«
»Nicht viel, das sag ich lieber gleich. Der Kerl, der erschossen wurde, war ein gewisser Compton Lewis aus Milwaukee.«
»Compton war sein Vorname ?«
»Da müssen Sie schon seine Eltern fragen. Der Typ war bloß ein Verlierer, ein Großmaul. Hat rund um den See auf einigen Baustellen gejobbt und ein paar kleine Dinger gedreht, hauptsächlich Diebstähle in Tankstellen und Supermärkten. Letztes Jahr haben er und einige Kumpane bei Madison versucht, einen Wachmann zu überfallen, der gerade einen Geldautomaten nachgefüllt hat. Lewis war wohl als Fluchtfahrer vorgesehen, aber ihm ist der Wagenschlüssel in den Schnee gefallen. Seine Komplizen sind weggerannt, aber er wurde erwischt. Hat sechs Monate dafür gesessen.« Dahl schüttelte den Kopf. »Der einzige Angehörige, den ich bei uns im Staat ausfindig machen konnte, war Lewis’ älterer Bruder. Die Neuigkeit hat ihn schwer getroffen, das kann ich Ihnen sagen. Er ist wie ein kleines Kind in Tränen ausgebrochen. Er musste sogar auflegen und hat mich eine halbe Stunde später zurückgerufen … Großartig weiterhelfen
konnte er uns nicht, aber hier ist seine Nummer, falls Sie mit ihm sprechen wollen.« Er gab ihr einen Haftnotizzettel.
»Was ist mit Hart?« Sie hatte sämtliche Behördendatenbanken in fünf Staaten überprüft, alle Decknamen, alle Fotos für jeden, der Hart hieß - oder Heart, Harte, Hartman, Harting … nichts.
»Wir haben nicht den geringsten Anhaltspunkt. Dieser Mann ist gut. Denken Sie nur an die Fingerabdrücke. Er hat keinen einzigen hinterlassen. Und dann die Kugel mit seiner DNS, die er aus dem Holz geholt hat … Der weiß genau, was er tut.«
»Und Michelle? Sie hat Hart und Lewis anfangs bestimmt einen falschen Namen genannt, aber ich schätze, Michelle ist echt; die beiden Kerle haben ihre Handtasche gefunden und vermutlich durchsucht. Und mir gegenüber bestand auch kein Grund zur Geheimhaltung - denn ich sollte die Nacht ja nicht überleben.«
»Die Frau ist von weitaus größerem Interesse als Hart«, sagte Dahl. »Das FBI ist überzeugt,
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