Nachtschwarze Küsse - Scent of Darkness (Darkness Chosen 01)
Nervenenden. Etwas war hinter ihr. Hastig sprang sie auf, ballte die Hände zu Fäusten und wirbelte herum.
Jasha. Es war Jasha. Er stand direkt hinter ihr, sein Blick eine Mischung aus glutvollem Begehren und mühsam gezügelter Erregung.
Sie wich zurück, kämpfte mit ihrem Gleichgewicht und wäre fast ins Wasser gefallen.
Er fing sie auf und presste sie ungestüm an seinen Körper, eine kurze, intensive Erinnerung an selige Wonnen.
Ihr Puls raste. Sie hielt den Atem an. Würde er sie gleich wieder loslassen?, schoss es Ann blitzschnell durch den Kopf.
Wollte sie das überhaupt?
Dann ließ er sie los.
Sie wischte ihre verschwitzten Handflächen an ihrer Hose ab und tat so, als ließe die animalische Glut, die sein Körper verströmte, sie völlig kalt. »Ich würde wahnsinnig gern baden.«
Er nickte nachdenklich. »Das sagtest du bereits.«
»Ich wasch bloß eben kurz ab.« Cool bleiben, Ann. Reg dich ab. Du wirst nämlich den ganzen Nachmittag neben einem Mann herlaufen, der dich begehrt - und der fest vorhat, dich rumzukriegen.
Wieso machte sie das so nervös? Beim ersten Mal war er nicht brutal gewesen.
Trotzdem stritt er nicht ab, dass er zu Brutalität fähig war. Gestern Abend hatte sie ihn erfolgreich abgewimmelt. Nachdem er die gruselige alte Legende erzählt hatte, hatte sie sich wie lebendig begraben gefühlt unter der Last seiner tragischen Familiengeschichte und der Erwartungen, die auf ihr lasteten. Jedes Wort traf sie mit einer Endgültigkeit - wie ein Klumpen Erde, der auf einen Sarg prasselt.
»Werden wir das hier lebend überstehen?« Ihre Stimme zitterte vor Anspannung.
»Ich verspreche dir eins: Ich sterbe vor dir.«
Damit hatte er ihre Frage nicht hinreichend beantwortet, und seine zusammengekniffenen Lider und der sanfte Ton waren beileibe kein Trost.
»Ich bin gleich fertig.« Sie machte eine Geste in Richtung Fluss. »Bloß noch ein paar Minuten.«
Er wich widerstrebend zurück, und Ann fühlte fast, wie seine Lust abebbte. Sein Blick tauchte in ihren, bohrte sich in ihre Seele …
Plötzlich erklang über Ann ein wütendes Kreischen. Sie schaute zum Himmel, gewahrte glänzende schwarze Federn
und zwei grausame schwarze Augen, die pfeilschnell auf sie zuschossen. Jasha stürzte sich geistesgegenwärtig auf sie, brachte sie zu Fall, rollte mit ihr über die Uferböschung. Er presste sie mit seinem Gewicht flach auf den weichen Boden, dass sie das feuchte Erdreich roch. Das schwarze Monster kreischte hinter ihrem Kopf.
»Beweg dich nicht!« Jasha sprang auf.
Sie rollte sich auf die Seite, verfolgte mit angehaltenem Atem, wie sich ein riesiger schwarzer Vogel mit ausgebreiteten Schwingen auf Jasha stürzte.
Er schlug mit dem Arm nach seinem Angreifer, woraufhin dieser sich in die Lüfte schwang und ihn wie ein Kampfpilot von hinten attackierte.
Wie in Trance stand Ann auf, sie bewaffnete sich mit einem Ast und schlug wie eine Irre auf den Vogel ein. Sie traf tatsächlich, schaffte es, ihn von Jashas Hinterkopf zu verscheuchen, in den er eben seine Krallen graben wollte. Als Jasha blitzartig umschwenkte, traf der Ast indes seine Schläfe. Er schwankte zurück.
Der Angreifer erholte sich als Erster.
Stechende schwarze Augen fixierten sie. Er spannte die gewaltigen Flügel und schwang sich mit ausgestreckten Krallen auf Ann.
Sie duckte sich, schloss die Augen, warf schützend die Arme vor ihr Gesicht - und hörte einen martialischen Wutschrei. Etwas warmes Weiches streifte sie mit Wucht, Ann taumelte und fiel hin.
Sie landete auf ihrem Hintern und bekam eben noch mit, wie ein riesiger grauer Wolf mit seinen Fängen den Vogel packte.
Nicht Jasha. Dieser Wolf war nicht Jasha.
Während der Vogel kämpfte, seine starken Flügel schwang und mit Schnabel und Krallen zuhackte, schwenkte der
Wolf wütend den Kopf hin und her. Schwarze Federn und Blutstropfen sprühten in sämtliche Richtungen.
Vor ihren entsetzten Augen verwandelte sich der Vogel, er wurde größer, nackt - menschlich.
Der Wolf ließ den Vogel-Menschen los.
Das Wesen hatte aber keine menschlichen Züge - die Augen waren leer, schwarz und schimmernd wie die eines Vogels. Federn bedeckten seinen Kopf, sein Mund war ein grausamer Krummschnabel, und das Wesen war riesig - größer und viel muskulöser als Jasha. Er packte den Wolf am Nackenfell und schüttelte ihn.
Der Wolf schnappte wie tollwütig nach den Armen, die ihn festhielten.
Der Vogel-Mensch begann, ihn wieder und wieder gegen die Felsen zu schleudern,
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