Nachtschwarze Küsse - Scent of Darkness (Darkness Chosen 01)
dabei grinste er ihr direkt ins Gesicht.
Sie war sein nächstes Opfer.
»Jasha!«, kreischte sie.
Jasha tauchte hinter ihnen auf. Er packte den Vogel-Menschenkopf und drehte ihm mit einer schnellen Bewegung das Genick um.
Ann würde das Geräusch der brechenden Knochen ihr Lebtag nicht vergessen.
Doch bevor ihr übel wurde und sie sich übergeben musste, sank der große graue Wolf zu Boden, keuchend, erschöpft, blutüberströmt. »O nein.« Sie lief zu ihm. »O nein.« Sie legte ihre Hand auf sein Fell.
»Nein!«, gellte Jasha.
Sie blickte auf.
Ein zorniger brauner Wolf brach durch das Geäst und schoss auf sie zu.
Ann stürzte, und die sehnige Bestie stemmte sich mit den Vorderläufen auf ihren Brustkorb. Musterte sie mordlustig
aus orange glühenden Augen. Der Wolf schnaufte, sein heißer Atem streifte Anns Gesicht. Er roch nach Feindseligkeit.
Ann war schon einmal hier gewesen, aber dieses Mal war es anders, realisierte sie spontan.
Das hier war ein Weibchen, das Weibchen des anderen Wolfs. Und Ann hatte es sich mit ihr verscherzt.
22
A nn bekam mit, dass Jasha mit ihr sprach und sie zu Besonnenheit anhielt.
Sie hörte das Heulen des verletzten Wolfs.
Die Wölfin auf Anns Brust kümmerte sich nicht um die beiden Männchen. Das hier war eine Sache zwischen ihr und Ann, dieser hinterhältigen Hexe.
»Tut mir echt leid, dass ich ihn angefasst hab«, wisperte Ann. »Er ist verletzt, und ich wollte bloß helfen.«
Der Wolf stupste sein Weibchen mit der Schnauze an und winselte.
Der Blick der Wölfin glitt über seine Wunden und wurde weicher. Sie schaute wieder zu Ann und knurrte. Dann sprang sie von ihr herunter und leckte das Männchen zärtlich.
»Bleib am Boden und verhalte dich ruhig«, raunte Jasha.
Das musste er Ann nicht zweimal sagen.
Der Wolf ließ sich von seiner Wölfin die Wunden lecken; dann trotteten sie gemeinsam zurück in den Wald.
Jasha sah ihnen nach. »Das war Leader mit seinem Weibchen. Sie ist wütend, weil Leader angeschossen wurde, weil er den langen Weg bis hierher zurücklegen musste - und jetzt auch noch die Sache mit dem Raubvogel. Deshalb griff sie an.«
Ann setzte sich vorsichtig auf. Sie war voller Lehm, zu Tode erschrocken - und genau wie das Alphaweibchen wollte sie schleunigst Gewissheit, dass ihrem Männchen nichts fehlte. »Bist du verletzt?«, erkundigte sie sich.
Jasha zeigte ihr seine Oberarme. Lange blutige Kratzer gruben sich tief ins Fleisch. »Das heilt wieder.« Er reichte ihr seine Hand. »Und du?«
»Nein.« Sie fühlte sich sterbenselend, ihre Nerven lagen blank, und noch vor einer Woche hätte sie sich bitterlich beklagt. Inzwischen war sie jedoch durch eine harte Schule gegangen.
»Gut. Wir müssen uns nämlich beeilen.« Jashas Blick schweifte kritisch über den Himmel. »Das ist nicht der Varinski, der mit dem Jäger zusammen war. Da hab ich mich wohl schwer geirrt. Folglich haben sie noch einen anderen auf uns angesetzt. Verdammt, ich kann mir solche Fehler nicht leisten.«
Er machte sich Vorwürfe. Etwas anderes hätte sie bei ihm auch nicht erwartet. So war Jasha eben, die Verantwortlichkeit in Person.
Ann fasste seine Hände. »Komm, ich wasch deine Wunden aus.« Im Grunde genommen unterschied sie sich kaum von der Wölfin. Genau wie sie wollte Ann ihr Männchen trösten und verwöhnen.
»Wir haben keine Zeit mehr.«
»Jasha, bitte.«
Er grinste, ein Grinsen, das seine Augen nicht erreichte. »Es heilt auch so.« Er kniete neben der Leiche des Varinski. »Also, das kapier ich nicht. Er hat sich nicht völlig in einen Menschen zurückverwandelt. Ob das was zu bedeuten hat?«
»Keine Ahnung.« Es kümmerte sie auch nicht. »Vielleicht hat sich was geändert mit dem Pakt oder so.«
Jasha bedachte sie mit einem schneidenden Blick. »Vielleicht.
« Er fuhr sich mit einer Hand durchs Gesicht, als wollte er seine Züge auf Anomalien prüfen. »Ich versteck die Leiche. Du packst alles zusammen. Wir brechen in einer Viertelstunde auf.«
»Los, komm rein.« Jasha schwamm in der Mitte des Sees, seine langen Arme teilten geräuschlos die Wasseroberfläche.
Ann stand bibbernd an dem felsigen Rand, die Arme schützend um ihren nackten Busen geschlungen. »Es ist so dunkel.«
»Kein Wunder, es ist schließlich Nacht.«
»Danke, das weiß ich auch.«
»Los, komm rein«, wiederholte er. »Das Wasser ist nicht kalt.«
»Lügner!«
Sie waren den ganzen Nachmittag geklettert und befanden sich mittlerweile hoch in den Bergen. Sie hatte die
Weitere Kostenlose Bücher