Nachtwelt (German Edition)
aus ihrem Traum steht, nur fünf Meter entfernt, an einer der Feuertonnen und starrt sie an. Er scheint entsetzt zu sein, sie zu sehen. Panik kriecht Mimi von den Füssen in Richtung Bauch. Sie ist sich sicher, dass sie diesen Mann, außer in ihrem Traum, vorher noch nie gesehen hat. Er ist eben nur ein Mann, den man sich in seinen Träumen zusammenbaut. Warum gibt es ihn in Wirklichkeit??
Mimi reißt Petra in die Richtung in der Typ steht: „Kennst du Den?“ Sie zeigt zu der Feuertonne.
„Welchen denn, da stehen so viele.“
„Jetzt ist der weg, wieso ist der jetzt weg?! Ich muss wissen, ob du den kennst. Wenn du den kennst, dann kenne ich den vielleicht auch“, stottert Mimi konfus und leicht hysterisch.
Das der Mann weg ist, hat nichts mit Magie zu tun. Man muss sich nur drei Schritte von den Feuertonnen entfernen und schon verschluckt einen die Dunkelheit. Mimi hört, wie Petra zu ihr sagt: „Süße, alles ist gut. Wir gucken mal, ob wir ihn finden.“
„Alles in Ordnung?“, will Ben wissen. „Mimi ist so blass“.
Einige der Anwesenden haben sich zu Mimi umgedreht. Wahrscheinlich alles Ärzte, die bei dem Wort blass direkt in die Erste-Hilfe-Startposition gegangen sind.
„Ja, alles in Ordnung“, antwortet Petra. „Wir gehen mal was essen. Bestimmt geht es Mimi dann besser.“
Petra zieht ihre Freundin zu einer der Grillstationen. Hier stehen die Leute dicht gedrängt. Die Schichten im Krankenhaus machen anscheinend hungrig. Petra hat bezahlt und die Mädels nehmen sich die einzelnen Zutaten für einen Hamburger. Petra zuliebe würgt Mimi ihr Essen herunter. Ihr ist kalt und auch ein bisschen schlecht. Sie sagt: „Ich gehe jetzt nach Hause. Irgendwie bin ich fertig.“
Petra begleitet sie noch ein Stück in Richtung des Parkplatzes, um sie dort zu verabschieden: „Träum was Schönes, Mimi. Manchmal werden Träume wahr. Du siehst es an Ben und mir. Ich habe nie aufgehört, um eine solche Liebe zu kämpfen und nun ist sie da.“
Mimi hat keine Ahnung, was Petra ihr sagen will und auch keine Lust, solche Gespräche zu führen. Im Weggehen sagt sie: „Ja, ja, ich weiß. Du würdest für die Liebe sterben.“
„Ja, dass würde ich.“
Mimi schaut noch einmal zu ihrer Freundin. Damit sie nicht anfängt zu weinen, kneift sie die Augen zusammen. Sie schüttelt den Kopf – ihr reicht es für heute.
Die blöden Fragen nach ihrer letzten Nacht, der Irminsulanhänger von Michi und der Mann aus ihrem Traum, der heute Abend nicht hätte hier sein dürfen. Mimi ist mit ihren Nerven am Ende. Ganz allein steht sie in der Dunkelheit und fühlt sich plötzlich beobachtet. Einen kurzen Moment glaubt sie in der Dunkelheit honigfarbene Augen aufblitzen zu sehen.
Sie hat das Gefühl der Wahnsinn reicht ihr die Hand. Sie muss nur einen kleinen Schritt auf ihn zumachen und er nimmt sie mit, auf eine lange Reise.
D ie Nachtwelt
Mimis Urlaubswoche war ein einziger Albtraum. Ihre Nächte waren unruhig und an manchen Abenden hatte sie Angst schlafen zu gehen.
In ihren Träumen sah sie die Lichtung und die dort brennenden Feuer. Sie stand am Waldrand und beobachtete die Leute.
Als wollten sie ihr Mut machen, winkten sie ihr auffordernd zu. Sie sprachen zu ihr, aber sie konnte sie nicht verstehen. Mimi war jedes Mal wie gelähmt. Nach geraumer Zeit fing die Lichtung an sich aufzulösen und versank in der Finsternis.
Seit ihrem Traum ist Mimi nach dem Aufwachen immer wie gerädert. Ihre Augenringe sind von einem dunklen Violett und sie sieht mager aus. Ihre morgendliche schlechte Laune ist einer tiefen Traurigkeit, die an Verzweiflung grenzt, gewichen. Seit dem Abend am Leuchtturm gab es keinen Tag, an dem sie nicht geweint hat. In der letzten Woche ist sie zwei Mal an Michi und Andy, die im Garten arbeiteten, vorbeigefahren. Wenn die Zwei sie sahen, lächelten sie nicht und schienen traurig zu sein. Mimi traute sich nicht anzuhalten – die Beiden machen ihr Angst. Überhaupt ist sie seit dem Traum sehr ängstlich, fast paranoid.
Vor drei Tagen fuhr sie in die Stadt, in der Hoffnung, der Kauf von Sommerklamotten würde ihre Laune heben. Als sie an einem Straßenkaffee vorbei kam, fiel ihr eine Gruppe von Leuten auf, die dort an einem der Tische saß. Sie glaubte, diese Leute in ihrem Traum gesehen zu haben. Im Vorbeilaufen konnte sie nicht aufhören diese anzuschauen. Als Mimi auf Höhe des Tisches war, bildete sie sich ein, die Gruppe wäre wie erstarrt und richte fest den Blick
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