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Nachtzug nach Lissabon: Roman (German Edition)

Nachtzug nach Lissabon: Roman (German Edition)

Titel: Nachtzug nach Lissabon: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pascal Mercier
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getaucht waren? Die Bäume, die mit ihrer imaginären Farbe eine solche Bedeutung bekommen hatten, daß sie es waren, die ihr vor Augen standen, als sie nach einem Namen für den erfundenen Verlag suchte? Gregorius hielt Passanten an und fragte, ob es Zedern seien. Schulterzucken und hochgezogene Augenbrauen, Verwunderung über die Frage eines skurrilen Ausländers. Ja, sagte eine junge Frau schließlich, das seien Zedern, besonders große und schöne. Jetzt versetzte er sich in Gedanken in das Haus hinein und blickte in das satte, dunkle Grün hinaus. Was konnte geschehen sein? Was konnte das Grün in Rot verwandelt haben? Blut?
    Hinter den Turmfenstern erschien eine hell gekleidete Frauengestalt mit aufgestecktem Haar, leicht, fast schwebend ging sie hin und her, geschäftig ohne Hast, jetzt nahm sie von irgendwoher eine brennende Zigarette, Rauch ging hinauf zu der hohen Decke, sie wich einem Sonnenstrahl aus, der durch die Zedern ins Zimmer fiel und sie offenbar blendete, dann war sie plötzlich verschwunden. Ein Mädchen, das den Boden nicht zu berühren schien , so hatte João Eça Mélodie genannt, die in Wirklichkeit Rita heißen mußte. Seine kleine Schwester. Konnte der Altersunterschied so groß gewesen sein, daß sie heute eine Frau war, die sich noch derart geschmeidig und fließend bewegen konnte wie die Frau im Turm?
    Gregorius ging weiter und betrat in der nächsten Straße ein Stehcafé. Zum Kaffee ließ er sich eine Packung Zigaretten geben, die gleiche Marke, die er bei Eça gestern geraucht hatte. Er paffte und sah dabei die Schüler im Kirchenfeld vor sich, wie sie ein paar Straßen weiter vor der Bäckerei standen, rauchten und aus Pappbechern Kaffee tranken. Wann hatte Kägi das Rauchverbot im Lehrerzimmer eingeführt? Jetzt versuchte er einen Lungenzug, ein sengender Hustenreiz nahm ihm den Atem, er legte die neue Brille auf die Theke, hustete und rieb sich die Tränen aus den Augen. Die Frau hinter der Theke, eine kettenrauchende Matrone, grinste. »É melhor não começar« , besser nicht damit anfangen, sagte sie, und Gregorius war stolz, daß er es verstand, auch wenn das Verständnis mit Verzögerung kam. Er wußte nicht wohin mit der Zigarette und löschte sie schließlich im Wasserglas neben der Tasse. Die Frau räumte das Glas mit einem nachsichtigen Kopfschütteln weg, er war ein blutiger Anfänger, was sollte man machen.
    Langsam ging er auf den Eingang zum Zedernhaus zu, darauf gefaßt, schon wieder voller Ungewißheit an einer Tür zu klingeln. Da ging die Tür auf, und die Frau von vorhin kam heraus, an der Leine einen ungeduldigen Schäferhund. Jetzt trug sie Bluejeans und Turnschuhe, nur das helle Blouson schien dasselbe. Die wenigen Schritte zum Tor ging sie, gezogen vom Hund, auf den Fußspitzen. Ein Mädchen, das den Boden nicht zu berühren schien. Trotz des vielen Graus im aschblonden Haar wirkte sie auch jetzt noch wie ein Mädchen.
    »Bom dia« , sagte sie, hob fragend die Brauen und sah ihn mit klarem Blick an.
    »Ich…«, begann Gregorius unsicher auf französisch und spürte den unangenehmen Nachgeschmack der Zigarette, »es hat hier vor langer Zeit ein Richter gewohnt, ein berühmter Richter, und ich möchte…«
    »Das war mein Vater«, sagte die Frau und blies sich eine Strähne aus dem Gesicht, die sich aus dem aufgesteckten Haar gelöst hatte. Sie hatte eine helle Stimme, die zum wäßrigen Grau der Augen und zu den französischen Worten paßte, die nahezu akzentfrei kamen. Rita war als Name gut, aber Mélodie war einfach perfekt.
    »Warum interessieren Sie sich für ihn?«
    »Weil er der Vater dieses Mannes war«, und nun zeigte ihr Gregorius Prados Buch.
    Der Hund zog an der Leine.
    »Pan«, sagte Mélodie, »Pan«.
    Der Hund setzte sich hin. Sie schob die Schlaufe der Leine in die Armbeuge und schlug das Buch auf. »Cedros ver…« las sie, und von Silbe zu Silbe wurde die Stimme leiser, erstarb am Ende ganz. Sie blätterte um und betrachtete das Portrait des Bruders. Ihr helles Gesicht, übersät mit winzigen Sommersprossen, war dunkler geworden, und das Schlucken schien ihr schwerzufallen. Unverwandt, wie eine Statue jenseits von Raum und Zeit, betrachtete sie das Bild, und einmal fuhr sie mit der Zungenspitze über die trockenen Lippen. Jetzt blätterte sie weiter, las ein, zwei Sätze, kehrte zum Bild zurück, dann zum Titelblatt.
    »1975«, sagte sie, »da war er schon zwei Jahre tot. Von dem Buch wußte ich nichts. Wo haben Sie es her?«
    Während

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