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Nachtzug

Titel: Nachtzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood , Gareth Wootton
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gegen den Feind teilhaben.«
    Dolata trat vom Fenster weg und ging wieder im Zimmer auf und ab.
    »Du hast recht, Jan. Wir müssen dafür sorgen, daß die Quarantäne bestehenbleibt, und dazu diejenigen einweihen, denen wir vertrauen …«
    »Vergewissert euch aber, daß sich darunter keine Sympathisanten der Nazis befinden.«
    Dolata blieb hinter der Couch stehen und lächelte den Arzt an. »Ich weiß, wem ich vertrauen kann, Jan. Ebenso wie ihr anderen es wißt. Die Nachricht wird mit größter Vorsicht verbreitet. Wir werden da ganz geordnet und methodisch vorgehen, das versichere ich dir. Wie ich die Leute in dieser Stadt kenne, Jan, werden sie sich deinem Kampf begeistert anschließen. Die Deutschen werden sich von so vielen Kranken umgeben sehen, daß sie alles daransetzen werden, sich von uns fernzuhalten!«
    Jan Szukalski nickte erleichtert. Als er sich vorbeugte, um die fünf Gläser mit dem Rest des Wodkas zu füllen, winkte Feliks Broninski ab. »Wir hatten schon drei, Jan. Das ist mein Höchstmaß.«
    Aber Szukalski hob sein Glas zum Toast und meinte ernst: »Ich denke an das alte Sprichwort, meine Freunde, das da lautet: Das erste Glas ist für mich, das zweite für meine Freunde, das dritte für die gute Laune und das vierte Glas«, er lächelte grimmig, »ist für meine Feinde.«
    {271} Die Nachricht wurde langsam und systematisch verbreitet. Jedes Mitglied aus Dolatas früherem Stadtrat baute schrittweise ein geheimes Kommunikationsnetz auf, das aus kleinen Gruppen Eingeweihter bestand. Schon bald mußte Szukalski sich nicht mehr den Kopf darüber zerbrechen, was zu tun sei, um die Stadt so krank erscheinen zu lassen, wie es die Laborbefunde anzeigten. Dafür sorgten jetzt die Bürger von Sofia selbst. Geschäfte schlossen mit dem Hinweis auf Krankheitsfälle in der Familie. Frauen taten freiwillig Dienst als Krankenschwestern auf den überfüllten Stationen des Krankenhauses. Jan Szukalski und Maria Duszynska wurden zu Krankenbesuchen in die Häuser gerufen. Eine unheimliche Ruhe senkte sich allmählich auf Sofia herab.
     
    Zwei Wochen nach der Hinrichtung der Partisanen standen vier Angehörige der Gestapo von Sofia schweigend vor der Wohnung über dem Textilgeschäft. Lautlos bezogen sie links und rechts von der Tür Stellung und beobachteten mit schußbereiten Gewehren, wie ihr Anführer einen Schritt zurückwich und mit einem donnernden Krach die Tür eintrat.
    Sergej Wassilow, der eben von der Wohnzimmercouch aufstehen wollte, starrte verständnislos in die Mündungen von vier auf ihn gerichteten Maschinenpistolen. Zwei der Männer durchsuchten ihn unsanft. Dann wurde er in den Schnee hinausgeführt und in einen wartenden Mercedes gestoßen.
    Hauptsturmführer Dieter Schmidt begrüßte ihn mit einem frostigen Lächeln und wies den verwirrten Russen an, hinter der Linie stehenzubleiben, die zwei Meter vor seinem Schreibtisch auf dem Fußboden gezogen worden war. »Es wäre traurig für uns beide, Herr Wassilow, wenn Sie mich anstecken würden«, sagte Schmidt in einem überraschend liebenswürdigen Ton.
    Hilflos musterte Sergej den furchteinflößenden kleinen Mann hinter dem Schreibtisch und fragte sich, worum es eigentlich ging, ob es vielleicht etwas mit Rudolfs Verschwinden vor zwei Wochen zu tun hatte. »Sagen Sie mir, mein Freund«, begann der SS -Kommandant in einschmeichelndem Ton, »wer sind Sie eigentlich?«
    »Sergej Wassilow, Herr Hauptsturmführer«, antwortete der Russe zögernd auf deutsch.
    {272} Schmidt verzog den Mund zu einem Lächeln. »Das weiß ich. Was ich meine ist, was sind Sie?«
    Sergej begann zu zittern. »Ich … ich …«
    »Ein russischer Deserteur?« fragte Dieter Schmidt höflich. »Ist es das?«
    »O nein! Herr … Hauptsturmführer …«
    »Ich verstehe. In welcher Beziehung standen Sie zu Rudolf Bruckner?«
    Sergejs Augen weiteten sich verwirrt. »Stand …?« wiederholte er ängstlich.
    Schmidt blickte den Russen durchdringend an. »Sie wissen doch, daß er tot ist.«
    Alle Farbe wich aus dem Gesicht des Deserteurs, und als er in sich zusammenzusacken drohte, trat eine Wache vor und stieß ihm mit dem Gewehrlauf in die Seite. Sergej sah das Bild des Kommandanten vor seinen Augen verschwimmen.
    »Das wußte ich nicht«, flüsterte er auf russisch.
    »Sind Sie ein Deserteur der Roten Armee?« wiederholte Schmidt, aus dessen Stimme die Freundlichkeit zunehmend schwand.
    »Nein …«, widersprach Sergej kaum hörbar.
    Schmidt brach in ein schallendes

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