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Nachtzug

Titel: Nachtzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood , Gareth Wootton
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wie instabil Nitroglyzerin ist.«
    »Ja, das weiß ich, machen Sie sich nur keine Sorgen, Hauptmann. Ich will genausowenig zerfetzt werden wie Sie.«
    Die beiden Männer arbeiteten konzentriert weiter, bis die Chemikalien sich miteinander vermischt hatten. Die durchsichtige, tranige Flüssigkeit wirkte in dem Becherglas so harmlos wie Zuckersirup vor dem Kristallisieren. Brunek tauchte seine Fingerkuppe in den Sirup und leckte daran. Der süßliche, brennende Geschmack war ihm vertraut, und der Kopfschmerz, der unmittelbar darauf einsetzte, bestätigte ihm, daß es sich um ein starkes Nitrat handelte.
    {95} »Für mich schmeckt es wie Nitroglyzerin«, meinte er leise und versuchte seine mächtigen Hände zu beruhigen, »aber wir müssen es erst testen, bevor wir sicher sein können. Auf dem Weg zur Höhle werden wir versuchen, es zum Explodieren zu bringen. Hier, helfen Sie mir, es in eine dieser Flaschen umzufüllen. O Gott, jetzt nur die Ruhe bewahren …«
    Die zwei Männer steckten die übrigen Vorräte und leeren Flaschen, die sie gefunden hatten, in den mitgebrachten Tornister und schlichen dann durch den Hinterausgang der Apotheke nach draußen, wo es immer noch schneite. Matuszek trug die kleine Flasche mit Nitroglyzerin in seinen Händen, die er durch dicke Handschuhe vor der Kälte schützte.
    Da sie wußten, daß es bald dämmern würde, eilten sie rasch, aber überlegt durch die schlafende Stadt. Dabei richteten sie ihr Augenmerk ständig auf Patrouillen, vor allem aber auf die Flüssigkeit in Bruneks Händen, die auf keinen Fall erschüttert werden durfte. Sie hofften, sich in die Wälder durchschlagen zu können, ohne entdeckt zu werden.
    Als sich am Stadtrand ein offenes Feld vor ihnen erstreckte, drängte es Brunek und Ben Jakobi, schnell den Schutz der Kiefern zu suchen, die das Flußufer säumten. Da sie das Nitroglyzerin bei sich trugen, konnten sie aber nicht rennen. Deshalb marschierten sie äußerst vorsichtig, aber so rasch wie möglich über das Ufergestrüpp.
    Beide Männer atmeten schwer, ihre Tritte knirschten und knackten, und ihr Geräusch schien sich in der Finsternis noch zu verstärken. Matuszek, der das tödliche Gemisch trug, spürte, wie ihm sein Unbehagen auf den Magen schlug.
    Als sie gerade die schützenden Bäume erreichten, durchschnitt eine Stimme die Nacht: »Halt, ihr beiden da! Sofort anhalten!«
    Brunek und Ben Jakobi erstarrten zu Eissäulen.
    »Nicht bewegen oder ich schieße!« Die Befehle erfolgten auf deutsch, einer Sprache, die beide Männer verstanden. Die Stimme kam näher. »Fritz, hol das Motorrad.«
    Der alte Jakobi wagte es, seinen Kopf etwas zu drehen, so daß er über die Schulter zwei deutsche Soldaten erkannte, die mit dem Gewehr im Anschlag auf sie zutraten.
    {96} »Schau an«, meinte einer von ihnen, der sich in einigem Abstand vor den zwei Partisanen aufbaute, wen haben wir denn da? Befinden sich die beiden Herren etwa auf einem gemütlichen Abendspaziergang? Oder sollte ich nicht besser von einem Morgenspaziergang sprechen? Nehmt eure Hände über den Kopf, daß ich sie sehen kann!« Der Soldat machte eine Drohgebärde mit dem Gewehr.
    Nun stellte sich auch der andere Soldat vor den beiden auf und erklärte mit harter Stimme: »Ihr wißt doch, daß ihr gegen die Ausgangssperre verstoßt, oder nicht? Was ist in dem Tornister?«
    »Vorräte«, entgegnete Ben Jakobi mit schwacher Stimme, »wir haben einige Kranke und …«
    »Und was ist das?« fuhr sie der erste Soldat an, der auf die Flasche in Bruneks Händen aufmerksam geworden war.
    »Medizin«, erwiderte Matuszek ruhig und in perfektem Deutsch.
    »Auf unserem Hof sind einige Kinder krank. Wir brauchten die Medizin sofort und konnten nicht warten, bis …«
    »Ruhe! Euer Gefasel interessiert mich nicht die Bohne! Und ob eure Brut abkratzt, schon gar nicht! Um was für Arzneien handelt es sich?«
    Brunek Matuszek musterte die beiden Soldaten, die mehrere Schritt von ihm entfernt waren, und versuchte rasch, die Situation einzuschätzen. Er spürte, wie Ben Jakobi neben ihm langsam nervös wurde.
    »Arzneien gegen Husten«, erklärte er ruhig, »unser Hustensaft ist alle.«
    »Ich glaube euch nicht! Was ist es? Wodka? Oder Rattengift? Ist ja auch egal; los zeig her!«
    Ben Jakobi kam ein Wimmern über die Lippen. Der zweite Soldat brachte sein Gewehr in Anschlag.
    Brunek hielt die Flasche von sich und trat einen Schritt vor.
    »Bleib wo du bist!« schrie der erste Soldat. »Ich mag es nicht, wenn

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