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Nachtzug

Titel: Nachtzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood , Gareth Wootton
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auf dem Dorfplatz zusammengetrieben. Dann haben sie alle arbeitsfähigen Männer auf einen Lastwagen geladen und sind mit ihnen fortgefahren, Gott weiß, wohin. Als die Männer weg waren, haben die Deutschen die jammernden und um Gnade flehenden Frauen genommen und sie in den Dorfbrunnen geworfen, insgesamt siebenundzwanzig. Danach haben sie den Brunnen mit Kieselsteinen aufgefüllt, bis alle lebend begraben waren. Deshalb glaube ich, mein Freund, daß es keine Frage ist, was die Nazis mit uns anstellen würden, wenn sie unser Geheimnis entdecken. Die einzige Frage ist: Wie würden sie es mit uns anstellen?«
    Maria blickte von ihrer Arbeit auf, und Jan bemerkte, daß sie ganz blaß geworden war. »Jetzt kämpfen wir auch«, dachte er.
    »In einer Stunde müssen wir soweit sein. Dann können unsere Nährböden inokuliert werden«, meinte Maria. »Und morgen um diese Zeit werden wir den Impfstoff haben.«
    Szukalski betrachtete seine Stellvertreterin nachdenklich. Sie hatte wirklich eine hervorragende Ausbildung erfahren. Ihre
     Kompetenz in der Labormedizin war unverkennbar.
    Szukalski nahm die abgedeckte Petri-Schale aus dem Inkubator und prüfte sie eingehend. »Ich habe mal von biologischer Kriegsführung gehört, aber ich muß schon sagen, daß ich mich etwas unwohl fühle, wenn ich bedenke, daß unser Leben tatsächlich von den Mikroben in der Schale abhängt. Wenn das Experiment mit Keppler schiefgeht …«
    Maria beendete den Erhitzungsvorgang und saugte den Dampf ab. Dann nahm sie die Kolle-Schalen aus dem Sterilisator und stellte sie auf den Tisch, damit sie abkühlten und der Agar-Boden sich festigen konnte. Danach verwendete sie eine sterile Pipette und trug auf das gallertartige Medium einen ein Kubikzentimeter dicken Tropfen der Proteus-Suspension auf, der sich sogleich über die Oberfläche verteilte.
    {149} Nachdem alle Kolle-Schalen mit Pfropfen versehen waren, sammelte Piotr Wajda sie in einem Pappkarton, um sie zu dem Inkubator in der unterirdischen Krypta der Kirche zu tragen. »Passen Sie auf, daß Sie ihn genau auf siebenunddreißig Komma fünf Grad einstellen«, ermahnte Maria ihn, »und lassen Sie die Schalen die ganze Nacht und morgen im Inkubator.«
    »Es ist furchtbar riskant«, bekundete der Priester und wiegte die Schachtel, als enthalte sie eine kostbare heilige Reliquie.
    »Es geht leider nicht anders«, stellte Jan fest. »Leider brauchen wir die ganze Ausrüstung in diesem Labor. Bis morgen abend dann, Piotr.«
    Als er gegangen war, blieben die beiden Ärzte zurück, um das Labor aufzuräumen, und warfen die übriggebliebene Bouillon samt Petri-Schale und Teströhrchen in ein irdenes Abfallgefäß, das unter einem der Spülbecken stand. Dann verließen sie eilig das Krankenhaus.
    Der im Schatten kauernde Rudolf Bruckner schaute von der Treppe aus zu, wie alle drei Verschwörer das Krankenhaus nacheinander verließen. Schließlich löste er sich aus seinem Versteck, von wo aus er den Eingang zum Labor so vorzüglich hatte beobachten können.
     
    Fünf Minuten nachdem die Ärzte und der Priester gegangen waren, trieb Rudolf Bruckner die Neugierde ins Labor zurück. Als er das Labor verlassen hatte und gerade heimkehren wollte, war er überrascht gewesen, als er plötzlich Stimmen hörte. Daraufhin hatte er sich rasch versteckt, um zu erspähen, was vor sich ging. Unglücklicherweise waren die Stimmen zu gedämpft gewesen, als daß er hätte mithören können, was besprochen wurde. Es war zwar nichts Ungewöhnliches, daß die Ärzte auch nach Dienstschluß im Labor arbeiteten, aber daß sich der Priester bei ihnen befand und plötzlich mit einer Schachtel fortging, kam ihm doch merkwürdig vor.
    Bruckner schlich ins Labor und wartete einen Augenblick, bevor er das Licht anschaltete. Dann sah er sich langsam um. Alles war sauber und aufgeräumt, nichts deutete darauf hin, womit sie sich beschäftigt hatten. Als er den Deckel des irdenen Gefäßes anhob, erkannte er die benutzte Petri-Schale und ein Teströhrchen. Die Schale lag ungeöffnet und unbeschädigt über ein paar Glasscherben. Er nahm sie vorsichtig an sich, betrachtete sie von allen Seiten im Licht, musterte die {150} bestrichene Oberfläche des Agars und wunderte sich, daß nichts beschriftet worden war.
    Bruckner wußte, wie er ganz einfach feststellen konnte, was er vor sich hatte. Mit seinem Feuerzeug zündete er den Bunsenbrenner an, erhitzte eine Drahtschlinge und inokulierte, nachdem er einen Überrest von

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