Nachtzug
Ihrer Krankenschwestern verabredet.«
Szukalski, der sich am Tisch angelehnt hatte, zuckte plötzlich zusammen. »Wie bitte? Wer ist es?«
»Anna Krasinska.«
»Sie haben doch wohl nicht …«
»Nein, Doktor, ich habe ihr nichts erzählt. Glauben Sie mir, die Notwendigkeit von absolutem Stillschweigen ist mir ebenso bewußt wie Ihnen.« Er streifte seinen Ärmel zurück und zog wieder seinen Mantel an. »Sie werden morgen von mir hören.«
Als er sich schon auf den Weg gemacht hatte, blieb SS -Rottenführer Hans Keppler noch einmal kurz stehen und schaute Piotr Wajda an, der in dem finsteren Licht nur schemenhaft zu erkennen war. »Herr Pfarrer, beten Sie für mich«, bat er ihn ernst und verließ dann den unheimlichen Ort.
{169} 13
Sie arbeiteten still und unermüdlich, um die Waffen zu verstecken, die sie aus dem Zug geholt hatten. Als Lagerräume dienten ihnen die kleinen Kammern und Nischen, die sich überall in den Seitenwänden der Höhle befanden, und so hatten sie bald jede Einbuchtung mit Waffen und Munition angefüllt und durch Felsblöcke und Gesteinsschutt getarnt. Alles war so gewissenhaft verstaut, daß nur eine genaueste Inspektion zur Entdeckung der geheimen Lager hinter den Steinwällen geführt hätte.
Dann ruhten sich die Partisanen in der warmen Haupthöhle aus, einige aßen, viele schliefen. Die Alten, die zurückgeblieben waren, hatten ein herzhaftes Schmorgericht zubereitet, das die müden Partisanen nun verschlangen.
»Ich kann es noch gar nicht fassen!« staunte Moisze und seufzte.
»Wir haben es wirklich versucht – und geschafft!« Esther nickte mehrmals und wies mit ihrem Löffel zum Lagerfeuer. »Und alles verdanken wir Brunek. Ohne ihn hätten wir eine so große Aktion niemals gewagt.«
»Wir haben weit über tausend Pistolen und Gewehre jeder Bauart«, freute sich Antek, der mit einer Brotrinde seine Schale auswischte.
»Genug für eine Armee.«
»Eine Armee von zwanzig Mann«, hörte man eine finstere Stimme murmeln. Ihr Blick richtete sich auf David, der sein Essen nicht angerührt hatte.
Moisze Bromberg wollte etwas sagen, aber David fuhr fort: »Jetzt ist die Zeit gekommen, unsere Kräfte zu vereinen! Wenn die Deutschen eine Armee im Rücken haben und die Russen vor sich, dann können wir sie erdrücken! Wir würden es endlich schaffen, sie aus Polen zu vertreiben. Und unsere Armee wird wachsen, wir werden immer mehr Waffen anhäufen und Kämpfer für unsere Sache rekrutieren.«
Moisze schüttelte den Kopf. »Es würde nicht funktionieren, David. Man hat den Juden, die man in den Zügen transportiert, gesagt, daß sie an einen Ort gebracht würden, wo sie arbeiten und eine neue Heimat finden können. Glaubst du etwa, sie würden dir ohne weiteres folgen?«
{170} »Aber wenn wir ihnen sagen, was los ist!« David hob die Stimme, seine Schläfenadern traten hervor. »Sie würden uns glauben, wir sind doch auch Juden. Wir müssen sie darüber aufklären, was sie in Auschwitz erwartet, dann werden sie aus den Zügen schwärmen und zu den Waffen greifen, um mit uns zu kämpfen!«
»Du hast recht«, meinte nun Brunek Matuszek mit ruhiger Stimme. »Wir brauchen eine Armee, aber nicht so eine, wie du sie dir vorstellst. Wir müssen die Reste der polnischen Armee zusammenbringen und sie organisieren; die Soldaten sind über das ganze Land verstreut und verstecken sich oder kämpfen im Widerstand. Das ist es, was notwendig ist; nur dann können wir die Bastionen der Deutschen systematisch zerstören, wie zum Beispiel dieses Munitionsdepot vor Sofia.«
»Stimmt«, pflichtete Antek bei, bevor David etwas erwidern konnte, »wir sollten noch einmal richtig zuschlagen, und zwar bald. Die Deutschen sollen glauben, daß wir eine große, schlagkräftige Truppe sind. Hast du die Mörser in den Kisten gesehen? Es sind perfekte Waffen, die sich gegen das Depot einsetzen lassen. Noch ein großer Schlag, und dann verlassen wir die Höhle und verstecken uns in den Bergen, bevor sie uns entdecken.«
Brunek nickte nachdenklich. »Besser noch als eine einzige, große Armee zu bilden, ist es, mehrere kleine, überall einsetzbare Sabotagetrupps zusammenzustellen, die hart und schnell zuschlagen und dann wieder verschwinden, bevor die Deutschen sich ihnen an die Fersen heften können. So machen sie es im Norden, um Warschau. Diese Methode ist wirklich die beste gegen die Nazis.«
Doch David blieb weiterhin bei seiner Meinung: »Gut, aber auch dafür kann man die Leute aus den Zügen nehmen.
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