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Nachtzug

Titel: Nachtzug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood , Gareth Wootton
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noblen Karosse. Während diese, gefolgt von zwei Soldaten auf Motorrädern, langsam durch die Straßen von Sofia rollte, erfreute sich Dieter Schmidt an seinem Auftritt und an den Reaktionen der Passanten von Sofia, die stehen blieben, um ihren Herrn vorbeifahren zu sehen. »Da hinten«, befahl er ruppig seinem Fahrer und wies mit seiner Stockpeitsche zur Kirche. »Viel zu lange schon habe ich dem werten Pfarrer keinen Besuch mehr abgestattet.« Der Fahrer grinste und steuerte den Wagen vor die Sankt-Ambroż-Kirche. Schmidt stieg die Stufen hinauf und wartete oben, während ihm einer der beiden Unteroffiziere, die ihn auf den Motorrädern begleitet hatten, das Portal öffnete. Ohne seine Mütze abzulegen, trat er ein.
    Ein oder zwei Bauern knieten versunken in den Bänken und beteten, aber sonst wirkte die Kirche einsam und verlassen. Schmidt ließ seinen Blick über die Symbole schweifen, die er zu verachten gelernt hatte. Liturgien, Heiligenverehrung, Andachten, Rosenkränze und Meßfeiern riefen nur seinen Abscheu hervor. Die ganze Kirche stank nach Papismus und erinnerte ihn an seine Ängste im Beichtstuhl, an die verdammenden Predigten von der Kanzel, an schwarz gewandete Priester und die Allmacht der Kirche, die er haßte. Dieter Schmidt nahm die Macht der Kirche und ihrer Priester nur aus einem einzigen Grund hin: Sie halfen in seinen Augen dabei, das Volk ruhig und unwissend zu halten.
    Es dauerte nicht lange, bis sich die schwarze Gestalt Pfarrer Wajdas aus einem Seitengang näherte. Allein schon wegen seiner breiten, {211} kräftigen Statur stellte er für den zu kurz geratenen Dieter Schmidt eine Provokation dar.
    »Guten Tag, Herr Hauptsturmführer«, begrüßte Piotr Wajda ihn in ausgezeichnetem Deutsch. »Was verschafft mir die Ehre Ihres Besuchs?«
    Dieter Schmidt haßte den Priester fast so sehr wie Szukalski. Dieser Mann war wie ein Aal und konnte trotz seiner katholischen Ignoranz erstaunlich gerissen sein. »Ich habe Sie eine ganze Weile schon nicht mehr besucht, Wajda. Ich dachte mir, Sie würden sich vielleicht Sorgen um mich machen.«
    »Ich mache mir Sorgen um Sie, Herr Hauptsturmführer. Ich sorge mich um Ihre Seele. Sind Sie hier, um die Beichte abzulegen?«
    Schmidts Gesicht zuckte, und die gezackte Narbe auf seiner Wange begann einen Augenblick zu glühen. Wenn er seine Wut gezeigt hätte, hätte dies für den Priester einen Sieg bedeutet, und dennoch fiel es ihm schwer, sich im Zaum zu halten. »Ihr Priester seid schon immer ein herablassendes Pack gewesen«, erwiderte er ungerührt.
    »Warum müßt ihr stets das Schlechteste von einem Menschen annehmen? Warum denken Sie, sobald Sie jemanden ansehen, daß er ein Sünder sein muß? Ist es nicht christlicher, zuerst davon auszugehen, daß der Mensch gut ist? Sie müssen der Menschheit mehr Vertrauen schenken, Wajda.«
    Schmidt schob sich an dem Priester vorbei und ging langsam den Mittelgang des Kirchenschiffs hinunter. Seine Schritte hallten vom Steinboden wider, und das Echo der Stockpeitsche, mit der er gelegentlich gegen seine dicken Oberschenkel schlug, verfolgte ihn. Als er sich dem Altar näherte, wandte er sich wieder um und blickte Piotr Wajda an.
    Der Priester reagierte schließlich mit dem schwachen Ansatz eines Lächelns. »Wir sind uns eben nur der Schwäche des Menschen bewußt. Und wir wissen, daß niemand fehlerlos ist. Wir müssen alle einem Höheren Rede und Antwort stehen, Herr Hauptsturmführer.«
    Schmidt verzog die Lippen zu einem höhnischen Grinsen. »Und wie mächtig, glauben Sie, wäre Ihr Gott jetzt, wenn ich Sie auf der Stelle erschießen ließe?«
    »Wenn Sie mich erschießen ließen, Herr Hauptsturmführer, wer {212} würde dann die Einwohner von Sofia überzeugen, sich ruhig wie Schafe zu verhalten?«
    Jetzt verwandelte sich Dieter Schmidts Grinsen in ein kaltes Lächeln.
    »Wir verstehen uns, Wajda, und das ist gut so. Verfüttern Sie nur Ihre heiligen Oblaten und vernebeln Sie den Tölpeln mit Weihrauch das Hirn. Dann steht den Toren wenigstens nicht der Sinn nach Aufstand. Obwohl …« Er schlug sich mit dem Stock mehrmals nachdenklich gegen den Schenkel. »Ich bin sicher, Wajda, daß Sie als erster erfahren würden, wenn es in dieser Stadt irgendwelche Anwandlungen von Widerstand gäbe, nicht wahr? Katholiken erzählen ihrem Priester doch alles in diesen kleinen Kästen, in denen sie wie Halbgötter thronen. Junge Männer flüstern ihnen ihre geheimsten sexuellen Begierden zu, Verheiratete gestehen

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